Das aufstrebende Indie-Studio A24 hat es mal wieder geschafft: Civil War ist ein faszinierender, beängstigender Film – inszeniert in einem im Krieg versinkenden Amerika.

A24 gilt momentan als das Studio, das langsam aber sicher zur Indie-Oscarschmiede avanciert und auch wenn die Award-Season gerade vorbei ist, könnte Civil War im nächsten Jahr immer noch hoch gehandelt werden. Denn Alex Garland schafft es einen Film zu inszenieren, der dem Zuschauenden alle fünf Minuten einen Schauer den Rücken herunter jagt, aber trotzdem seinen Humor nicht verliert.

Der Film spielt in einem kriegsgebeutelten Amerika, das zwischen den sogenannten Western Forces, Kalifornien und Texas, und der schwächelnden Regierung in Washington zu zerreißen droht. In diesem begeben sich vier Journalisten auf einen Roadtrip nach D. C., um den Präsidenten zu fotografieren und zu interviewen – am besten, bevor er von der heranrückenden Armee umgebracht wird. Die Gruppe könnte unterschiedlicher nicht sein: Da gibt es Lee Smith (Kirsten Dunst), die schon Jahrzehnte als Kriegsfotografin tätig ist und langsam aber sicher ihren Glauben an Frieden und die Menschen verloren hat. Ihr Freund Joel (Wagner Moura) ist wiederum immer zu einem Scherz aufgelegt, verdrängt das Sterben um ihn herum und sieht den Spaß in den „Action“-Einsätzen. Die beiden nehmen noch Sammy (Stephen McKinley Henderson), einen alten Veteran, der noch einmal die Front sehen will, und Jessie (Cailee Spaeny) mit, die Lee bewundert und gerade anfängt Kriegsfotografien mit der alten analogen Kamera ihres Vaters zu schießen.

Auf welcher Seite diese Figuren stehen, welches System die Western Forces (eine durchaus ungewöhnliche Allianz) durchsetzen möchten und was zu diesen katastrophalen Zuständen geführt hat, erfahren wir nicht. Was zu einem der größten Kritikpunkte des Films geworden ist, kann jedoch auch anders interpretiert werden: Denn gerade diese unklare Haltung zeigt den Alltag von Journalisten auch heute auf. Sie müssen keine Stellung nehmen. Sie müssen nicht mehr erklären, was jeder weiß. Nein, sie müssen nur die Titelgeschichte, den einen Money-Shot bekommen. Das ist alles, was zählt. Hierfür bringen sie immer wieder ihr eigenes Leben in die – bewusst doppeldeutige – Schusslinie.

Es entfaltet sich ein empathisch beobachtetes Beziehungsgeflecht zwischen der vierköpfigen Reisegemeinschaft, insbesondere Lee Smiths Desillusionierung und Jessies Verehrung von ihr bilden ein Plot- und Dialog-treibendes Spannungsfeld. Die Gruppe prallt immer wieder auf die Welt der kämpfenden Soldaten. Eine Welt, die mittlerweile auch keine Seiten mehr kennt. Es gibt nur den „man, that shoots at us.“. Wer das ist, können wir nicht wissen. Denn wie soll man auch auf einem Schlachtfeld ins Gespräch kommen?

Die bedrückende zeitliche Nähe, die deklarative Unbekümmertheit der Menschen in der „Twilight Zone“, der Kontrast zwischen dem Leiden und den menschlichen Beziehungen, die sich formen, bedrängt immer wieder. Der Bezug auf die derzeit scheinbar über den ganzen Erdball entflammenden Konflikte scheint offensichtlich und beängstigt. Der Film zeigt auf, was passieren kann, wenn die Kommunikation in der Politik zusammenbricht.

Einige Kritikpunkte gibt es allerdings trotzdem. So ist die Filmmusik teilweise leider sehr unpassend gewählt, die beeindruckenden Sets hätten kinematografisch intelligenter und schöner eingefangen werden können und etwas Kontext hätte der Orientierung durchaus geholfen. Insgesamt ist hier aber ein Werk entstanden, das das Wesen und den Horror eines modernen Krieges einfangen kann.


Civil War ist ab dem 18. April in den deutschen Kinos zu sehen.

Foto: © A24 / DCM