Die Besetzung des Emil-Fischer Hörsaals an der Humboldt Universität wurde vor einiger Zeit friedlich mit einer Vereinbarung zwischen Besetzer*innen und dem Präsidium beendet. Die UnAuf hat mit Lou, einer Pressesprecherin der Besetzung gesprochen – über Erfolg, tatsächliche Möglichkeiten sich als Student*in einzubringen, das Besondere an dieser Protestform und wie es nun weiter geht.

Über den Verlauf der Debatte zwischen Präsidium und Besetzer*innen und die gestellten Forderungen berichtete die UnAuf bereits. Die getroffene Einigung umfasst nun vier Punkte. Den offiziellen Informationen der HU zufolge, solle das Klimaschutzkonzept nunmehr „bei allen relevanten Entscheidungsfindungen der Universitätsleitung einbezogen“ und auf eine größere Verbindlichkeit desselben durch das Präsidium hingewirkt werden. Weiterhin erklärte sich die Universitätsleitung einverstanden, die regulären Öffnungszeiten des Grimm- Zentrums testweise wieder einzuführen, sodass die Türen der Bibliothek wochentags erneut von 9 bis 24 Uhr offenstehen. Dabei wird geprüft, inwiefern dieses Angebot tatsächlich genutzt wird und dementsprechend Anfang Oktober dieses Jahres über eine Fortführung entschieden. Mit Blick auf die Forderung nach mehr studentisch verwalteten Räumen, solle der jetzige Bestand solcher Räume erhalten bleiben, sowie eine „effizientere Nutzung der vorhandenen Räume möglich“ gemacht werden. Nicht zuletzt solle innerhalb dieses akademischen Jahres über die Einführung einer Zivilklausel, also der selbstauferlegten Verpflichtung, Forschung und Lehre ausschließlich für zivile Zwecke zu betreiben, beraten werden. Solch eine Regelung ist an der Technischen Universität Berlin bereits in Kraft. Inwiefern die Zugeständnisse tatsächlich eingehalten werden, bleibt abzuwarten.

„Da ist ein systemischer Fehler, der konsequent überhört wird.“

Lou sieht die Besetzung auch deshalb als Erfolg an, weil in dem Gespräch mit der Präsidentin der HU, Prof. Dr. Julia Blumenthal, viele Student*innen ihre Interessen und Stimmen artikuliert und sich so gegenseitig „empowert“ hätten. In der Diskussion wurde ein „sehr sehr großer Frust der Studierendenschaft deutlich – ein Frust, auf den aber nicht wirklich reagiert wurde“, so die Pressesprecherin. 

Die Besetzung zeigt zweifellos, dass klimapolitische Debatten auch in universitären Kontexten nicht an Aktualität und Relevanz verlieren. Im Vergleich zu früheren Besetzungen, die eine konstante dreistellige Teilnehmer*innenzahl anzogen, fiel die Beteiligung der Studierenden an der Besetzung des Emil-Fischer-Hörsaals mit circa 25-30 Student*innen, die über Nacht blieben, jedoch relativ gering aus. Dass das zu einem großen Teil auch an fehlenden Kapazitäten, nicht an mangelndem Interesse liege, habe die Studierendenschaft in dem Gespräch mit der Präsidentin auch besonders nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, so Lou. „Die Unileitung sagt, wir sollen uns einbringen – es gibt die Möglichkeiten – aber faktisch haben wir sie nicht.“ Die Bedingungen für viele Student*innen und auch Mitarbeiter*innen der Universität seien zu prekär, um dieses politische Engagement aufzubringen, so die Sprecherin weiter. „(…) Das geht einfach nicht – da ist ein systemischer Fehler, der konsequent überhört wird.“

Was diese Form des Protests auszeichnet

Umso wichtiger also, den Protest direkt in den Alltag der Studierenden zu tragen. Gerade die Besetzung eines Hörsaals artikuliere die Forderung nach mehr Raum für ein studentisches Miteinander, erklärt Lou die Wahl der Protestform. Mit der Besetzung des Hörsaals sollte die Möglichkeit geschaffen werden, im Alltag an diesem Protest teilzunehmen. Zudem sei diese Form der Aktion nicht nur „Mittel zum Zweck, sondern schon der Zweck selbst“. Denn es gehe dabei auch um ein anderes Miteinander, um ein gerechteres Zusammenleben, betont Lou. So wurde der Hörsaal in diesem Sinne für zahlreiche Workshops und Diskussionen genutzt. Das Themenspektrum reichte dabei von „Awareness“ über queere und feministische Themen, wie einem Vortrag über Transgender, bis hin zur Beschäftigung mit „Biodiversität“ und der „Klimagerechtigkeitsbewegung“ im weitesten Sinne. Darüber hinaus schaffe diese Form von Protest „einen automatischen Break, es ist ein Stillstand und übt so Druck aus“, erklärt die Pressesprecherin.

Die Besetzer*innen des Emil-Fischer-Hörsaals und das Bündnis „MayWeOccupy“ planen weitere Besetzungen. Dabei wollen sie auch diese Aktionsform, die den Protest als natürlichen Aspekt in den Alltag trägt, wieder legitimieren und normalisieren. Ziel ist es, den Protest auszuweiten und „einen Stein ins Rollen zu bringen“, so Lou abschließend.


Illustration: Luzie Fuhrmann