Nach 93 Jahren wird die Jury bei der Miss-Germany Wahl erstmals nur aus Frauen bestehen und das soll jetzt feministisch sein. Die Objektivierung von Frauen wird allerdings nicht dadurch bekämpft, dass sie nicht mehr durch Männer passiert.

Ich hab noch nie eine Misswahl gesehen. Naja, außer die, die Sandra Bullock in “Miss Undercover” fast gewonnen hätte, aber da ging es nun mal auch um Sandra und nicht um die Misswahl. Ich tue mich doch eher schwer mit einem solch misogynen und veralteten Konzept. Aber halt, ich hab gehört die Miss-Germany Wahl, die dieses Wochenende stattfindet, soll jetzt feministisch werden.

Den großen emanzipatorischen Schub soll die antiquierte Veranstaltung dadurch bekommen, dass die Kandidatinnen nicht nur nach Schönheit, sondern auch nach ihrer Persönlichkeit bewertet werden sollen. Es ist jetzt wohl kein „Schönheits-Contest“ mehr, sondern ein „Personality-Contest“. Ganz entscheidend soll allerdings der Umbau der Jury sein. Im Jahr 2020 sollen dort erstmals, seit der ersten Miss-Germany Wahl im Jahr 1927, nur Frauen sitzen. 

Also: Frauen bewerten jetzt Frauen, anstelle von Männern die Frauen bewerten. Hört sich vielleicht nach großer Revolution an, ist aber eigentlich nicht besser. Der Vorgang, in dem Frauen auf einmal in Machtpositionen stehen und das als feministischer Umsturz bezeichnet wird, lässt sich hier nicht zum ersten Mal beobachten.

Wer erinnert sich noch an dieses fast anmaßend von „weiblicher“ Macht strotzende Bild, das kurz nach der Vereidigung von Annegret Kramp-Karrenbauer als Bundesverteidigungsministerin im Juli 2019 gemacht wurde? Bundeskanzlerin Angela Merkel, die frisch eingesetzten EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und deren Nachfolgerin im Verteidigungsministerium sitzen nebeneinander im Schloss Bellevue  – scheinbar guter Laune. Immerhin hatte AKK ihren Parteikollegen Jens Spahn im Rennen um den Ministerposten ausgestochen. Was auf das Bild folgte waren zahlreiche Überschriften a la Anbruch der Ära der Frauen und Errichtung eines Matriarchats.

Von der Vorstellung, dass Feminismus bedeutet, dass Frauen lediglich in Machtpositionen stehen müssen und dadurch die Gleichberechtigung der Geschlechter vollzogen ist, sollte man sich im Jahr 2020 längst verabschiedet haben. Sich einem System anzubiedern, das auf patriarchalen Strukturen basiert, und dessen Vorgaben zu erfüllen, fördert nicht die Gleichstellung aller Geschlechter. Vielmehr hemmt es die Möglichkeit diese Strukturen und die daraus entstehenden Denkmuster zu hinterfragen und abzulegen. 

Mal ganz abgesehen davon, dass die drei CDUlerinnen selber nicht unbedingt für ihre feministischen Adern bekannt sind. Jemand, der geschmacklose Witze über Geschlechter außerhalb der heteronormativen Labels macht, bekennt sich doch recht deutlich zu einer Anti-Haltung gegenüber einer intersektionalen und queeren Bewegung.

Wie mit den Politikerinnen verhält es sich mit Personen, die es für notwendig halten 16 junge Frauen in einem Kampf darum, wer die Schönste, Tollste, Beste ist antreten zu lassen und sie dann auch noch mit Punkten zu bewerten. Wenn Frauen objektiviert werden, wird das nicht dadurch besser, dass das anstatt Männer jetzt Frauen machen.

Feministisch wäre die Misswahlen einfach abzuschaffen. Feministisch wäre Frauen, Menschen eigentlich generell, nicht in Erwartung einer Belohnung in ständige Konkurrenz miteinander zu stellen.