Sie demonstrieren für eine artgerechte Tierhaltung, die Stärkung regionaler Bauern und den Schutz der Wälder: Rechtsextreme Natur- und Tierschützer. Doch hinter dem harmlosen Schleier versteckt sich eine gefährliche Ideologie. 

Ist die Rede vom Tier-, Natur- oder Umweltschutz, so ergibt sich oft das gleiche Bild: Junge weltoffene Menschen, die freitags für eine nachhaltige Klimapolitik demonstrieren, maskiert an öffentlichen Orten mit Videos auf die Konsequenzen der Massentierhaltung aufmerksam machen oder klischeebehaftet in Dreadlocks und Ajna-Hosen gekleidet sind. Rechtsextreme scheinen dort eher nicht dazu zu passen.

Dennoch ist der Tier- und Naturschutz ein zentraler Bestandteil rechter Ideologien. Zunächst harmlos wirkende Diskussionen zum Umweltschutz, welche erst mit dem Erscheinen der ‘verlorenen Heimat’ des Sudetenlandes oder dem “kulturfremden” Schächten, ihre wahren Motive preisgeben.

Der Mythos des staatstreuen Vegetariers

Es ist die Öko-Bewegung der 1970er und 1980er Jahre, die gemeinhin mit dem Beginn des Umweltschutzes assoziiert wird. Doch reichen die Wurzeln zeitlich weit zurück. Bereits mit der Industrialisierung entwickelte sich eine Opposition konservativ-bürgerlicher Kreise, gegen den Smog der Großstadt, die mit romantischen Bildern die Sehnsucht nach dem Lande weckten. Eben diese romantischen Bilder der unberührten Natur und dem mit ihr im Einklang lebenden Menschen sind es, die als Fundament der Heimatbewegungen und der Lebensreformbewegung dienten. Das Engagement Rechter im Naturschutz gründet sich auf den Gedanken: Schützt man die Natur, so schützt man die Heimat und das deutsche Volk.

Eng an diese Gedanken sind jedoch rassistische und antisemitische Narrative geknüpft. Deutsche Tierschutzbewegungen des 19. Jahrhunderts sahen das Übel des Leidens der Natur in der jüdischen Bevölkerung. “Juden wurde eine gewisse Unmenschlichkeit unterstellt, zum einen aufgrund von Tierversuchen, zum anderen aufgrund von Schächtungen. Dennoch muss man betrachten, dass in der Veterinärmedizin viele Personen jüdischen Glaubens tätig waren. Dennoch wurde behauptet, Juden hätten kein Respekt vor Lebewesen”, erzählt Klara Kauhausen, Bildungsreferentin im Verein FARN (Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz).

FARN wurde 2017 durch die NaturFreunde Deutschlands und der Naturfreundejugend Deutschlands ins Leben gerufen und untersucht seitdem die historischen Verknüpfungen von ökologischen und völkischen Strömungen, sowie die Identifikation solcher Strukturen im Umweltschutz.

Zur Weiterführung antisemitischen Gedankengutes im Tierschutz kam es in der NS-Zeit. 1933 verabschiedet die NSDAP das Reichstierschutzgesetz, welches Experimente an Tieren, wie auch das rituelle Schächten, gesetzlich verbot. Die Motivation schien weniger das Wohl der Tiere, sondern die Repression der jüdischen Bevölkerung und die Einschränkung ihrer Arbeits- und Alltagswelt zu sein. Parallel wurde die herrschende Klasse als natur- und tierlieb inszeniert. Sei es der deutsche Schäferhund oder ein vegetarischer Hitler. Das deutsche Volk in der Verbindung zur Natur wurde zum zentralen Bild.

Von den Erb*innen der Heimatschutzbewegung

Der Umweltschutz bleibt bis heute ein zentrales Thema der rechten Gedankenwelt. Neue Begrifflichkeiten wie der Ethnopluralismus oder die Idee des organischen Weltbildes lassen alte Ideen in einer neuen, gar wissenschaftlichen, Gestalt erscheinen. “Man versteht sich als Erb*innen der Heimatschutzbewegung, statt des NS-Regimes, was natürlich besser klingt”, sagt Kauhausen. “Sie nehmen neue Begriffe, hüllen sich in ein intellektuelles Gewand, haben jedoch nach wie vor dieselben Ideen und wollen den Natur- und Umweltschutz zurückerobern.”

Weiter dürfe man den Tierschutz in rechten Kreisen nicht als politisches Kalkül oder Masche, sondern zentralen Teil der Ideologie verstehen, erklärt Kauhausen. Tue man dies nicht und ignoriere die Verbindungen, könne man argumentativ und praktisch kaum gegen diese vorgehen. “Es ist sehr wichtig sich dem zu stellen, denn erst dann können wir uns fragen, was es bedeutet einen demokratischen und menschenrechtsbejahenden Naturschutz zu betreiben und sich somit klar abzugrenzen.”

Braune Wurzeln

Die vermeintliche Verbindung des Deutschen mit der Natur wird besonders an einem deutlich: dem deutschen Wald. Ob romantische Bilder im Internet oder als Slogan auf Plakaten. Der Wald ist ein zentrales Bildnis der Identitären Bewegung. “Wir haben oft die Analogie des Baums. In Sprüchen wie Bäume haben Wurzeln, Menschen auch oder Lass deine Wurzeln nicht verdorren”, sagt Kauhausen. “Im ersten Moment klingt das harmlos. Dahinter steckt aber die Idee des Menschen an einem bestimmten Ort, dem Ort der Vorfahren, der sich nicht mischen darf. Wir landen beim Ethnopluralismus, die Verbindung von Volk und Raum, Boden und Blut.”

Gleiches zeige sich bei der Projizierung biologischer Prozesse auf den Menschen. “Fremdlinge”, “Parasiten”, ausländische Pflanzen, die die Einheimischen verdrängen und somit als Gefahr betrachtet werden. Schnell erschließt sich die Verbindung zur Migration, zum Fremden im eigenen Ökosystem.

Umwelt und Aktiv

“Das Magazin für ganzheitliches Denken” Umwelt & Aktiv gehörte lange Zeit zu den Stimmen des rechten Umweltschutzes. Obwohl sich das Magazin selbst parteienunabhängig beschreibt, lassen sich bei Autoren, wie auch anderen Akteuren Verbindungen zu rechten Gruppen, wie etwa der NPD, feststellen. Man selbst sehe sich als Beschützer des Umweltschutzes, welcher von anderen Interessengruppen für eigene Zwecke instrumentalisiert werden, heißt es weiter.

Doch polarisiert das Magazin nicht nur mit Texten über das Sudetenland als ‘verlorene Heimat der Deutschen’ oder dem Vorschlag der Bevölkerungsreduktion im globalen Süden. Konkret heißt es in einem Artikel zum Thema Schächtung: “Klartext: Letzteres ist besonders wichtig, da Deutschland […] förmlich von Zuwanderern islamischen Glaubens überflutet wurde, die teilweise weder lesen, der deutschen Sprache mächtig sind, geschweige denn die hiesigen Gesetze kennen.”

Dennoch sei die Identifizierung rechten Gedankengutes nicht immer leicht. Ein aktuelles Beispiel sei Die Kehre, welche einen harmlosen, gar positiven Eindruck mache. “Viele Menschen, die Die Kehre lesen merken erst beim zweiten Mal, was die eigentliche Motivation ist”, berichtet Kauhausen. Gleiches vollziehe sich auf YouTube, auf dessen Plattform Identitäre Tutorials zum Rasieren und veganen Kochen anbieten. Die Gefahren sehe Kauhausen besonders bei der genutzten Methodik: “Bei solchen Videos fallen an einigen kleinen Stellen politische Phrasen, aber nicht auffällig und die Leute machen einen sympathischen Eindruck. Da ist die Gefahr, auf neue Videos zu klicken und langsam immer mehr reinzukommen. Besonders Videos wie solche zum richtigen Rasieren sprechen eine Zielgruppe an: Junge Männer.”

Querfront oder Gegenwehr 

Ebenfalls problematisch seien nicht-rechte Naturschützer*innen, die in Allianzen mit rechten Gruppen gehen. Die Gründe seien verschieden, so Kauhausen. Manchmal versuche man sich über gemeinsame Schnittstellen zu verbinden, für die beide Seiten kämpften. Zudem befinde man sich oft in einer Position, in dem ein solches Bündnis kaum Gefahren bürge. Sozial privilegierte, weiße, heterosexuelle, als deutsch wahrgenommene Personen treffen die Entscheidungen und geben Rechten damit Legitimation. Doch akzeptiere man damit auch andere Standpunkte. Rechte Gruppe erlangen somit Legitimation nach Außen. Das ist jedoch gefährlich, so Kauhausen. Auch wenn der Rassismus selbst nicht benannt wird, müsse man ihn erkennen und gegen ihn vorgehen. “Das ist keine Meinung, sondern ist und bleibt ein Verbrechen und somit kann eine Querfront nie gut sein.“

Studierendenprojekt

Darin sehe FARN seine Aufgabe und bietet Bildungsprogramme an, die sich gezielt an junge Schüler*innen, Studierende und Berufsanfänger*innen richte. In der Hochschulpolitik sei die Problematik kaum bekannt. Besonders Berufseinsteiger*innen der sogenannten grünen Berufe falle dies zur Last. „Wir haben Berichte von Studierenden, die ein Praktikum im Öko-Landbau gemacht haben und erst während des Praktikums gemerkt haben, dass sie bei einem rechten Biobauer* sind.” Mit dem Projekt NaturSchutzRaum, welches sich an Studierende richtet, sensibilisiert FARN für das Thema rechter Strukturen im Naturschutz. Eben diese Sensibilisierung sei zentral für den Kampf gegen rechte Ideologien und für das Erreichen eines demokratischen und menschenrechtsbejahenden Naturschutzes.


Dieser Beitrag ist der Teil des Inlandprojektes 2020 der UnAufgefordert, das sich mit dem Thema Rechtsextremismus auseinandersetzt.

Foto: Thomas Griesbeck/unsplash.com