Ich bin einer der Menschen, die einen definitiven Lieblingsfilm haben. Oder viel mehr: ich habe ihn nicht, sondern er verfolgt mich. Der Film heißt In ihren Augen. Wenn man sich die Trailer ansieht, denkt man, es ist eine einfache Schnulze oder ein thrillerartiger Krimi. Trailer haben es nur an sich, dass sie bei schlechten Filmen schon den ganzen Film vorweg nehmen. Aber bei guten Filmen können sie nicht mal im Ansatz fassen, was man später im Kino sieht. Hier war es noch ein bisschen anders: Nicht nur der Trailer konnte nicht fassen, was ich später sah. Ich selbst konnte es nicht fassen.

Die Geschichte kennt man eigentlich aus vielen Krimis. Ein alter Kommissar erzählt von dem einen Fall, den er sein Leben lang nicht vollständig lösen konnte: Einige Jahre vor der Militärdiktatur in Argentinien ermordet ein Mann seine Jugendliebe. Der Fall wird abgeschlossen und bricht doch immer wieder auf.

Daher ist der Film auch durchgängig kurz davor zu enden, um dann immer wieder neu anzufangen und am Ende eine entscheidende Wendung zu nehmen. Diese Wendung kann ich mir bis heute ins Gedächtnis rufen, wie keine andere Filmszene. Genau sie verfolgt mich. Ich kann die Gesichtszüge der Personen sehen, wenn ich die Augen schließe. Ich kann genau nachsprechen, was sie sagen. (Das könnte allerdings auch daran liegen, dass im gesamten Film nur wenig gesprochen wird.)

Als ich damals, das war vor fünf Jahren, aus dem Kino gegangen bin, habe ich in den nächsten Wochen keinen Tag verbracht, an dem ich nicht an diese Szene zurückdenken musste. Mein jugendlicher Idealismus war gebrochen worden. Ich musste das erste Mal einsehen, dass man manche Fragen nicht eindeutig beantworten kann.

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Text und Foto: Maximilian Lother