Neuerdings versucht Kleidung sich mit dem Feminismus. Doch geht das zusammen? Es ist vielmehr Zeit für einen echten Paradigmenwechsel in Sachen Mode.

The future is female prangt es mittlerweile in großen, billig gedruckten Lettern auf T-Shirts. Weil Mode nicht nur Ästhetik, sondern auch politischer Ausdruck ist, verwundert es nicht, dass die Mode auch Feminismus für sich entdeckt. Oberflächlich würden sich manche vielleicht über die Sichtbarkeit von Feminismus und das damit verbundene Empowerment freuen. Aber abgesehen davon, dass dieser Kultslogan aus den 70ern mittlerweile ausgedient hat und ich mir einen weniger binären Schlachtruf wünschte, hat diese Art der Darstellung einen weiteren bitteren Nachgeschmack.

Denn: Ein Großteil der Produzent*innen in der Modeindustrie sind immer noch junge Frauen, die unter menschenunwürdigen Bedingungen Kleidung nähen. Wenn ich also T-Shirts auf Amazon mit den Tags Feminist, T-Shirt, Swag für 8,99 € kaufe, ist das ein Schlag ins Gesicht aller südostasiatischen Näherinnen und dazu noch bigott.

Verkaufsschlager Feminismus 

Aber nicht nur die Billigmode entdeckt Feminismus für sich, sondern auch die Haute Couture. Das französische Modelabel Dior brachte 2017 ein weißes Baumwollshirt heraus, auf dem in einfachen schwarzen Buchstaben We should all be feminists steht. Der Satz stammt ursprünglich aus einem TED-Talk der nigerianischen Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie und etablierte sich spätestens seit Beyoncés Song Flawless im popkulturellen Feminismus.

Auch das Dior-Shirt fand mit Nathalie Portman oder Rihanna viele prominente Anhängerinnern. Kostenpunkt? 710 Dollar. Zwar sollte ein Teil der Einnahmen an eine von Rihanna gegründete Stiftung gespendet werden, darüber, wie hoch der Anteil ist, gibt Dior aber keine Auskunft. So oder so, massentauglicher Feminismus geht anders.

Ähnlich kritisch verhält es sich mit Textilriesen wie H&M, Asos oder auch Monki. Natürlich ist es großartig, dass das H&M-Subunternehmen Monki Menstruationstassen verkauft und sich anscheinend zum Ziel setzt, die weibliche Periode zu entstigmatisieren, keine Frage. Noch großartiger wäre es allerdings, Produktionsstandards zu überprüfen und verbindliche Labels einzuführen, damit nicht nur privilegierte, sondern auch die Frauen hinter diesen Konsumgütern empowert leben können. Dass stylische Mode, Nachhaltigkeit und Feminismus zusammen funktionieren, machen Modebloggerinnen wie Marie Nasemann von fairknallt oder Anna Kessel von die Konsumentin vor. Beide sind Teil der sogenannten Who made my clothes?-Bewegung, die sich für faire, ökologische und nachhaltige Mode starkmacht.

Der Anfang einer globalen Bewegung 

Die Bewegung gründete sich, als am 24. April 2013 das als Textilfabrik genutzte Rana Plaza-Gebäude in Bangladesch einstürzte. Die Katastrophe riss 1138 Menschen, größtenteils junge Fabrikarbeiterinnen, mit in den Tod. Die hauptsächliche Forderung der Who made my clothes-Initiative: Die Modeindustrie braucht einen Paradigmenwechsel.

Ein hauptsächliches Anliegen ist unter anderem die Sichtbarmachung der Frauen, die sonst niemand sieht. Ihnen ein Gesicht zu geben, den Näherinnen, die unsere Jeans, T-Shirt und Blusen zusammenschneidern. Entstanden ist eine großangelegte Kampagne aus Bildern und Geschichten von Näherinnen und Produzentinnen aus aller Welt. Denn zu fairer Mode gehört eben auch, Konsumentscheidungen zu treffen, die Frauen nicht schaden, sondern sie unterstützen und empowern.

Der Konsum der Zukunft 

Fair Fashion, die nicht nur vordergründig feministische Prints druckt, sondern sich mit den Produzentinnen solidarisiert, sollte Standard und nicht Ausnahme sein. Denn Alternativen lassen sich mittlerweile gut finden: Neben unzähligen Second Hand Läden oder Flohmärkten etablieren sich auch langsam Fair Fashion Labels in unseren Kiezen und Instagram-Accounts. Angefangen bei den fairen Veja-Sneakern über mittlerweile große Shops wie Armedangels bis hin zum neugegründeten Berliner Label Silfir.

Dort werden ausschließlich nachhaltige Materialien verwendet, Produktionsstandards überprüft oder sogar eine kostenlose Reparatur der Kleidung angeboten. Mode kann eben auch ohne Ausbeutung der Näherinnen oder kapitalistischen Super-GAU (wir erinnern uns an das 710-Dollar-teure Dior-Shirt) funktionieren.

Zu einer wirklich feministischen Fashion Revolution gehört also zum Einen, die eigenen Konsumgewohnheiten stärker zu hinterfragen, aber zum Anderen auch das, was wir bereits besitzen, stärker wert- und auszuschöpfen. Anstatt neu zu kaufen, könnte Altes repariert werden. Oder zumindest nur das gekauft werden, was wir wirklich brauchen und nicht das, was gerade billig verfügbar ist. Fast Fashion ist kein zukunftsfähiges Modell – nicht für die Umwelt und erst recht nicht für die Produzentinnen. Feminismus ist eben mehr als eine Botschaft auf einem Kleidungsstück.