Frauen schreiben Bücher, genauso wie Männer es tun. Trotzdem gewinnen sie seltener Buchpreise und scheinen oft nur ganz bestimme Genres zu bedienen. Wie Sexismus auf dem Buchmarkt konstant Erfolg hat und warum wir öfter die Ordnung in Buchläden zerstören sollten
Man findet sie in jedem beliebigen Buchladen und mit den immergleichen pastelligen Covern und geschwungenen Schriftarten darauf: „Frauenromane“. Oft gibt es ganze Tischgruppen, die nur diesem Genre gewidmet sind. Aber wozu ist diese Geschlechterteilung der deutschen Romane eigentlich gut? Und schadet sie Frauen nicht eigentlich viel mehr, als sie zu unterstützen?
Ganz grob zusammengefasst ist „Frauenliteratur“ Literatur von Frauen über Frauen für Frauen. Das könnte ja erstmal alles sein. Meistens findet man unter dem Begriff „Frauenroman“ allerdings Liebesgeschichten, Ratgeber oder Erotikromane. Und leider sind viel zu viele weibliche Autorinnen konstant damit beschäftigt, diese immergleichen Themen neu auszuschlachten. Hierfür ein Beispiel:
Der dtv-Verlag stellt in regelmäßigen Vorschau-Heften vor, welche Neuerscheinungen in den nächsten Monaten zu erwarten sind. Diese sind in Genres unterteilt und um nachzusehen was und wie viel Frauen denn nun zu schreiben scheinen, habe ich die Hefte für Neuerscheinungen im März bis August 2018 mit den Themen „Unterhaltung“, „Sachbuch“ und „Literatur“ mal genauer betrachtet.
Die Geschlechterverteilung der Autoren fällt dermaßen schnell ins Auge, dass man eigentlich gar nicht mehr nachzählen muss. Eindeutig zu sehen ist, dass nicht nur die Autor*innen der Sachbücher sehr viel öfter männlich sind (22 von 28), sondern auch in der Rubrik „Literatur“ sehr viel mehr männliche Autoren vertreten sind.
Auch schnell zu bemerken ist, dass Frauen hingegen sehr viel mehr „Unterhaltungsbücher“ schreiben, also Liebesgeschichten, leichte unterhaltsame Storys, Fantasy- oder Erotikromane. Männern widmen sich hingegen scheinbar lieber den Sachbüchern und „echter“ Literatur. Kein Wunder also, dass letztere dann auch eher mit Literaturpreisen ausgezeichnet werden.
So wurde beispielweise der Literatur-Nobelpreis seit der ersten Verleihung an insgesamt 113 Schriftsteller verliehen. Darunter befinden sich 99 Männer und 14 Frauen. Das sind 12,4 Prozent weibliche Schriftstellerinnen.
Auch die deutschen Buchpreise machen da keinen besseren Eindruck. Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels wurde bislang 68 Mal vergeben, davon nur 10 Mal an eine Frau. Dieses Jahr waren beim Preis der Leipziger Buchmesse nur 5 Frauen unter den 16 nominierten Autor*innen. Unter den 20 nominierten Büchern des Deutschen Buchpreises 2017 waren lediglich 7 von Frauen geschrieben.
Trotzdem hat der Deutsche Buchpreis scheinbar die beste Quote: in den 13 Jahren seit der ersten Verleihung gab es 6 weibliche Gewinner, das ist beinahe die Hälfte. Es geht also doch. Frauen scheinen auch in den wichtigen literarischen Genres gut schreiben zu können. Hierbei ist übrigens anzumerken, dass es ganz sicher auch viele Autor*innen von „Frauenliteratur“ gibt, die begabte Schriftsteller*innen sind und dieses Genre ist auch nicht per se zu verurteilen ist. Es ist lediglich problematisch, Liebesgeschichten und diese oftmals leichte Kost als „für Frauen geeignet“ abzustempeln und keine „Männerliteratur“ anzubieten. Denn wer mit diesem Schema aufwächst, der schreibt eventuell später auch selbst lieber Frauenromane als Sachbücher.
So ist es also dämlich, Liebesromane und Co „Frauenromane“ zu nennen und somit davon auszugehen, dass Männer ein solches Buch, ab und zu eine solche friedliche Welt, nicht nötig haben. Männer sollten all den Kitsch lesen dürfen, den sie möchten und Frauen sollten so viele Sachbücher schreiben und lesen können, wie sie nur wollen. Denn könnte man nicht auch leicht anders herum argumentieren, so dass Frauen, wenn sie sonst nur Familie und Frauendinge um sich haben, mit Büchern über Sprachen oder die Antike einen guten intellektuellen Ausgleich schaffen könnten? Eine Vermarktungsstrategie, die man leider nur selten sieht, aber eine schöne Abwechslung wäre.
Doch leider lösen sich die alten Systeme und geschlechtergetrennte Genres nicht von heute auf morgen in Luft auf. Manchmal muss man ein wenig warten, weil man ja nicht einfach alle Frauen zwingen kann, mehr Sachbücher zu lesen und zu schreiben. Gegen persönliche Interessen kann man nichts tun, aber gegen sexistische Vermarktung schon. Und wenn es nur im Kleinen passiert. Wenn ihr im nächsten Buchladen einen Tisch mit der Aufschrift „Frauenromane“ seht, legt doch einfach mal ein Physik-Buch dazu. Oder eins über Sport. Vielleicht eine Bismarck-Biografie.
Und behaltet vor allem im Hinterkopf: Alle Themen sind auch Frauenthemen, genauso wie „Frauenromane“ auch für Männer einfach nur das sein sollten, was sie nun mal sind. Romane.
Illustration: Laura Haselmann