In ihrem Langfilmdebüt Strana Sascha erzählt Julia Trofimova die Geschichte von Sascha und Zhenja. Mit Fingerspitzengefühl nähert sie sich dabei der Frage, was ein Leben eigentlich ausmacht.

„Der Film soll zeigen, dass keine der Entscheidungen, die wir treffen, final ist“, sagt Regisseurin Julia Trofimova nach der Vorstellung von Strana Sascha – Das Land von Sascha. „Das Leben ist nicht einfach so da, es ist eine Aneinanderreihung von Entscheidungen. Das zeigen auch die Figuren von Sascha, Zhenja und Saschas Mutter.“

Sie erzählt vor der Kulisse einer malerischen Küstenstadt im Süden Russlands, von den Fragen des Erwachsenwerdens, vielleicht auch einfach von den Fragen des Menschseins. Im Zentrum ihres Films steht der 17-jährige Sascha, der sich selbst als unnormal beschreibt – weil er gern zeichnet, sich für Mode interessiert und mehr Freundinnen als Freunde hat. Zwischen Fingerskateboarding und Sprayaktionen mit seinem Kumpel Max sehnt er sich nach Antworten zu denen er – wie es scheint – bisher noch nicht einmal die Fragen kennt.

Seine Mutter hat Angst, dass Sascha diese Antworten bei seinem Vater suchen könnte, der die Familie früh verließ. Ebenso wie vor der Vergangenheit fürchtet sie sich auch um die Zukunft ihres Sohnes und drängt ihn deshalb, sich für ein Studium einzuschreiben. Sascha drückt sich vor der Entscheidung und sucht lieber nach einer Arbeit als Graffiti-Artist. Bei seinem ersten Job lernt er die schüchterne Zhenja kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Romanze, die vor allem in ihrer Sensibilität beschrieben wird, als eine Geschichte von zwei jungen Menschen, die sich dabei helfen Ängste zu überwinden und Träume auszuloten. Eher weniger Verständnis dafür haben die Eltern der Beiden, wodurch immer wieder Konflikte entstehen.

Und hier ist leider ein Manko des Films, denn die Konflikte wirken teilweise überspitzt und sind in ihrer Dramatik nicht ganz nachvollziehbar. Oder sie werden über mehrere Szenen aufgebaut, nur um dann in einem kurzen Schlüsselmoment zu münden, der später trotz der anfänglich suggerierten Gewichtung nicht weiter thematisiert wird. Dadurch fehlt es der Handlung teilweise an Tiefgang

Ein Russland fernab gängiger Klischees 

Trotzdem kommt Strana Sascha ganz ohne die grelle Überspitzung des amerikanischen Kinos aus. Und anders als viele russische Filme, ist er nicht von der dafür typischen bleiernen Melancholie gezeichnet. Stattdessen kreiert Trofimova eine von unschuldiger Leichtigkeit getragene Atmosphäre, die sich besonders in den gemeinsamen Momenten von Sascha und Zhenja zeigt. Die Szenen ihres Kennenlernens wirken auch deshalb authentisch, weil Mark Eidelshtein, der den Hauptcharakter verkörpert, sich während der Dreharbeiten nicht immer an das Skript hielt.

Abgesehen von der Liebesgeschichte zeigt der Film aber auch ein Russland, das viel näher ist, als es in den Medien oft erscheint. Darin geht es nicht um Putins außenpolitische Aggressionen, sibirische Eiswüsten oder das systematische Doping einer minderjähriger Sportlerin. Stattdessen überwindet Trofimova diese Unnahbarkeit und zeigt in Strana Sascha Menschen, die genauso gut im Nachbarhaus wohnen könnten. Menschen, die noch nicht erwachsen werden wollen, mit ihren Entscheidungen hadern und begründete wie unbegründete Ängste haben. Und sie zeigt eine große, ungewisse Zukunft, die im Film das Meer symbolisiert, wie Trofimova selbst sagt, und in das Sascha sich nicht traut hineinzuspringen.


Foto: Vega Films