Pastellfarben, Symmetrie und Starbesetzung. Wes Anderson begeistert mit seinem neuen Film „Asteroid City“ ausgewählte Kinosäle – aber auch neue Fans?

Willkommen in Asteroid City, eine Stadt in Nevadas staubtrockener Wüste, die nicht mehr als einen Meteoritenkrater, eine Tankstelle, ein Diner und eine Ferienanlage zu bieten hat. Doch bevor man die Stadt und Wes Anderson unvergleichlichen Stil zu sehen bekommt, muss man ausharren, denn der Film beginnt mit einer Schwarz-Weiß-Sequenz. Der Grund? Asteroid City spielt die gesamte Länge, aufgeteilt in drei Akte, auf drei Handlungsebenen, die anfangs nicht leicht zu verstehen sind.

Wir begleiten Conrad Earp, den Autor des Theaterstücks ‚Asteroid City‘, dabei, wie er Figuren kreiert, begegnen den Inspirationsquellen dieser und sehen, wie er Passagen kürzt oder gänzlich aus dem Stück entfernt. Dabei tauchen die Zuschauer*innen immer wieder in die Szenerie des Theaterstückes ein, indem bei der Aufführung und dem Blick hinter die Kulissen beigewohnt werden kann, die in einer Fernsehsendung live übertragen werden. Die Haupthandlung im markanten Stil Wes Andersons zeigt das gespielte Theaterstück, für die Zuschauer*innen wirkt dies jedoch wie ein Film. Hier taucht man direkt in die rote Wüstenstadt ein, die einmal jährlich mit ein wenig Leben gefüllt wird, wenn die Preiskrönung der „Junior Stargazers Youth Convention“ im namensgebenden Meteoritenkrater stattfindet.

Eine verhängnisvolle Preisverleihung

Dafür reisen mehrere Familien an. Darunter der Kriegsfotograf Augie Steenbeck (gespielt von Jason Schwartzmann) mit seinem Sohn und drei Töchtern, und die berühmte Schauspielerin Midge Campbell (gespielt von Scarlett Johansson) mit ihrer Tochter, die gegenüberliegende Ferienhäuschen des örtlichen Motels beziehen. Schon hier beginnt das Spiel wider die Logik. Denn die kleinen Häuschen bieten kaum Platz für eine einzige Person, geschweige denn für fünf. Während sie in einer Aufnahme kaum größer als 9 Quadratmeter scheinen, sind sie in einer anderen unwirklich in die Länge gezogen.
Doch das soll nicht die einzige Absurdität bleiben. Für die Veranstaltung reisen weitere Gäste an, darunter eine Grundschulklasse, begleitet von einer jungen Lehrerin und drei Mitgliedern einer Cowboy-Band, der General Grif Gibson (gespielt von Jeffrey Wright), eine Astronomin, sowie weitere Preisträger*innen.
Bereits am Abend der Anreise findet die Preisverleihung statt, die von einer Rede des Generals Gibson eröffnet wird. Doch nachdem die Kinder und ihre Erfindungen geehrt wurden — ein Jetpack, ein Laserstrahler und ein Projektor, der die US-Flagge auf den Mond projizieren kann— fliegt ein Ufo über den Krater und vollendet das Moment des Absurden. Ein grünes Alien (gespielt von Jeff Goldblum) kommt auf einer Leiter in die Mitte des Kraters gefahren und stiehlt den dort zwischen Preiskrönung und Audienz platzierten Meteoriten.

Das ruft die US-amerikanische Regierung auf den Plan und die gesamte Stadt wird unter Quarantäne gestellt. General Gibson übernimmt die Führung und reguliert nun strengstens das Leben der Gäste. Neben dem Versuch, für die Grundschüler einen Schulunterricht zu organisieren, dem im Badezimmer eingerichteten Fotolabor, der im gegenüberliegenden Badezimmer Filmskripte lernenden Schauspielerin und den regelmäßigen Pressekonferenzen, kann den Darstellern dabei gefolgt werden, wie sie sich mit ihren tiefgründigsten Problemen befassen und dabei kuriose Beziehungen eingehen.

Ein Film für alle?

Wes Anderson’s Asteroid City ist wohl einer seiner persönlichsten und Stil-markantesten Werke. Die stark beschränkte Farbpalette von gelb, rot, weiß und blau, die in jeder Szene vorzufindende Symmetrie, die Kameraführung von langsamen Zooms in die Welt und die Verwendung von Flat Space Kameras zeigen diese Stiltreue.
Die vielen in die Szenen eingearbeiteten Details verweisen auf andere seiner Werke, wie The French Dispatch (2021) oder Grand Budapest Hotel (2014). Auch markant für Wes Anderson ist neben der Regie, den leicht verpackten schwerwiegenden Themen wie Depression, Trauer und dysfunktionale Familien, die Starbesetzung. Scarlett Johansson, Margot Robbie, Tom Hanks, Steve Carell und viele weitere fallen mit wenig Dialog, kurzer Screentime und flüchtig gewechselten Szenen als erfrischendes Detail auf, die großen Hauptdarsteller der Leinwände Hollywoods werden in Wes Andersons geordnetem Chaos zu Nebendarstellern. Denn der eigentliche Hauptdarsteller ist sein unverwechselbarer Stil. 

Auch wenn es nicht eingefleischten Fans mit diesem Film schwer fallen wird, einen Zugang zu seinen Filmen zu finden, ist es dennoch ein Film, der gesehen werden möchte. Zwar kann es ähnlich wie bei Grand Budapest Hotel Schwierigkeiten bereiten, der Handlung durch die verschiedenen Ebenen hinweg zu folgen und sich an die Kameraführung zu gewöhnen, doch wer Pastellfarben, Symmetrie, komische Details und Starbesetzung liebt, wird auch für ‚Asteroid City‘ einen Platz in seinem*ihrem Herzen finden.


Bild: Universal Pictures Germany