So viele Dinge sind furchtbar an Formaten wie Germanys Next Topmodel und so vieles macht extrem wütend. Aber weil das Leben ohnehin schon voller Dinge ist, über die man sich aufregen könnte, warum dieses Dorn im Fernsehzuschauer-Auge nicht einfach mal ignorieren? Ein Versuch, Dinge hinzunehmen wie sie sind

Genau hier sollte eigentlich ein sehr wütender Text über die neue Staffel Germanys Next Topmodel stehen. Ich wollte mich eigentlich so richtig aufregen.
Über Heidi Klum, die personifizierte Magersucht, die ab jetzt wieder jede Woche durch den Bildschirm stolziert (oder wahrscheinlich eher einfach nur am Ende eines leuchtenden Laufstegs sitzt, denn sind wir mal ehrlich: Laufen, da ist sie drüber hinweg). Über den einen Augenaufschlag zu viel, den sie macht, wenn sie weinende Mädchen zurück nach Wuppertal schickt, wo sie sich für immer etwas besser fühlen werden als der Rest, weil sie einmal dabei gefilmt worden sind, in New York bei einem Casting abgelehnt worden zu sein. Da wird sich dann ne ganze Menge drauf eingebildet. Plötzlich entstehen aus diesen 3 Minuten Fame ganze Instagram- und YouTube-Kanäle, die aus Selbstdarstellung Geld machen.
Aber ist ja okay, denn GNTM hat uns vorher vermittelt, dass man ruhig dumm und belanglos sein kann, solange man 1,80 Meter groß und schön ist. Also schön in den Augen der Leute, die viel Geld damit verdienen, schlanken Menschen mit symmetrischen Gesichtszügen sehr wenig anzuziehen und sie dann zu fotografieren.

GNTM nervt mich. Und so viele andere auch. Wenn man anfängt, davon zu sprechen, kotzen nicht nur die Bulimiker.
Eigentlich wollte ich die erste Folge sehen und dabei ironische Kommentare abgeben und mich überlegen fühlen, wie jedes Jahr. Dann noch einen wütenden Text schreiben und das Gefühl haben, man hätte etwas Gutes für den Feminismus und Frauen und alle generell getan.

Aber dann habe ich den Staffelstart verpasst. Einfach so. Ich habe nicht mitbekommen, dass die Sendung läuft, und es war es mir egal. Das war der Moment, in dem mir bewusstwurde: Die gesamte Sendung und das Konzept und alles, was damit zu tun hat, ist mir schnurzpiepegal. Sie hat mich nie wirklich interessiert und das wird sie auch nie.
Der einzige Spaß an Sendungen wie GNTM ist es doch, sich entweder ernsthaft darüber aufzuregen oder sich die gesamte Staffel ironisch anzuschauen und dann doch mitzufiebern, wer am Ende denn jetzt die offiziell schönste ist. Und sich dann zu schämen, weil man sein Ziel verfehlt hat, sich mal nicht über die Körper Anderer zu definieren. Eine Weile. Also nur bis zur nächsten Staffel.

Eigentlich gehört doch gar nicht GNTM beendet (denn dieses Konzept ist egal und belanglos) sondern, dass Leute es sich anschauen. Ohne Zuschauer sind Fernsehsendungen nichts mehr wert. All die Leute, die Heidi Klum und all den anderen Models auf allen möglichen Social-Media-Kanälen folgen, könnten doch einfach mal anderen, interessanten Leuten folgen. Dann haben ausgehungerten Gestalten da von ProSieben keine Reichweite und keinen Einfluss und der Rest der Welt kein Problem mehr.

Dazu gehört auch ihr alle, die Castingshows nur ironisch gucken und nur um später drüber zu twittern und nur weil „man ja mal selbst sehen muss, worüber sich da alle aufregen“. Hört einfach auf, gebt all dem nicht eure Aufmerksamkeit, seid die klugen Menschen, die ihr wirklich sein könnt, wenn ihr nur wollt.
Würde es sich nicht so viel schöner leben, wenn egale Dinge einem einfach mal egal sein könnten? Wäre die Welt nicht ein so viel besserer Ort, wenn wir uns einfach nicht mehr für blöde Models und das triggern von Magersucht und für Rumgezicke unter schönen Mädchen interessieren würden?

Scheißt doch alle endlich Mal auf die ollen Flopmodels und genießt eurer Leben! Es kann so einfach sein. Und wenn es mal nicht einfach ist: Den Donnerstagabend habt ihr jetzt immerhin frei. Fahrt doch mal nach Wuppertal. Da ist es gerade schön, jetzt wo die belanglosen Nervensägen alle in New York sind.

 

Illustration: Laura Haselmann