In der 7. und letzten Sitzung des 30. Studierendenparlaments der HU klirrten die Sektgläser und Bierflaschen. Es wurden neue Referent*innen gewählt und Diskussionen geführt. Kritik kam dabei allerdings auch nicht zu kurz. 

Die Sitzung des vergangenen Dienstags brachte einige personelle Neuerungen mit sich. Erste Wahl des Abends war die des Antifa Referats, das seit Anfang 2023 unbesetzt war. Zur Kandidatur stellten sich Janosch und Aaron, beide konnten die Wahl für sich entscheiden. In ihrer Bewerbung erklärten sie, dass sie beide bereits politisch aktiv seien. Aaron ist Student der Sprach- und Bibliothekswissenschaften und stellt den Hauptreferenten. Co-Referent Janosch, ehemals Student der Sozialwissenschaften, studiert Slawische Sprachen und Literatur. Außerdem publizierte er während des Studiums bereits über die „Neue Rechte” und hospitierte beim Berliner Register, einer Meldestelle für diskriminierende und rassistische Vorfälle. Das Referat für Antifaschismus befasst sich neben historischer Bildungsarbeit laut eigener Aussage  „mit rechtsextremen und regressiven Tendenzen, Gruppierungen und Einzelpersonen an der Humboldt-Universität zu Berlin.”

Zudem wurden auch andere Referate gewählt. Für das Kulturreferat traten Jimmy und Mascha an. Beide erhielten 28 Ja-Stimmen und nahmen die Wahl an. Für das Referat für Politisches Mandat und Datenschutz fanden sich allerdings keine Bewerber*innen. Als Sprecher*innen für den RefRat ließen sich Lars Mussehl und Franziska Wessel wählen.

Am Ende des Semesters kein Ende der Diskussion

Nach den Wahlen folgten die Anträge. Einer davon war die Bestätigung des Haushaltsplans für 2023, dieser sieht Einnahmen und Ausgaben in Höhe von ca. 30 Millionen Euro vor. Des Weiteren wurden hochschulpolitische Listen vom Präsidium des StuPa dazu angehalten, ihm ihre Wahlkampfspenden zu melden. Dieser Aufforderung kam bislang nur die Linke Liste (LiLi) nach. Die Linke Medienakademie (LiMa e. V.), die mit Bildungsarbeit linke Perspektiven in den Medien stärken möchte, bewarb sich außerdem für die Anerkennung als studentische Initiative. Der Antrag wurde angenommen. 

Ein weiterer Antrag wurde von der LiLi eingebracht. In diesem schlägt sie vor, die Vereinigung ASEZ nicht als Hochschulgruppe anzuerkennen, wodurch sie von finanzieller Unterstützung oder einer Nutzung universitärer Räumlichkeiten ausgeschlossen wird. ASEZ bezeichnet sich selbst als eine Gruppe studentischer Freiwilliger der „Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins”. Das ist die deutsche Gemeinde der weltweit organisierten „Church of God”. Ihr wird unter anderem aggressive Mitgliederwerbung vorgeworfen – so schreibt beispielsweise statepress.com, dass die Gruppe von einigen ehemaligen Mitgliedern und Expert*innen als Kult bezeichnet wird. Vorwürfe, die in dem Antrag der LiLi erhoben werden, umfassen außerdem „sex trafficing” und „human trafficing”. Mehrere Polizeiuntersuchungen fanden allerdings keine Beweise für die geäußerten Vorwürfe, wie auch die Berichterstattung von zahlreichen Medienanstalten bestätigte. Viele zogen die selbst veröffentlichten Vorwürfe sogar zurück und entschuldigten sich öffentlich dafür.
ASEZ selbst setze sich vor allem für Klimaschutz ein und realisiere dazu regelmäßig Projekte. So jedenfalls beschreibt sich ASEZ in ihrem Antrag auf Anerkennung als Hochschulgruppe. Im Gespräch mit der UnAuf wies ein Mitglied von ASEZ auf die Religionsfreiheit in Deutschland hin. Bezüglich der Vorwürfe merkte sie an: „Warum sollten wir keine Hochschulgruppe werden dürfen, obwohl es solche Vorwürfe auch gegen die Katholische Kirche gibt – die aber an der Hochschule sogar eigene Lehrveranstaltungen haben?” Der Studierendengruppe ASEZ gehe es vor allem um Klimaschutz, während die Gemeinde der „Gemeinde Gottes des Weltmissionsvereins” andere Arbeit leiste.

Der Antrag, der von Benjamin Kley, dem Referenten für Lehre und Studium vorgestellt wurde, wurde laut Protokoll einstimmig angenommen. Daraufhin meldete sich allerdings ein Juso-Abgeordneter, Haluk Öngören, zu Wort. Er warf Benjamin vor, immer wieder auf problematische Weise Kritik an Initiativen zu üben und bezeichnete dies gar als „Mobbing”. Haluks Vorwurf richtete sich allerdings im Fall ASEZ nur gegen die Art der Kritik, nicht gegen die Ablehnung von ASEZ an sich. Um seinen Vorwurf zu begründen, erwähnte er auch die Debatte zur Anerkennung der Initiative „ENACTUS e.V.” im StuPa am 07. Juni. ENACTUS ist eine US-amerikanische Gruppe von Student*innen, die nachhaltiges Unternehmertum auf der ganzen Welt fördern will. Bengt Rüstemeier, Mitglied des StuPa-Präsidiums, fragte die Initiative im vergangenen Juni, ob sie sich “antikommunistisch” positioniere. Dies wurde verneint. Benjamin Kley kritisierte daraufhin, so im Protokoll der Sitzung nachzulesen, den Dachverband der Gruppe. Auch hier hätten Haluk Tonfall und Herangehensweise der Kritik gestört.

Das setzte er jedoch in einen größeren Kontext. Demnach falle es ihm negativ auf, dass es meist Benjamin selbst sei, der die Anträge der LiLi in das StuPa einbringe, obwohl es in der Liste viele FINTA-Personen gebe. So sehe er es als Ausdruck von “toxischer Männlichkeit” und “Mansplaining”, dass allein Benjamin die Anträge vorstelle, erzählte Haluk im Gespräch mit der UnAuf. Darüber hinaus kritisierte er die Kultur im StuPa, alkoholisiert politische Arbeit zu leisten: „Dafür, dass im StuPa so große Themen aufgeworfen werden, ist ein kleiner Pegel nicht angemessen”. In der letzten Sitzung des 30. Studierendenparlaments wurde damit neben Wahlen und Entscheidungen ein neuer Akzent gesetzt – Kritik an den Prozessen und der Kultur des Parlaments sind sonst rar. 


Foto: Heike Zappe