Techno, vegane Cafés, vintage Flohmärkte, in Neukölln am Späti chillen. Klingt cool? Das finde ich auch. Ich bin neu in Berlin und höchstens mittelmäßig cool. Ich möchte die weniger betont lässigen Seiten der Stadt erkunden. Ich freue mich natürlich auch über sau-coole Leser*innen. Denn auch coole Leute dürfen manchmal das Coolsein pausieren, den LSD-Trip verschieben und lieber Porzellan bemalen. Diesmal färbe ich meine Achsel- und Schamhaare.

Ohne einen weiteren Satz über die Beschissenheit der pandemischen Lage und der leider notwendigen Beschränkungen zu verschwenden, soll es gleich mit der nächsten Corona-freundlichen Kolumne losgehen. Langeweile ließ grüßen und ich beschloss meine Achsel- und Schamhaare einen knalligen Anstrich zu verpassen. Warum nicht die Kopfhaare, wie jeder andere gelangweilte, demonstrativ-alternative junge Mensch? Für farbiges Kopfhaar bin ich wohl zu unsicher und zurückhaltend. Das würde bestimmt beschissen bei mir aussehen und ich würde mir spätestens nach drei Tagen mit pinken, gelben oder grünen Haaren beknackt vorkommen. Achsel- und Schamhaare sind da irgendwie weniger penetrant. Ich entschied mich also für den dezenten Punk-Look.

Im Drogeriemarkt gab es nur zwei knallig Haarfarben zur Auswahl: Entweder pink oder türkis. Da ich als aufgeklärte und widerständige Feministin darauf getrimmt wurde, die typische Mädchenfarbe Pink zu verabscheuen, musste ich mich für türkis entscheiden. Bleach wurde auch noch eingesteckt, sonst funktioniert das ja alles nicht.

Zurück in meiner WG legte ich los. Erst wurde geduscht. Dann las ich den Beipackzettel des Bleichungsmittel und stellte fest, dass es auf trockenes Haar aufgetragen werden soll. Die Hygieneattacke war also völlig umsonst und ich rubbelte mich knochentrocken.

Auch die Haut wurde mitgefärbt

Dann wurde das Bleach aufgemacht und auf den Haarwuchs aufgetragen. Ein penetranter Ammoniakgeruch machte sich im Bad breit. Mir stiegen fast die Tränen in die Augen. Kurz hatte ich etwas Angst um meine Haut, besonders mein Intimbereich schien mir nicht gemacht für diese Chemie-Dröhnung. Aber für einen Rückzieher war es jetzt zu spät – ich will ja auch keine gescheckten Haare haben. Außerdem kenne ich keine Gruselgeschichten über ewige Ammoniakmuschis, die nach einem Zusammentreffen mit Bleach fortdauernd üble Gerüche absondern. Die Angst wurde also wegrationalisiert und ich fuhr mit dem Auftragen fort.

Achseln im Schimmellook
Achseln im Schimmellook

Als genug Paste verteilt war, wickelte ich mich in ein Handtuch ein und wackelte in mein Zimmer. Etwas unbeholfen überlegte ich, wie und wo ich die nächsten 45 Minuten verbringen sollte. Ich entschied mich für rücklings lesend auf dem Bett. Als alles eingezogen war, hüpfte ich zum zweiten Mal unter die Dusche – diesmal war es aber auch tatsächlich vorgesehen. Der Ammoniakgeruch wich dem des Shampoos und nach dem Wegspülen der Creme zeigten sich meine nun blonden Härchen.

Nun Schritt zwei: die Farbe. Diesmal sollte sie auf das leicht feuchte Haar aufgetragen werden. Ich streifte mir den eingepackten Plastikhandschuh über und verteilte die bläuliche Creme unter meiner Achsel und auf den Schamhaaren. Dabei war ich recht großzügig, denn ich wollte ja auch, dass die Farbe ordentlich kräftig war. Der Handschuh war nervig – deshalb schmiss ich ihn weg. Jetzt färbten sich meine Finger färbten blau, aber dafür war das Einreiben der Farbe um einiges angenehmer ohne Handschuh. Das Ganze ging echt flott.

So richtig farbig sind die Haare nicht

Wieder verbrachte ich 45 Minuten im Handtuch auf dem Bett. Trotz möglichst ruhiger Position merkte ich, dass sich die Farbe unter meinen Achseln und an meinen Schenkeln verteilte. Wie sich nach der dritten Dusche des Abends herausstellte, lässt sich die Farbe auch nicht so richtig gut von der Haut abwaschen. Das Endergebnis der Haarfärbeaktion sah also für einige Tage aus, als ob ich riesige Hämatome unter den Armen und zwischen den Beinen hätte. Ein eher gewagter Look. Bezüglich der Haarfarbe war das Ergebnis etwas ernüchternd. Statt dem ersehnten kräftigen Türkis würde ich die Farbgebung eher als leicht schimmlig-grün bezeichnen.

Die Langeweile am nächsten Tag wurde dann für eine zweite Runde genutzt. Irgendwie wollte ich den Schimmel-Look wieder loswerden. Mehr Farbcreme musste die Lösung sein. Nach der zweiten Behandlung wirkt die Farbe jetzt etwas weniger blass. Glaube ich. Möchte ich glauben. Noch bin ich nicht überzeugt davon, dass sich der farbige Körperbehaarungs-Trend durchsetzen wird. Aber meine Achsel- und Schamhaare sind definitiv bereit für einen funky Sommer.


Titelfoto: Billie/unsplash.com