Techno, vegane Cafés, vintage Flohmärkte, in Neukölln am Späti chillen. Klingt cool? Das finde ich auch. Ich bin neu in Berlin und höchstens mittelmäßig cool. Ich möchte die weniger betont lässigen Seiten der Stadt erkunden. Ich freue mich natürlich auch über sau-coole Leser*innen. Denn auch coole Leute dürfen manchmal das Coolsein pausieren, den LSD-Trip verschieben und lieber Porzellan bemalen. Diesmal mache ich einen Abdruck meiner Vulva.

Vulva, Yoni, äußerer Teil des weiblichen primären Geschlechtsorgan. Welcher Begriff gefällt euch am besten? Oder seid ihr doch eher im Team Muschi und scheißt auf die Genauigkeit der Bezeichnung? Wie ihr es auch nennt, die Rede ist vom Venushügel, den Schamlippen und der Klitoris. Die sollten die meisten von euch zumindest aus dem Biologieunterricht kennen.

Aber so richtig aufgeklärt über die Vielfalt von Vulven, sind wir irgendwie nicht.

Für mich steht heute eine neue, irgendwie aufregende Begegnung mit meiner Vulva an. Ich werde sie eingipsen und einen Abdruck machen. Warum gerade die Vulva? Ich habe ja auch nicht das Bedürfnis einen Gipsabdruck von meinen Zehen oder meinem Arm machen zu lassen. Ich bilde mir ein, das hat etwas mit der Tabuisierung des weiblichen Geschlechtsorgans zu tun und der Tatsache, dass Vulven im Vergleich zu Penisen doch recht unsichtbar sind. Wir kennen doch eigentlich nur die Porno-Muschis, oder? Die Vulva steht weniger im Scheinwerferlicht als ihr männliches Pendant. Deswegen der Vulva-Abdruck.

Aushaltbare, aber unvorteilhaft…

Ob meine Motivation aber wirklich feministisch-aufklärerisch ist, wage ich zu bezweifeln. Ich behaupte das aber. Das ist besser für mein Image. Denn wenn ich jetzt sagen würde, ich mache es einfach weil ich zufällig auf dieses Vulva-Abdruck-Kit gestoßen bin und es mich neugierig gemacht hat, wäre das ja langweilig.

Genug der Vorrede. Es geht los. Das Vulva-Abdruck-Kit gibt es für ungefähr 40 Euro. Man kann es ganz Corona-konform bestellen. Drinnen liegen mehrere Beutel mit pulvrigen Inhalt, ein Schleifstein, Gipsbinden und eine Anleitung. Zuerst muss man dem Intimbereich die Frisur einer Elfjährigen verpassen. Dann wird das erste Pulver mit Wasser verrührt. Es entsteht eine bläuliche Pampe.

Auf den Rücken legen, Höschen runter und Beine gespreizt in die Luft. Wichtig: Man sollte sich in eine Position legen, in der man es mindestens 20 Minuten aushalten kann. Ich empfehle, die Beine auf einem Stuhl abzulegen.

Jetzt werden zwei helfende Hände gebraucht. Dafür empfehle ich einen Mitbewohner, denn das ist Corona-technisch besonders vorbildlich. Die helfenden Hände patschen die bläuliche Pampe auf Vulva und Venushügel. Meine Masse ist etwas zu flüssig und läuft in Richtung After. Da man ja auch den Poperz eher selten zu Gesicht bekommt, beschließe ich kurzerhand, den Abdruck zu erweitern um nicht eine nahegelegene Körperöffnung auszuschließen. Schicht um Schicht wird die Masse aufgetragen. Es fühlt sich glibberig, aber nicht unangenehm an.

Negativabdruck

Nach wenigen Minuten konzentriertem Auftragen ist die Masse aufgebraucht und muss trocknen. Ich bleibe liegen, mein Mitbewohner wäscht sich die Hände. Danach kommen die Gipsbinden dran. Streifen um Streifen werden sie in Wasser getaucht und auf die Masse aufgetragen. Dann wird wieder gewartet – bis auch der Gips hart ist.

Ist die nötige Härte erreicht, kann der Gummimasse-Gipsklotz abgenommen werden. Das Ganze geht erstaunlich leicht – sowohl schmerz- als auch matschfrei.

Ich beäuge den Negativabdruck meiner Vulva skeptisch.

Mein Mitbewohner ist begeistert von der Ästhetik. Ich bin eher verdattert. So sieht meine Vulva doch nicht aus. Wenn ich sie mir live anschaue ist das irgendwie anders. Haben wir etwas falsch gemacht?

Nein, denn das ist nur das Negativform, die jetzt mit Gips aufgefüllt wird. Ich rühre die zweite Masse an und gieße sie Schicht für Schicht in den negativen Gummiabdruck. Und wieder muss alles härten. Ich warte bis zum nächsten Morgen. Dann wird die Gummiform von der nun steinharten, betonartigen Masse gelöst. Ta-da. Meine Vulva lacht mich an. So sieht sie um einiges vertrauter aus als das Negativ.

Bevor der Abdruck endgültig fertig ist, müssen noch die Ränder abgeschliffen werden. Ich habe leider sehr schlampig gearbeitet und viel Masse rechts und links herunter laufen lassen. Die muss ich jetzt herunter schleifen. Was für eine Arbeit.

Ta-da. Eine Gips-Muschi

Fertig. Was nun? Wohin mit dem Vulvaabdruck? Ist das jetzt Dekoration? Ich denke schon.

Der fertige Abdruck hängt jetzt in der WG-Küche. Direkt über dem Herd. Dort, wo sich Weiber und weibliche Geschlechtsteile eben am wohlsten fühlen.


Beitragsbild: Charles Deluvio/unsplash.com; restliche Bilder: Marita Fischer

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