Ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit, hab eigentlich zu spät angefangen und keine Ahnung, wie genau das funktioniert. Damit es euch nicht irgendwann genauso geht, teile ich in dieser Kolumne meine Erfahrungen.
In den letzten zwei Wochen hat sich viel getan: Ich habe einen entscheidenden Sieg erzielt, gleich darauf eine herbe Niederlage erfahren und mich dann entschieden, das komplette Spiel zu verlängern. Wenn ihr euch nun in guter Berliner Manier fragt: Wat? Lasst mich erklären.
Der Sieg
Antriebslos und demotiviert habe ich mich eine Zeit lang vor meiner Bachelorarbeit gedrückt. Doch neue Strategien haben mir geholfen, wieder Wind in die Segel zu kriegen. Beispielsweise habe ich mich auf die Freude am Schreiben konzentriert – statt mir ständig selbst zu sagen, wie froh ich sein werde, wenn ich erst fertig bin. Immerhin studiere ich Philosophie aus Leidenschaft und finde mein Bachelorthema wahnsinnig interessant. Mir das immer wieder klar zu machen, hat mir zumindest bescheidene Motivationsschübe geliefert.
Am meisten hat mir aber der Tipp des Schriftstellers Neil Gaiman geholfen. In einem Interview hat er über eine Regel gesprochen, die er befolgt, wann immer er schreibt: Write or Stare. Die Idee ist, sich an einen ruhigen Ort zu setzen und dort entweder zu schreiben oder in die Luft zu starren. Sich zu erlauben, “unproduktiv” in die Luft zu starren, gebe ihm den Freiraum, kreativ zu sein. Außerdem vermeide er dadurch Frust und Unwillen, da er nie das Gefühl habe, schreiben zu müssen.
Um diesem Rat zu folgen und den heimischen Ablenkungen zu entkommen, bin ich in letzter Zeit jeden Morgen (oder Mittag) aus dem Haus gegangen und habe in Cafés und Bibliotheken gearbeitet. Wer in letzter Zeit im Café „Kaffeeserie“ nahe des Grimm-Zentrums war, hat mich dort vielleicht in der Gegend herum starren sehen. Alleine im Café zu sitzen und mich nicht mit Büchern, Podcasts oder Musik abzulenken, hat für mich wunderbar geklappt. Nach ein paar Minuten Stille bekam ich richtig Lust, meine Bachelorarbeit weiter zu schreiben. Mittlerweile habe ich zehn Seiten geschrieben und die Vorarbeit für viele mehr geleistet; ein voller Erfolg.
Die Niederlage
Manche werden sich erinnern, dass ich meine Bachelorarbeit freiwillig innerhalb von sechs Wochen schreiben wollte, um im Januar ein Volontariat anfangen zu können, für das ich mich beworben hatte. Leider habe ich vor wenigen Tagen erfahren, dass ich das Volontariat nicht bekommen habe. Es soll wohl eine knappe Entscheidung gewesen sein, aber mir würde die Erfahrung fehlen – wie mir bereits während des Bewerbungsgesprächs angedeutet wurde. Solltet ihr also über eine Karriere im Journalismus nachdenken, dann kann ich euch nur ans Herz legen, möglichst viele Praktika zu absolvieren. Meine Erfahrung beim Uniradio, beim Unimagazin und als Werkstudent in einer Redaktion haben leider nicht gereicht.
Die Verlängerung
Etwas Gutes bringt die Sache allerdings auch mit sich: Ich habe mich entschieden, mir mehr Zeit für meine Bachelorarbeit zu nehmen. Statt nach sechs Wochen, am 01. Dezember, abzugeben, werde ich die vollen zwölf Wochen Bearbeitungszeit nutzen. Davon wird meine Arbeit sicher profitieren und ich nehme mir selbst ein wenig Druck, aber wirklich nur ein bisschen. Ich will ja nicht wieder damit anfangen, mich vor der Arbeit zu drücken.
Dass ich meine Bachelorarbeit erst später abgebe, heißt aber auch, dass ich diese Kolumne noch ein paar Wochen länger schreibe, sehr zu meinem Vergnügen und hoffentlich auch zu eurem.
Mein siebter Tipp: Wann immer ihr etwas Anstrengendes oder Kreatives macht, erinnert euch an Neil Gaiman und seinen Tipp – Write or Stare.
Bonustipp für den Berufseinstieg: Erfahrung ist alles. Also holt sie euch.
Illustration: Klara Heller