In einer rasanten Aktion wurde der Emil-Fischer-Hörsaal der HU Berlin besetzt. Das Bündnis „#mayweoccupy“ fordert mehr Klimagerechtigkeit an der Universität und darüber hinaus. Die Beteiligung blieb allerdings zunächst hinter früheren Besetzungen zurück.

Den Student*innen der HU wurde der Vorgang erst knapp zuvor bekannt gemacht. Am Dienstag hatte der RefRat der verfassten Studierendenschaft der HU Berlin eine Studentische Vollversammlung im selben Hörsaal einberufen. Dies geschah aufgrund eines „geschäftsführenden Plenums“ – so der RefRat – lediglich eine knappe Stunde, bevor die Besetzung des Hörsaals begann (gegen 17:00 Uhr).  Die Gruppe „EndFossil: Occupy“ rief allerdings via Telegram bereits um neun Uhr morgens zur Besetzung der Mensa Nord auf. Nach 16 Uhr zog die Gruppe schließlich in den Emil-Fischer-Hörsaal in der Hessischen Straße 2. 

Ca. 50 Student*innen besetzten daraufhin den Hörsaal am Campus Nord der Universität. Probleme mit der Polizei gab es keine. Das Bündnis verkündete gegen 18:30 Uhr, dass die Polizei abgezogen sei. Bis Mittwochabend werde die Polizei die Student*innen unbehelligt lassen, dann jedoch wird erneut mit dem Universitätspräsidium verhandelt. Die Ankündigung wurde von den versammelten Besetzer*innen (gegen 18:30 Uhr lediglich 30 Personen) bejubelt und beklatscht.

Ganz Europa macht mit…

Die Aktion geht auf das Bündnis „#mayweoccupy“ zurück. Tristan und Rina vom Presseteam erklärten der UnAuf gegenüber, man verstehe sich als „breites, linkes Bündnis“, das für „soziale und Klimagerechtigkeit“ eintrete. Eine linke Ausrichtung der Besetzung war bereits optisch im Hörsaal zu erkennen: Unter anderem hingen dort Banner und Plakate der Antifa, sowie LGBTI+-Fahnen mit u.a. Hammer und Sichel-Symbol darauf.

„#mayweoccupy“ umfasst gut zehn Organisationen wie EndFossil Berlin, Young Struggle, Zora, sowie viele weitere. Letztere setzt sich für die Verbindung des Kampfes gegen den Klimawandel mit der Bekämpfung von Patriarchat und Kapitalismus ein. Auch die Universitätsgruppe von „Genug ist Genug“ (kurz GiG) ist Teil des Protestes. Für GiG ist ebenfalls die Verbindung von Klassenkampf und Klimagerechtigkeit ein wichtiges Anliegen. Fridays For Future, die wohl bekannteste Organisation zur Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels, ist allerdings nicht mit dabei. EndFossil wiederum stellt global ausgerichtete Forderungen, wie Dekolonialisierung und die „Streichung der Schulden der Länder des Globalen Südens“.

Diese Ausrichtung gilt auch für den Protest selbst: bei „#mayweoccupy“ machen Universitäten in ganz Europa mit. So seien, laut Pressemitteilung von EndFossil, Besetzungen in Tschechien, Großbritannien, Spanien und Portugal im Gange. In Portugal habe es, so Rina, gar 17 Besetzungen an Universitäten gegeben.

…und mittendrin die HU

An der Humboldt Universität erhebe die Besetzung, so Rina, auch konkrete, auf die Universität bezogene Forderungen. So werde bemängelt, dass die Öffnungszeiten des Grimm-Zentrums (die Bibliothek der Universität) mit Verweis auf Heizkosten verkürzt worden seien. Das, so Rina, übertrage „die Kosten von der Institution auf das Individuum“. Gemeint sind dabei Heiz- und Energiekosten im Allgemeinen. Daher fordert „#mayweoccupy“ die Verlängerung der Öffnungszeiten an der Bibliothek.

Für Student*innen im Allgemeinen hat das Bündnis auch Verbesserungen im Sinn: So sollen die BAföG-Sätze angehoben werden, um insbesondere Student*innen aus finanziell schwachen Hintergründen das Leben und Studieren zu erleichtern. Laut einer Rundmail des Referats für Öffentlichkeitsarbeit erhalten nur 11 Prozent der Student*innen BAföG und fast 40 Prozent sind armutsgefährdet. 

Warum aber muss gerade ein Hörsaal an einer Universität besetzt werden? Die Universität sei „ein Raum unseres Alltages“, und eigne sich deswegen besonders für den Protest, so Rina. Durch solche Aktionen könne sie zum „Bildungsraum für soziale und Klimagerechtigkeit“ umgewandelt werden. Der Hörsaal werde damit zum „Bildungsraum für Morgen“.

Offenes Ende

Wie es mit der Besetzung allerdings weitergeht, ist (Stand: 02.05.2023) noch unklar. Es sei „schwer zu sagen“, wie die Verhandlungen mit dem Präsidium der Universität laufen würden. Die Besetzer*innen seien „sehr offen“ für den weiteren Verlauf der Aktion, erklären Rina und Tristan. Das HU-Präsidium ließ am späten Abend bekanntgeben, man dulde die Besetzung des Hörsaals „zunächst für 24 Stunden“. Erneut verhandelt werde dann, wie bereits von dem Bündnis erklärt, am Mittwoch. 

Die Beteiligung an der Besetzung vonseiten der Student*innen blieb allerdings bis Dienstagabend eher „fluktuativ“, bei einer früheren Besetzung seien bis zu 300 Student*innen anwesend gewesen. Bislang fanden sich im Hörsaal lediglich ca. 30-70 Personen.

Eine Studentin, die sich an der Besetzung spontan beteiligte, gab der UnAuf gegenüber an, erst durch „inoffizielle Kanäle“ von der Aktion erfahren zu haben. Sie hoffe allerdings, dass das Thema Klimagerechtigkeit „mehr in die Öffentlichkeit gerät“. 


Foto: Rubén Vique/flickr