In Berlin leben Menschen mit diversen familiären Hintergründen – ein Schock für manche. Heute sprießen neue Projekte aus dem Boden, die Migrantisches Leben in Berlin feiern, einordnen, erklären und bekannt machen. Darunter auch der Podcast „Berlin.Ost.Migrantisch“.

Brandaktuell, läuft er erst seit Ende Juni 2023. Die zwei Sprecher, Dr. Özgür Özvatan und Dr. Daniel Kubiak, erzählen „migrantische Geschichten“ aus Berlin, so erklärten sie in der nullten Folge, „Prelude“. Özvatan ist Doktor der Sozialwissenschaften und lehrt an der Humboldt Universität zu Berlin – ebenso wie Kubiak.

Wie der Name bereits verrät, konzentrieren sich die beiden Sprecher auf Geschichten aus dem (ehemaligen) Osten, auf Berlin, und auf migrantisches Leben. Beide kennen die Themen schon aus ihrer Forschung. Dennoch geht es um sehr persönliche Geschichten. Özvatan und Kubiak wurden beide in Berlin geboren, Kubiak im Westen, Özvatan im Osten. Özvatans Familie kommt aus Prignitz, sein Vater war gar Soldat bei der Nationalen Volksarmee. Kubiaks Familie wanderte aus Bulgarien und der Türkei nach Westdeutschland ein.

Zugleich sind ihre Forschungsschwerpunkte nicht unwichtig für die Gestaltung:  Kubiak bezeichnet sich selbst als „Ostenversteher“, in seiner akademischen Vita gibt er an, zu „postmigrantischen ostdeutschen (Stadt-)gesellschaften“ zu forschen. 2019 promovierte er erfolgreich zum Thema „ostdeutsche Identität“ und „Othering“. Özvatan wiederum forscht vor allem zu Integration und Migration. In manchen Fällen kann eine solche Konstellation schnell allzu wissenschaftlich werden. Wenn Wissenschaftler*innen über ein Thema reden, über das sie forschen, tendieren sie dazu, ab- und auszuschweifen. So aber nicht hier. Der Podcast bleibt persönlich, verliert dabei aber nicht das Niveau. Er ist kein lustiger Comedy-Podcast, in dem der Fokus auf anregenden Geschichten mit Lachpotenzial liegt. Gelacht wird selten, unterhaltsam sind die Gespräche dennoch.

Darin erzählen sie davon, wie sie in Berlin aufwuchsen, „anfangs in einer geteilten Stadt“, wie Özvatan sagt. Für ihn war Westberlin, obwohl es schnell keine Mauer mehr gab, selbst in seiner Jugend eine andere Welt. Anders ist das für Kubiak, der sofort nach Mauerfall mit Ostdeutschen in Kontakt kam. Die Geschichten der beiden entwickeln sich unterschiedlich, aber am Ende kommen sie an der Universität und in diesem Podcast zusammen. In den neueren Folgen verweisen sie auf größere Themen, diskutieren Rassismus, Bildung und Fußball. Die Perspektiven von Özvatan, der mit seiner Familie auf eine lange DDR-Biographie zurückblicken kann, und Kubiak, dessen Familie nach Westdeutschland kam und dort zurechtkommen musste, machen den Podcast besonders. Der Titel ist damit kein leeres Versprechen. Mit dem gemeinsamen Nenner der Beiden, Berlin, gibt es ein verbindendes Element. Darunter stehen Ost oder West, Migrantisch oder nicht migrantisch. Bislang sind vier Episoden und eine „Prelude“ veröffentlicht – dass mehr folgen, ist nur zu hoffen.

 


Illustration: Céline Bengi Bolkan