Am 06.04. kamen Künstler*innen und die Community der Romnja* und Sintizze* zusammen, um das Ende des Romnja* Power Month zu feiern. Jedes Jahr im März und April organisiert der Verein RomaniPhen e.V. Workshops, Panels und Vernetzungstreffen, um der anhaltenden Diskriminierung mit Kraft und Selbstbewusstsein entgegenzutreten. An diesem Abend ist das besonders zu spüren.

Das Kalenderjahr ist gespickt mit selbst etablierten Feiertagen derjenigen, die sich ihren Raum in einer Gesellschaft erkämpfen, die sie oft übersieht. Während der Pride Month im Juni den Mainstream längst in Regenbogenfarben färbt, weiß kaum jemand vom Romnja* Power Month, der jährlich von der Organisation RomaniPhen e.V. organisiert und veranstaltet wird. Seinen  Beginn markiert der feministische Kampftag am 08. März, beendet wird er einen Monat später. Und das hat einen bestimmten Grund: Denn der 08. April ist der internationale Tag der Rom*nja und Sinti*zze, an dem auf die Gewalt und Diskriminierung gegen die Marginalisierung der Bevölkerungsgruppe aufmerksam gemacht wird. Offiziell erkennt Deutschland sie als nationale Minderheit an, doch gesamtgesellschaftlich sind Romnja* und Sintizze bisher wenig sichtbar.

Umso schöner ist es, dass die Räumlichkeiten des Südblocks am Kotti an diesem Samstag, den 6. April rappelvoll sind. Unter dem Motto „We Art Here!“ eröffnet der Moderator und Aktivist Gianni Jovanovic gemeinsam mit Journalistin Oyindamola Anashe die Abschlussveranstaltung des Rom*nja Power Month. Den Hintergrund der Bühne bedeckt die Rom*nja Flagge: Das rote Chakra, auch Speichenrad genannt, prangt in der Mitte der blauen und grünen Flaggenhälften. 

„In meiner Vulva steckt die Kraft”

Nur langsam kehrt etwas Stille ein, als Platz für die Künstler*innen gemacht wird. „Go Yely, das ist meine Schwester!“, ruft ein junger Mann aus dem Publikum, seine rechte Hand als Verstärker am Mund, die linke zeigt auf die Bühne, wo die Schülerin schüchtern lächelnd am Mikrofon steht. Yely spricht vom Gefühl unsichtbar zu sein, von Lehrer*innen, die ihren Sorgen keine Beachtung schenken und dem Kampf um Zugehörigkeit. Unter Jubel des Publikums blüht sie auf, ihre Worte finden Anklang in der Community. Denn der Veranstalter des Abends, der Verein RomaniPhen, bezeichnet sich als explizit feministisch, rassismuskritisch und empowernd. Diese Grundhaltung zeigt sich, als Aktivistin und Künstlerin Estera Stan das Mikrofon übernimmt. „In meiner Vulva steckt die Kraft, meine Freundinnen und ich stürzen das Patriarchat” –  Worte, die auf das Publikum wirken. Zurufe und Applaus schallen durch den Raum. Sie bleiben laut, als Rapper Mal Élevé über Solidarität rappt. Wie zum Beweis setzen auch queere Menschen aus der Community ein Zeichen: Sie nehmen die Bühne ein, liefern eine Lipsync-Performance ab und halten Schilder hoch, auf denen Parolen wie „Trans Lives Matter” oder „Roma & Queer” zu lesen sind. 

Die Luft knistert, als zwei in schwarz gekleidete Gestalten die Bühne betreten. Sie eröffnen ein wildes Hin und Her aus knallenden Sohlen der Flamenco-Tänzerin, begleitet von der Stimme einer Sängerin. Völlig außer Atem erhebt sie sich von ihrer Cajón, um auf Spanisch Worte der Dankbarkeit zu teilen. Sie zeigt sich berührt davon, wie viele Frauen, Romnja* und Queers an diesem Abend teilhaben und streckt die Faust in der Luft, bevor sie als Zugabe die Hymne der Romnja* Frauen spielt. 

Krönender Abschluss

Die 10-minütigen Raucherpausen zwischen den Acts werden dankbar genutzt. Das Publikum strömt nach draußen, denn um die Nachbar*innen nicht mit dem Lautstärkepegel zu stören, müssen die Fenster des Südblocks geschlossen bleiben. Bescheiden als „Bundeskanzlerin von Deutschland” angekündigt, gibt Celina Bostic ihre Musik zum Besten: Während sie von der Kraft und Bereicherung ein „Doppelmoppel” zu sein singt, steigen hinter ihr nach und nach Menschen aus dem Publikum auf die Bühne. Die strahlen mit dem goldenen Lametta an den Wänden um die Wette, ihre Energie ist ansteckend.

Die Acts der Abschlussveranstaltung des Romnja* Power Months sind so vielfältig wie die Community selbst. Es überrascht, wie traditionelle Musik in der Sprache der Romnja* und Sintizze, Romanes, mühelos mit Lipsync Performances und schwindelerregendem Flamenco ineinanderfließen. RomaniPhen schafft an diesem Abend einen Raum, in dem Vielfalt als Bereicherung gefeiert und deutlich wird: Die „kleinen Mehrheiten“ müssen zusammenhalten, sich empowern und verbinden. 


Foto: Ali