Künstliche Intelligenz ist entweder das Beste oder das Schrecklichste, was der Menschheit je passiert ist. Sie könnte Krankheiten heilen und Armut bekämpfen oder aber exzessive Machtkonzentration, unvorstellbare Ungleichheit und Verlust von Privatsphäre verursachen.

In vielen Science-Fiction Filmen wird Künstliche Intelligenz als verrückter, die Welt zerstörender Roboter dargestellt. Aber diese Darstellung entspricht nicht der Realität. KI ist alles Mögliche: Das Spracherkennungssystem SIRI, Kampfdrohnen, Online-Werbung.

Die Ausbreitung von KI sieht man auch an den zahlreichen Fortschritten der letzten Jahre. Mittlerweile steuern KI-Systeme Autos, schlagen Pokerspieler*innen im Eins gegen Eins und erkennen in ersten klinischen Studien Krebs. Dieser Trend wird anhalten. Viele Forscher*innen erwarten, dass KI innerhalb der nächsten Jahrzehnte in der Lage sein wird, alle kognitiven Aufgaben auf übermenschlichem Level zu erledigen. Das Future of Life Institute, eine in Boston ansässige NGO, behauptet, dass KI-Systeme die mächtigsten Technologien in der Menschheitsgeschichte werden könnten. Selbst Elon Musk, CEO des Autoherstellers Tesla, warnt, dass KI innerhalb weniger Jahre schlauer werden kann als der Mensch.

Zerstörung, Ungerechtigkeit und Leid

Wenn Wissenschaftler*innen das Potential der KI, Menschen zu überlisten, unterschätzen, könnte die Menschheit ihre eigene Zerstörung herbeiführen. Eine solche Verantwortungslosigkeit ist laut der Kognitionswissenschaftlerin Margaret Bodeneiner von der Universität Sussex bereits Status Quo, das Thema würde nicht mal von KI-Forscher*innen ernst genug genommen. Derartig besorgte Stimmen hört man von vielen Seiten. Selbst der bekannte Physiker und Nobelpreisträger Stephen Hawking sagt: „Die Entwicklung einer totalen KI könnte das Ende der Menschheit bedeuten“.

Aber es gibt Hoffnung: Verschiedene Forschungsinstitute, unter anderem das Machine Intelligence Research Institute in Berkeley, arbeiten seit Jahren daran, eine solches Desaster abzuwenden.

Doch selbst wenn das schlimmste Szenario nicht eintritt, sind die rasanten Entwicklungen der letzten Jahre besorgniserregend. Intelligente Systeme führen zunehmend Aufgaben von Menschen aus, wodurch unglaublicher Reichtum geschaffen und Millionen Jobs zerstört werden. Dabei werden nicht nur Dienstleistungen wegautomatisiert – auch Psychologen und Anwälte könnten bald ihre Aufgaben an effiziente, fehlerfreie und vor allem billigere Arbeitskräfte abtreten.

Auf der anderen Seite würden sich vermutlich die Wenigsten beschweren, wenn sie weniger arbeiten müssten, solange sie sich weiterhin finanzieren können. In unserem aktuellen System scheint es aber, als würde der Löwenanteil des von KI geschaffenen Reichtums eben nicht an die Menschen gehen, die das Geld wirklich brauchen, sondern an große Firmen. Die Frage, der wir uns endlich widmen sollten, lautet also: Wenn Jobs ersetzt werden, wer bekommt den Gewinn?

Zukunftsvision oder Utopie?

Werden wir es rechtzeitig schaffen, diesen Problemen beizukommen? Rollo Carpenter, der Erfinder von CleverBot ist optimistisch: „Ich glaube, wir werden für lange Zeit in Kontrolle der Technologie bleiben und das Potential, viele der globalen Probleme zu lösen, realisieren.“

Sollten er und andere KI-Visionär*innen mit ihrem Technikoptimismus Recht behalten, könnte Künstliche Intelligenz uns den Weg in eine reale Utopie ebnen. “Die potentiellen Vorteile [von Künstlicher Intelligenz] sind gigantisch“ , sagt auch Hawking in einem Interview. „Wir können nicht vorhersehen, was wir vielleicht erreichen werden, wenn unsere Gehirne von KI unterstützt werden. Mit den Werkzeugen dieser neuen technologischen Revolution können wir eventuell so manchen Schaden an der Natur wieder gerade richten, der von der letzten technologischen Revolution angerichtet wurde. Sicherlich werden wir endlich Krankheit und Armut ausmerzen“.

Es gibt also bestechende Gründe, KI-Forschung und -Entwicklung weiter nach vorn zu treiben. Aber wir müssen bei jedem Schritt Vorsicht walten lassen. Doch wenn wir jetzt damit anfangen, die potentiellen Risiken von KI zu antizipieren und anzugehen, schaffen wir es vielleicht, die Zukunftsvision zu realisieren.


Dieser Text ist in der UnAufgefordert #257 zum Thema Träume und Zukunft erschienen. Weitere Beiträge aus dem Heft lest ihr hier.

Foto: Rene Bohmer