Ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit, hab eigentlich zu spät angefangen und keine Ahnung, wie genau das funktioniert. Damit es euch nicht irgendwann genauso geht, teile ich in dieser Kolumne meine Erfahrungen.

Vor zwei Wochen war meine größte Sorge noch, ob mein Bachelorarbeitsthema bewilligt wird. Nun, das hat sich dramatisch geändert. Heute will ich euch davon berichten, wie gut das Gespräch mit meiner Dozentin lief und wie ich es vielleicht geschafft habe, nach vier Jahren mein ganzes Studium zu vermasseln – mir aber auf jeden Fall sehr viel unnötigen Stress eingebrockt habe.

Ich saß also im Büro meiner Dozentin und erzählte ihr von meiner Idee, über die Frage zu schreiben, ob Fake News zensiert werden sollten. Das Thema gefiel ihr auf Anhieb, da es an sich spannend sei und den Vorteil habe, dass jede Antwort auf diese Frage interessant wäre. Ich bräuchte also nicht befürchten, zu einem trivialen Ergebnis zu gelangen.

Allerdings gab sie mir auch den Tipp, meine Fragestellung enger zu fassen, sodass ich mich nicht im endlosen Meer der Möglichkeiten verlieren würde. Immerhin betrifft das Thema einen breiten Fächer an Forschungsfeldern. Da sich ein Großteil meiner Ideen mit Meinungsfreiheit auseinandersetzte, kamen wir schnell zu meiner endgültigen These: “Gefährdet die Zensur von Fake News die Meinungsfreiheit?” Glücklich verließ ich ihr Büro. Mein Abschluss erschien mir zum Greifen nahe.

Am nächsten Tag habe ich meine vermeintlich letzte Klausur geschrieben. Ich habe in meinem Studium oft Klausuren erst zum Zweittermin geschrieben, um in Ruhe lernen zu können – und ehrlicherweise auch, weil ich es ein bisschen vor mir hergeschoben habe. Da ich bisher noch in keiner Klausur durchgefallen bin, ist mir dieser Ansatz nie auf die Füße gefallen.

Meine letzte Klausur war in meinem Zweitfach BWL und nachdem ich sie geschrieben hatte, fiel mir ein, was eine Kommilitonin vor zwei Jahre mal erzählt hatte: Der Professor sei super nett, aber seine Klausuren wären die schwersten an der Fakultät. Wäre mir das mal früher eingefallen!

In meiner grenzenlosen Unbeschwertheit hatte ich mich bereits exmatrikuliert, bevor ich alle notwendigen ECTS-Punkte sicher in der Tasche hatte. Ich wusste ja, dass ich nur noch die Klausur und meine Bachelorarbeit schreiben und mir meine Mitarbeit bei couchFM anrechnen lassen musste. Ich musste keine Kurse mehr besuchen, warum also nochmal 315,64 Euro an Semestergebühren zahlen?

Hochmut und so…

Die Lücke in meinem grandiosen Plan fiel mir erst auf, als ich über meiner “letzten” Klausur brütete. Sämtliche Aufgaben hatte einen fiesen Twist, erforderten Annahmen und hatten einen Haufen versteckter Informationen, die ich mir erst erarbeiten musste – auch dafür musste ich erst um drei Ecken denken. Und wollte ich die komplette Klausur in der gegebenen Zeit schaffen, hatte ich eigentlich keine Zeit zum Nachdenken. Würde ich nicht seit Jahren meditieren, wäre ich vermutlich einfach in Panik ausgebrochen und hätte einfach aufgegeben – oder wäre gleich aus dem Fenster gesprungen. Ungefähr ein Drittel der Schreibenden hat das getan; also aufgegeben.

Ich hab’ die Klausur beendet: Was blieb mir auch anderes übrig? Jetzt bin ich mir nicht sicher, ob ich bestanden habe oder nicht. Sollte ich durchgefallen sein, würde sich mein Abschluss mindestens um ein Jahr verzögern. Aber ich hätte immerhin noch eine Chance. Wie ich im Prüfungsbüro erfahren habe, gestattet es mir das Prüfungsrecht, die Klausur im nächsten Jahr zu wiederholen. Auch wenn ich bereits exmatrikuliert bin.

Mein anderes und größeres Problem ist, dass auch meine Anrechnung für meine Mitarbeit beim Campusradio couchFM nicht so sicher ist, wie ich es gehofft hatte. Ich habe mir bereits zehn Punkte für ein Praktikum anrechnen lassen. Deshalb habe ich im Vorfeld beim Prüfungsbüro nachgefragt, ob ich mir couchFM trotzdem anrechnen lassen kann. Angeblich kein Problem.

Als ich mir die Punkte schließlich anrechnen lassen wollte, kam direkt die Frage auf, ob mir die Anrechnung des “Praktikums” schon bewilligt wurde. Darüber habe ich mich natürlich besonders gefreut, denn plötzlich stand die Möglichkeit im Raum, dass ich nicht auf meine 180 ECTS-Punkte kommen könnte. Ein Umstand, der mir umso mehr Freude bereitete, da ich ja bereits exmatrikuliert war und mir keine Möglichkeit bekannt war, noch Punkte zu erwerben.

Ich bin also direkt hin, habe die Situation erklären wollen und erfahren, dass die Anrechnung klappen sollte. Aber was, wenn nicht, könnte ich mich rematrilkulieren? Die Antwort: Schwierig!

Vergangene Woche Dienstag sollte die Anrechnung fertig sein, am Mittwoch habe ich dann eine Mail erhalten, dass meine Unterlagen bei der Anrechnungsstelle liegen würden. Heute ist Sonntag und ich warte immer noch. Warte darauf und frage mich, ob ich es vielleicht noch geschafft habe, vier Jahre Studium in den Sand zu setzen.

Mein fünfter Tipp: Überlegt euch genau, was ihr riskiert! Und exmatrikuliert euch erst, wenn ihr euren Abschluss sicher habt. Das erspart euch ‘ne Menge schlaflose Nächte.


Illustration: Klara Heller