Markus Schüler sorgt sich um die Verbindung des Menschen zum Boden. Er ist Landwirt in zweiter Generation und kämpft für den Erhalt der Kleinbauern.

Acht Menschen stehen im Morgengrauen mit Spaten auf einem Pastinakenfeld am Rande eines Dorfs in der Nähe von Potsdam. Dass dieses wenig populäre Wurzelgewächs beim nächsten Sonntagsessen auf den Tisch kommen wird, haben die Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft in Berlin und Brandenburg demokratisch entschieden. Der Zusammenschluss bringt regionale Lebensmittel in die Kommunen und öffnet den Menschen einen neuen Erfahrungsraum. Vor Ort organisiert Markus Schüler sechs bis acht Einsätze im Jahr. Er ist leidenschaftlicher Bio-Bauer und Pastinaken-Liebhaber. Beides war nicht schon immer der Fall.

Bis vor fünf Jahren glaubte niemand daran, dass Schüler einmal Landwirt werden würde. „Nach dem Abitur entschied ich mich für eine Lehre zum Gärtner und somit gegen die Übernahme des Hofs“, erinnert er sich. 15 Jahre lang arbeitete er in einem Gartencenter. Als er dann 2015 wegen Hautproblemen seinen Job kündigte und mit einer Anstellung im Museum liebäugelte, kam sein Vater auf ihn zu und bot ihm den Hof ein zweites Mal an. Heute steht er mit rosigen Wangen bei drei Grad auf dem Acker und bereut seine Entscheidung kein bisschen.

Mit Risiken im Leben eines Selbstständigen weiß er umzugehen: „Wenn mein Betrieb den Bach runter geht, kann ich kein Arbeitslosengeld beziehen. Wenn ich in den Urlaub fahre, dann ist er unbezahlt, doch wenn ich mehr arbeite, kann ich auch mehr Geld verdienen.“ Seine Arbeitswoche hat 50 Stunden. Dennoch fühlt Markus sich als Landwirt körperlich nicht mehr belastet als ein Angestellter nach einer Acht-Stunden-Schicht. Er trenne die Pflicht vom Vergnügen und so mache es ihm nichts aus, nach getaner Arbeit noch einmal über das Feld zu gehen.

„Die Menschheit lebt auf Kosten der Natur“

Wenn Landwirtschaft – dann Bio. Diese Haltung hat der mittlerweile 45-Jährige von seinen Eltern übernommen. Sein Obst und Gemüse behandelt er nicht mit Pflanzenschutzmittel. „Gegen Mäuse im Pastinakenfeld gibt es Füchse und Habichte“, sagt er. Schüler steht hinter seiner Pflicht, die Fruchtbarkeit des Bodens für die nächste Generation zu erhalten. Er kann nicht darüber hinwegsehen, wenn Großbetriebe das Land zerstören. „Ein Landwirt, der mit einer riesigen Maschine über sein Land fährt, kann gar nicht wissen, wie es seinem Land geht“, sagt der Kleinbauer. Seine Rasenmäher sind Schafe und die produzieren genügend Dünger für sein Land.

Durch Maschinen entferne sich nicht nur der Landwirt von der traditionellen Landwirtschaft. Zum Gemüse im Supermarkt könnten die Konsument*innen keine Verbindung mehr aufbauen und würden sich schließlich noch darüber profilieren, Lebensmittel aus regenerativer Landwirtschaft erworben zu haben. Doch Markus weiß: „Keine Landwirtschaft ist regenerative Landwirtschaft!“ Er hält das Bewusstsein hoch, dass jede geerntete Frucht unabhängig von ihrem Verkaufswert ihren eigenen Preis hat. „Die Menschheit lebt auf Kosten der Natur“, sagt Schüler und so hat er sich zum Mantra gemacht, dem Boden etwas zurückzugeben.

Bio – das ist für Markus Schüler nicht nur eine Überzeugung, sondern auch ein Muss. Um seine Angestellten fair bezahlen zu können, muss er seine Lebensmittel teurer verkaufen. Eine unter ihnen ist Rike Papenhagen. Zweimal die Woche hilft die Studentin als ausgebildete Gemüsegärtnerin auf dem Leopoldplatz aus. Für sie ist die Arbeit in Berlin weniger körperlich fordernd als die auf dem Feld in der Nähe von Potsdam. Gerade deshalb betont sie: „Auf dem Florahof durfte ich vom ersten Tag an alle Tätigkeiten ausüben. In der Landwirtschaft herrscht Geschlechtergerechtigkeit leider noch nicht überall.“ Auf dem Florahof fühlt sie sich als ausgebildete Fachkraft gesehen und anerkannt. Getrieben von der Sehnsucht nach ihrem einstigen Beruf als Gemüsegärtnerin blieb sie an den 10 Hektar mitten in der Pampa hängen. Die Solidarische Landwirtschaft bringt ihr, als auch den tatkräftigen Erntehelfer*innen, die im Morgengrauen zum Arbeitseinsatz auf dem Acker antreten, den Boden ein Stück näher.


Foto: Laura Strübbe