Pünktlich zum Auftakt des vierten globalen Klimastreiks haben die Studierenden der Fridays for Future AG an der HU die sogenannte Klimastreikwoche voll klimaaktivistischer Veranstaltungen organisiert. Über eine Woche zwischen der Public Climate School und öffentlichem Protest.
Es sind zwischen vierzig und fünfzig Personen, die an einem Mittwochvormittag, den 27. November 2019, vor dem Hauptgebäude der Humboldt Universität (HU) sitzen und aktivistische Klimaparolen skandieren. Die kleine mit Gitarrenspielern gespickte Gruppe fällt auf dem großen Vorplatz von Unter den Linden 6 kaum auf. Dort versammelt haben sie sich für einen Sitzstreik im Rahmen der Public Climate School an der HU.
Organisiert wurde die Klimastreikwoche von der Fridays for Future Gruppe der HU, um „Awareness“, so sagen sie, für die Klimaproblematik auch an der Uni zu schaffen. Großen Auftakt der Klimastreikwoche bildete die studentische Vollversammlung. Eine Veranstaltung – Gastgeber ist meistens der Ref*Rat – in der gemeinsam mit den anwesenden Studierenden Forderungen an die Uni ausgearbeitet werden sollen.
Dabei bewegten sich die Anträge zwischen einer Forcierung bereits im Mai gestellter Forderungen wie einer veganen, regionalen Bio-Mensa bis hin zur Annahme des Gedankens das „kapitalistische Gedankenkonstrukt zu überwinden“. Jetzt im November sollen die Ausarbeitungen der ersten Klima-Vollversammlung im Mai bestätigt werden.
Vom Tanzen zur Sitzblockade
Anders als im Mai sind diesmal auch andere Vertreter*innen der Klimabewegung anwesend. Grußworte kommen von Josi, 16 Jahre alt und Pressesprecherin der Fridays for Future Schüler*innen in Berlin. Es folgen Wissenschaftlerinnen der Scientists for Future. Im offenen Plenum können danach alle Anwesenden ihre Beiträge einbringen. Inhaltlich wird sich nicht viel ändern an den Forderungen an die HU, die meisten sind vielmehr an den Berliner Senat gerichtet, darunter die, den Klimanotstand auszurufen oder die Festschreibung von sozial-ökologischer Nachhaltigkeit in das Berliner Hochschulrahmengesetz.
In den darauffolgenden Tagen bewegt sich das angesetzte Programm zwischen kurdischen Tanz-Workshops, Schnupperkursen für Sitzblockaden von Ende Gelände und theoretischen Vorträgen zur Verbindung von Kapitalismus und Klimawandel.
Anschließende Diskussionsrunden bieten den Teilnehmer*innen die Möglichkeit, neue Ansätze zur Klimarettung, parallel laufende Probleme der Politik und letztendlich über – und da sind sich die meisten einig – die tragende Ursache der Klimaproblematik zu besprechen: den Kapitalismus. Schnell vollzieht sich der Wandel hin zur lebhaften Diskussion über Großkonzerne, Klimaungerechtigkeit und die gemeinsame Aufgabe, diese zu überwinden.
Dass viele der Diskussionen schnell den Fokus „Klimaproblematik“ verlieren, stört die Veranstalter*innen nicht. Vielmehr habe man sich über die interessanten und coolen Diskussionen gefreut, so Mira von Fridays for Future HU. Auch sie ist der Meinung, die Diskussionen über Maßnahmen, die in der Klimapolitik ergriffen werden müssen, können nicht geführt werden ohne den Kapitalismus auch kritisch zu betrachten.
Mangelhafte Mobilisierung in der Klimastreikwoche
Trotz der Vielfalt an Vorträgen und Workshops, kämpft die Public Climate School und die gesamte Klimastreikwoche mit einem Problem: der mangelnden PR. Zwar unterbrachen Vertreter*innen – zumeist aus den Sozialwissenschaften – in den vorausgehenden Wochen verschiedene Vorlesungen, um über ihr Vorhaben zu informieren.
Doch beläuft sich diese Mobilisierung zu großen Teilen auf die Veranstaltungen des eigenen Instituts. Mira bestätigt, man hätte mehr machen können in der Mobilisierung der Studierenden – mehr und über einen längeren Zeitraum.
Auch scheint ein Fokus zu fehlen. Die zentralen Daten und die Wichtigkeit des Konzeptes werden stets betont, doch mangelt es an Informationen zu den Veranstaltungen und genaueren organisatorischen Details gänzlich. Natürlich versteht sich die Fridays for Future selbst als spontane Bewegung, doch kann dieser Mangel an Mobilisierung den folgenden Mangel an studentischer Partizipation erklären.
Dieses Problem scheint bestärkt durch ein organisatorisches Problem, bei der Ausschilderung von Lehrveranstaltungen und zugehörigen Räumlichkeiten. Schnell ist man gefangen in einer Odyssee zwischen Dorotheenstraße 26 und Georgenstraße 47.
Die nächsten Aktionen?
Fridays for Future selbst zeigt sich relativ zufrieden mit der Partizipation. Besonders beliebt waren, wie zuvor bereits erwartet, die Veranstaltungen mit den Aktivismusprominenzen Luisa Neubauer (Fridays for Future) und Dr. Harald Lesch (Scientists for Future). Dennoch sei man überrascht gewesen: bei Veranstaltungen, bei denen man großen Zulauf erwartet hatte, wurden die Erwartungen oftmals nicht erfüllt.
Ob das nächste Mal radikalere Maßnahmen genutzt werden sollen, um auf den eigenen Zweck aufmerksam zu machen oder die Aktionen größer und länger werden sollen? Darüber könne man noch keine konkrete Aussage treffen.
Mira selbst findet, man sollte darüber nachdenken, wie man die Aufmerksamkeit zurück auf die Freitagsdemos lenken könnte. Mittlerweile seien diese doch sehr in den Alltag übergegangen und würden nicht mehr die Beachtung finden, die sie sich als Klimaaktivistin wünschen würde. Dass die Studierendengruppen die Freitagsstreiks mitorganisieren, halte sie für eine Idee, über die man nachdenken sollte. Doch bevor neue Pläne gemacht werden, müsse man zunächst einmal die vergangene Woche rekapitulieren.