Die defekte Katze – „Perfekt ist scheiße, Maman“
Der Film „Die defekte Katze“ von Regisseurin Susan Gordanshekan aus der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ handelt von Minas und Kians Suche nach dem/ der perfekten Partner*in fürs Leben. Über ihre Familien im Iran werden Sie miteinander verkuppelt. Die äußeren Umstände sprechen dafür, dass es zwischen ihnen klappen sollte. Im Film geht es darum, ob die beiden es auch schaffen, innerlich zueinander zu finden. Mina wird von der Schauspielerin Pegah Ferydoni verkörpert , die in „Türkisch für Anfänger“ Yağmur spielt, eigentlich aber gebürtige Iranerin ist.
Mina und Kian sind beide Ende zwanzig, single und wollen endlich den Partner fürs Leben kennenlernen. Sie lebt im Iran und ist studierte Elektroingenieurin. Er hat iranische Eltern, ist aber in Deutschland aufgewachsen, wo er auch als Arzt arbeitet. Als beide ihre letzten Hoffnungen in Partner-Agenturen und Blind-Dates verlieren, geben sie den elterlichen Kupplungsversuchen nach. Kian fliegt nach Isfahan, um Mina zu heiraten, kurz darauf lebt sie auch schon bei ihm in Deutschland. Die beiden verstehen sich gut, sind höflich miteinander – ein Feuer der Leidenschaft sieht jedoch anders aus. Immer mehr bekommen sie zu spüren, dass sie sich eigentlich kaum kennen. Kann das gut gehen?
Als Mina kurz nach ihrem Einzug ohne Absprache eine Katze mit nach Hause bringt, ist Kian überhaupt nicht begeistert. Optisch erinnert das eigenwillige Tier an eine Kreuzung aus Katze, Wolf und Bär. Die Katze steht repräsentativ für Minas und Kians Beziehung: Perfekt ist sie nach Mainstream-Idealen nämlich sicher nicht. Trotzdem ist sie kuschelig, weich und liebenswert, auch wenn sie in der Wohnung mitunter nichts als Chaos verursacht.
In „Die defekte Katze“ wird sich von der Vorstellung einer perfekten Beziehung verabschiedet. Die Regisseurin Gordanshekan erklärt, dass es in ihrem Film um die Bedeutsamkeit der Loslösung von vorgefestigten Erwartungen aneinander und seitens des sozialen Umfelds geht. Es gelte, sich von Idealbildern zu befreien. Alle Beziehungen, unabhängig davon ob sie nach europäischer oder traditionell iranischer Art entstanden seien, stünden außerdem irgendwann vor ähnlichen Herausforderungen wie Mina und Kian.
In einer Schlüsselszene des Films nähern sich die Eheleute endlich doch an. Ihre Verbindung ist gerade anfänglich so platonisch, dass der/die Zuschauer*in ernsthafte Zweifel hegt, ob überhaupt eine Form von sexueller Anziehung zwischen ihnen entstehen kann. Die beiden sind auf einer Party, als eine Bekannte Mina zum Tanzen auffordert. Die tanzfreudige Iranerin zögert nicht lange und bewegt sich auf geschmeidig orientalische Weise zu hipper europäischer Musik. Man schaut ihr gerne zu. So auch Kian, der nicht verschont bleibt und von ihr schon bald auf die Tanzfläche gezogen wird.
Höhen und Tiefen für das Paar wechseln sich ab. In einer dramatischen Szene entbricht ein heftiger Streit, nachdem Kian Mina einen Tag lang im Schlafzimmer eingeschlossen hat. Am Abend zuvor hatte ein Bekannter von Kian sich an Mina rangemacht, die sich aber nicht darauf einließ. Als Kian die beiden vorfindet, wirkt das allerdings anders auf ihn. Er vertraut Mina nicht und lässt ihr nicht mal eine Chance irgendetwas zu erklären. Kian begreift am selben Tag, dass es ein großer Fehler war Mina einzusperren und sobald er zuhause ist, entschuldigt er sich reuevoll bei ihr. Mina ist nervlich am Ende, wütend und fühlt sich erniedrigt.
Im Gegensatz zu anderen Liebesfilmen, weiß der/die Zuschauer*in von „Die defekte Katze“ nicht innerhalb der ersten drei Minuten, ob das Paar es tatsächlich schafft, eine richtige Beziehung aufzubauen, was spannungstechnisch eindeutig für „Die defekte Katze“ spricht. Wir haben es hier eben nicht mit einer überromantisierten Lovestory zu tun.
Stereotype kommen nicht zu kurz. Einige von ihnen bringen manche Tendenzen in iranischen Kreisen gut auf den Punkt, zum Beispiel die immense Bedeutung von Höflichkeit (das scheinbar unendliche Hin und Her von „Nehmen Sie zuerst“, „Nein, Sie bitte“) und auch neugierige Eltern, die teilweise überengagiert ins Leben ihrer Kinder reinpfuschen.
Derartige Kuppelaktionen, wie bei Mina und Kian, sind dieser Tage im Iran eigentlich relativ unüblich. Es bleibt letzten Endes aber auch offen, wie oft sich Mina und Kian vor der Hochzeit tatsächlich getroffen haben. Dass im Iran tendenziell schneller geheiratet wird, als in Europa, stimmt. Für die jungen Menschen ist es angesichts der Moralpolizei und ihrer Kontrollen anstrengender, unverheiratet Dates zu haben. Es geht natürlich, aber man muss vorsichtig sein.
Ist „Die perfekte Katze“ sehenswert? Auf jeden Fall. Neben vielen gelungenen Szenen sind auch einige Momente mit dabei, die für Lacher sorgen.
Foto: Wikimedia Commons, Jessica Weiller; Lizenz: CC0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bear_unsplash.jpg#/media/File:Bear_unsplash.jpg