Am 20. Juli 2023 war es so weit: Der viel beworbene Hollywood-Blockbuster Barbie, in dem Margot Robbie und Ryan Gossling die beiden platinblonden, aufgedrehten Spielzeugpuppen Barbie und Ken verkörpern, kam in die deutschen Kinos. Die Komödie der Regisseurin Greta Gerwig beginnt in der schon aus manchen Kinderzimmern von der Farbe Pink durchdrungenen Barbiewelt. Nachdem diese ins Ungleichgewicht gerät, nehmen Barbie und Ken das Publikum mit in die Realität, um ihre eigene Welt wieder in Ordnung zu bringen.  

 

Eine Welt nach Barbies Regeln 

Ihren Anfang findet die Geschichte im makellosen matriarchalen Barbieland, in dem Barbie und ihre gleichnamigen Freundinnen in Traumvillen hausen. Neben Stereotyp-Barbie gibt es Barbie, die Physikerin, die Pulitzpreisträgerin oder die Richterin. Denn Barbie kann schließlich alles sein. Jeden Morgen winken sich die Barbies in ihren Plastikbetten, aus ihren Plastikvillen fröhlich grinsend zu, jeder Tag verläuft gleich und jeder Tag ist “der best day ever”’. Bis Barbie eines Morgens aufwacht und merkt, dass mit ihr etwas nicht stimmt. 

Barbie hat Plattfüße und läuft Gefahr, Cellulite zu bekommen. Diese Vorfälle werden durch das Unwohlsein ihrer Besitzerin Gloria aus der realen Welt  ausgelöst. Zwischen ihnen besteht eine Art Verbindung. Grund genug für Barbie, sich in die reale Welt aufzumachen und die Perfektion in ihr altes Leben zurückzubringen. Dort bemerkt sie jedoch rasch, dass nicht das Matriarchat, sondern das Patriarchat, inklusive Sexismus, vorherrschend ist und sie entgegen ihrer bisherigen Annahmen weitaus kritischer beäugt, ja gar als Faschistin und Kapitalistin beschimpft wird.

Greta Gerwig hat mit Barbie eine Welt geschaffen, die unserer Gesellschaft einen Spiegel vorhält und unbequeme Wahrheiten zum Vorschein bringt. Wie eine pinke und grelle Utopie erscheint Barbieland, in der die Hauptaufgabe der Kens darin besteht, nett zu lächeln und gut auszusehen, kurz: Den Barbies als Accessoire zu dienen. Wo die Kens wohnen, während die Barbies in ihren Puppenhäusern ohne Wände residieren, bleibt so auch ungeklärt. Der Spieß wird damit umgedreht und nicht die (Plastik)Frau, sondern der (Plastik)Mann ist der Untergeordnete. Dass dies ungerecht ist, fällt auch den Barbies spätestens dann auf, als Stereotyp-Ken das Patriarchat der realen Welt in Barbieland einführt. 

In der realen Welt angelangt wird Barbie eine von uns: Sie entdeckt nie dagewesene Emotionen wie Einsamkeit, Wut und Liebe. Als weibliche Person ist sie nun zudem Vorurteilen und Benachteiligungen ausgesetzt – etwas, was sie zuvor nicht kannte. Durch die neue Zuordnung als Unterdrückte versteht sie aber auch erstmals, wie die Kens sich in Barbieland fühlen müssen und sieht die Ungerechtigkeit eines Systems, in dem eine Gruppe über eine andere dominiert. 

Etwas schade ist, dass die zunächst kritischen Stimmen, mit denen Barbie in der realen Welt konfrontiert wird, im weiteren Verlauf des Films zunehmend verschwinden und weder in eine Charakterentwicklung noch in einen Konflikt eingebunden werden, der zu tieferen Diskussionen führen könnte. So werden zunächst kritische Einstellungen durch schlagfertige Monologe angekündigt, im Anschluss aber nicht wieder aufgegriffen, was diese wiederum entkräftet und ihre Notwendigkeit im Film in Frage stellt. 

Feministisch ist der Barbie Film immer dann, wenn den Zuschauer*innen die Absurdität weiblicher Rollenbilder vorgeführt wird, was in einer Rede der Barbiebesitzerin vor versammelter Barbiefrauschaft gipfelt, in der sie ihnen den Widerspruch der gesellschaftlichen Erwartung an die Frau – unter anderem zugleich perfekt, aber nicht zu perfekt sein zu müssen, vor die Augen führt. Über diese grundlegenden Aussagen feministischer Anhänger*innen vermag der Film jedoch nicht hinaus zu gehen.

 

Feminismus für Anfänger*innen

Greta Gerwig gelingt mit ihrem Film über das Leben der ikonischen Barbiepuppe und der Umkehrung des Patriarchats in ein Matriarchat ein faszinierendes Gedankenexperiment. Der Film bringt keine komplexe “Feminismus-Abhandlung” auf die Leinwand. Vielmehr vermittelt er ein Gefühl des Frauseins, das Zuspruch findet. Das zeigt auch der bereits am ersten Wochenende erreichte Rekord, welcher die meisten Eintritte eines von einer weiblichen Regisseurin gemachten Filmes verzeichnet. Barbie erhält zu guter Letzt etwas, was auch in unserer Gesellschaft lange Zeit kaum Beachtung erhielt – ein weibliches Geschlecht.

Sich den Film Barbie anzuschauen lohnt sich: Sei es, weil man einst selbst eine besaß, ihr noch mit nostalgischen Gefühlen nachhängt oder sie zutiefst verachtet. Denn, so lässt es der Trailer verlauten: Wenn du Barbie liebst, ist dieser Film für dich. Wenn du Barbie hasst, ist dieser Film für dich. 


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