Am 04. Juli wählen die Student*innen ihr Parlament an der HU. Deswegen trafen die Sprecher*innen der Listen am vergangenen Donnerstag zur Elefantenrunde aufeinander. Dabei verlief die Debatte jedoch nicht immer gesittet.

Das Hedwig-Dohm-Haus, wo die Debatte stattfand, gehört zum Referent*innenRat, kurz Refrat. Dieser vertritt die Student*innen der HU in der Hochschulpolitik. Zehn Listen – ähnlich wie Parteien – setzten sich in die Runde und debattierten unter der Moderation des studentischen Wahlvorstandes. Eingangs stellten die Listen sich vor und debattierten dann verschiedene Themen von der Wahlbeteiligung bis zur Klimapolitik. .

Die Liste V.O.D.K.A störte es, dass Hochschulpolitik nicht nachvollziehbar und sichtbar sei und erhoffte sich eine höhere Meinungspluralität. Dabei sollten auch Standorte der HU, wie Campus-Nord oder Adlershof, vermehrt mit einbezogen werden. Zudem fordern sie mehr Klima-Neutralität an der Uni und genderneutrale WCs.

Gregor Kahl von der IYSSE, einer trotzkistischen Liste, nutzte die Hochschul-Podiumsdiskussion, um die konspirative Erzählung zu verbreiten, dass ein dritter Weltkrieg kurz bevorstehe und Deutschland unter anderem mit der Bundeswehr Stationierung in Litauen seine Großmachtambitionen durchsetze. Die Humboldt-Universität spiele in dieser ideologischen Entwicklung auch durch die  rechten Professoren Baberowski und Münkler eine wichtige Rolle.

Für Feminismus und weitere marginalisierte Gruppen setzen sich vor allem die Listen OLKS, Die Linke Liste und Grünboldt ein. Sie lehnen Transfeindlichkeit und rechte Strukturen an der Uni ab, sprechen sich für eine Abschaffung der Anwesenheitskontrolle aus und machen sich für barrierefreies Studieren stark. Außerdem plädieren sie für ein Ende der Kommerzialisierung der Universität.

Die JuSos bezeichneten sich selbst als sozialistisch, feministisch und internationalistisch. So erklärte Thekla, die JuSo-Repräsentantin, sie setze sich für materiellen Wohlstand, Bafög und ein solidaritätsbasiertes Semesterticket ein. Des weiteren kritisierte sie, dass die Lehre des kritischen Denkens in der Universität zurzeit zu kurz komme und sie in dieser Hinsicht eine Veränderung erreichen wollen. Die künstliche Intelligenz dürfe nicht zu einer Verkürzung des kritischen Denkens führen, geschweige denn die Studienzeit verkürzen. Sie positionierte sich gegen die Burschenschaften und forderte diesbezüglich nach mehr Aufklärung.

Ein anderer Aspekt war die Digitalisierung, die lediglich von Tim Hecker von der Liberalen Hochschulgruppe angesprochen wurde. Er forderte eine 180-Grad-Wende ein und bemängelte die schlechte technische Ausstattung in der HU. Überdies schlug er vor, eine HU-App zu entwickeln, in der Studentenausweis, Stundenplan und Semesterticket digital zu finden seien. Auf spätere Nachfragen, wie er sich die genaue Umsetzung dieser App vorstelle, antwortete Tim, dass er die Student*innen zur Entwicklung der App mit einbinden wolle und es bei der Finanzierung zu einem Austausch mit der Uni kommen solle. Seine Liste stehe für Wissenschaftsfreiheit, lehne „ideologische Hörsaalbesetzungen” ab und habe vor, sich auf reine Hochschulpolitik zu konzentrieren.

Angeregte Fragerunde

Thekla, der JuSo-Vertreterin, wurde vor allem zum Vorwurf gemacht, der Politik der Bundes-SPD nahe zu stehen, wenn sie sich JuSo nenne. Thekla erklärte hingegen, die JuSos  seien ein eigenständiger Verband und übt selbst auch Kritik an der SPD. Für die Liberale Hochschulgruppe wurde die Frage aufgeworfen, wie sie die Viertelparität bewerte. 

 Viertelparität” bedeutet, dass in den verschiedenen Gremien der HU die einzelnen Statusgruppen je ein Viertel der Stimmen erhalten. Die Statusgruppen sind Professor*innen, Student*innen, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und sonstige Mitarbeiter*innen. Darüber musste Tim von der Liberalen Hochschulgruppe erst in der Diskussion aufgeklärt werden, erklärte dann aber, das Konzept klinge  erstmal gut”. Außerdem wurde die Aversion der Linken Liste gegen die Polizei thematisiert, was diese damit begründete, dass der Sicherheitsdienst auf dem Campus zuständig sei und die Polizei insbesondere keine Sicherheit für Queere, Wohnungslose oder von Rassismus betroffenen Personen biete. Auf die Frage hin, ob Polizei bei einem potenziellen Amoklauf auf dem Campus erlaubt wäre, entgegnete Ali von der Linken Liste, dass die Polizei gegen Amokläufer nicht helfen würde. 

Die Frage der geringen Wahlbeteiligung – bei der letzten Wahl knapp fünf Prozent – mussten alle Listen beantworten.  VODKA erklärte, dass es mit dem Ende der „stiefmütterlichen“ Behandlung der Campi Nord und Adlershof auch zu einer höheren Wahlbeteiligung kommen werde. Nach der Linken Liste gebe es ein falsches Verständnis von der Uni, da diese nicht nur existiere, um einen Abschluss zu erwerben, sondern auch, um sich politisch zu engagieren und zum Diskurs beizutragen. Um in dieser Hinsicht eine Veränderung herbeizuführen zu können, müsse die Hochschulpolitik wieder mehr in die Realität zurück und den Student*innen näher gebracht werden. Außerdem sollten die StuPa-Sitzungen laut OLKS nicht mehr so „trocken“ sein. Die Liberale Hochschulgruppe plädierte dafür, aufzuhören, „Weltpolitik zu spielen“ und sich wieder mehr auf reine Hochschulpolitik zu konzentrieren.

Wie steht es um die Klimapolitik?

Die Frage der Klimapolitik der HU blieb lange unerwähnt, erst auf Nachfrage der UnAufgefordert bezogen die Listen dazu Stellung. VODKA, so Tobias, ihr Repräsentant, setze auf erneuerbare Energien, nutzbare Dachflächen an der HU und einen Ausbau der Klimaforschung. Für die IYSSE laute die Devise, Superreiche zu enteignen und das gesamte derzeitige System zu verändern, erklärte Gregor Kahl. Die JuSos sprachen sich ebenfalls für erneuerbare Energien und die Beibehaltung des Semestertickets aus.  Ewig und Drei Tage” nannte außerdem die vermehrte Anschaffung von Fahrradständern, Flächenentsiegelung und Energieeffizienz bei Neuanschaffungen von (IT-)Technik. Die Linke Liste setzt ebenfalls auf die genannten Klimaanforderungen, fügte aber zudem noch mehr klimathematische Lehre und Hörsaalbesetzungen hinzu, um sich weiter zu solidarisieren. Leah, Repräsentantin der OLKS, sprach sich für eine geringere Energieverschwendung aus und wies dabei exemplarisch auf die lang brennenden Lichter im Grimm-Zentrum hin. 

Die Diskussionsrunde fand im Vorfeld der StuPa-Wahl an der HU statt. Am 04. Juli werden die Student*innen der HU an die Urne gebeten, um eine der Listen ins Studierendenparlament zu wählen. Das Parlament wählt die Referent*innen und verfügt auch über einen üppigen Haushalt, der sich aus den Beiträgen aller Student*innen speist. Pro Jahr kommt so ein Etat von ca. 800.000 Euro zusammen, über den die gewählten Repräsentant*innen entscheiden dürfen. Vor diesem Hintergrund erschien die Debatte der Elefantenrunde manchmal unseriös. Während viele der Sprecher*innen bei der Sache blieben, plädierten andere dafür, Roboter das Studium erledigen zu lassen und währenddessen die Zeit in der Kneipe zu verbringen. 


Foto: Heike Zappe | Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

1 KOMMENTAR

  1. Bei der Berichterstattung nur auf einen Bruchteil der anwesenden Listen einzugehen, und alle anderen unerwähnt zu lassen kann man sicherlich machen, ist aber alles andere als objektiv.

    P.S: Das 28. Studierendenparlament hat sich in seiner 2. Sitzung am 15.07.2020 mehrheitlich dafür ausgesprochen alle Studierende durch Roboter zu ersetzen. Vor diesem Hintergrund ist die Forderung Roboter das Studium erledigen zu lassen und währenddessen die Zeit (sinnvoll) in der Kneipe zu verbringen ein durchaus seriöser und konstruktiver Vorschlag.

    Ganz liebe Grüße,

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