Geschrieben von Angelina Reinecke
Museen sind häufig langweilig. Das Ethnologische Museum in Dahlem bildet da leider keine Ausnahme. Die meisten Besucher gehen an den Ausstellungsstücken vorbei, wie man üblicherweise die BZ durchblättert: Man schaut sich die Bilder an, streift die Überschriften und wenn man fertig ist, kann man sich eigentlich an nichts erinnern. Das soll anders werden.
2019 soll das Humboldtforum im rekonstruierten Stadtschloss Berlin eröffnet werden. Es soll eine disziplinübergreifende Agora entstehen, welche Religion, Kunst, Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft verbindet. Einen Vorgeschmack auf den neuen Ansatz, außereuropäische Kunst und Kultur darzustellen, geben auch schon jetzt die Probebühnen des Humboldt Labs im Ethnologischen Museum Dahlem, dessen Sammlung 2019 in das Humboldtforum umziehen soll. Alle vier Projekte der „Probebühne 3“ schaffen auf jeden Fall eines: Sie kommentieren, statt nur zu präsentieren und tun mehr, als den Besucher vor eine indigene Maske zu setzen, die im besten Fall noch mit einer Nummer versehen dem zugehörigen Ritual zugeordnet ist.
Das Projekt „Warum nicht?“ schafft – manchmal vielleicht bewusst etwas plakativ – neue interpretatorische Knotenpunkte, indem Ausstellungsstücke ihrer geografischen Zuordnung entführt und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden, z. B. ein altdeutscher Haussegen „Vertrauen auf Gott in jeder Not“ angebracht an einem polynesischen Männerhaus. Finden sich solche Schutzanrufungen vielleicht auch hier?
In „Fotografien berühren“ von Michael Kraus wird der Besucher in die Rolle eines Ethnologen des 19. Jahrhunderts versetzt: Auf einen Overheadprojektor können Fotografien von indianischen Ureinwohnern aufgelegt werden. Wie nehme ich mein Gegenüber wahr? Subjekt oder Objekt – die alte Falle des Ethnologen.
Mit dem Thema der Archivierung spielt auch der Film „24h Dahlem“ der Künstlerin Clara Jo. Die Kamera folgt dem Taschenlampenlicht des Museumswächters auf seiner letzten Runde vor Schluss, unterlegt mit Tonspuren des Musikers Robert Lippok, der hierfür unter anderem Archivmaterial des Dokumentarfilms „24h Berlin“ benutzte. Die Artefakte der Toten überspielt von den Stimmen der Lebenden – zwei verschiedene Welten, die sich überlappen. Durchaus gelungen.
Am spannendsten ist allerdings Sebastián Mejías Installation „Mensch – Objekt – Jaguar“. Ein indianischer Schamanenhocker aus Brasilien wird hier zum Ansatzpunkt, dem Besucher einen Teil schamanischer Weltsicht begreifbar zu machen. Protagonisten dabei sind der Besucher selbst, der Jaguar und das brasilianische Nabelschwein. Ein Versuch, Perspektivismus erfahrbar zu machen.
Obwohl das Humboldtforum wegen angeblich eurozentristischer Herangehensweise nicht ganz unumstritten ist, kann man sich mit Sicherheit auf viele kreative Ideen in den Ausstellungen freuen, die mehr versprechen als die übliche Nummerierungstaktik.
Ethnologisches Museum
„Humboldt Lab Dahlem Probebühne 3“ („Warum nicht?“, „Fotografien berühren“, „24h Dahlem“, „Mensch – Objekt – Jaguar“)
17. Oktober 2013 bis 30. März 2014