Superheld*innenfilme haben bereits seit Jahren Hochkonjunktur. Zumeist muss die Welt vor irgendeiner großen Bedrohung gerettet werden, was in der Regel in einer riesigen CGI-Schlacht mündet. Da ist es umso erfreulicher, wenn zur Abwechslung ein Experiment gewagt wird. Nachdem Todd Phillips mit dem 2019 erschienenen Joker bereits eher einen Arthouse-Film anstelle einer klassischen Comic-Verfilmung inszeniert hat, ist nun mit The Batman Matt Reeves’ Superheldenversion eines Neo-Noir in den Kinos erschienen.
In Gotham City herrschen Gewalt und Verbrechen. Der Drogenhandel floriert. Die Polizei scheint machtlos. Als auch noch der amtierende Bürgermeister ermordet wird, weiß sich Lieutenant James Gorden nicht anders zu helfen und ruft schließlich Batman zu Hilfe. Am Tatort finden sie einen Brief. Hinterlassen von dem noch unbekannten Täter. Adressiert an Batman. Die Botschaft ist ein Rätsel. Für den Mörder scheint das Ganze offenbar eine Art Spiel zu sein. Doch eines ist definitiv sicher – dieser Mord ist erst der Anfang.
Von hier aus muss das ungleiche Duo zusammen ermitteln, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Dabei folgen sie einer Fährte aus Gier, Machtmissbrauch und Korruption, welche sie bis in die obersten Reihen von Gotham City zu führen scheint. Und bald schon wird dieser Fall auch für Batman zu einer ganz persönlichen Angelegenheit.
Sein Name bedeutet Vergeltung
Regisseur Matt Reeves, der sich unter anderem durch Planet der Affen: Revolution (2014) sowie Planet der Affen: Survival (2017) bereits als Blockbuster-Regisseur hervorgetan hat, hat nun mit The Batman einen düsteren, äußerst schwermütigen und dicht erzählten Superhelden-Neo-Noir inszeniert. Gefühlt 90 Prozent aller Szenen spielen bei Nacht, in den Gassen treiben sich zwielichtige Gestalten herum und es braucht offenbar einen Superhelden, um in Gotham City aufzuräumen.
Dabei erzählt Matt Reeves eine fast schon klassische Kriminalgeschichte, wodurch der Film gewissermaßen zu den Ursprüngen Batmans zurückkehrt. Denn dieser war zwar schon immer in gewisser Weise auch ein Actionheld. Aber gerade zu Beginn seiner „Karriere“ glich er vor allen Dingen eine Art Detektiv. Zudem sehen wir hier einen Batman, der noch nicht allzu lange seiner Berufung nachzugehen scheint. Er ist noch einigermaßen jung und unerfahren, gleichzeitig aber getrieben von Wut und Zorn. Sein Motiv: Vergeltung. Vergeltung für das, was ihm und seiner Familie angetan wurde, als er noch ein kleiner Junge war, Vergeltung für den Mord an seinen Eltern.
Vom Vampir zum Fledermausmann
In das Batman-Kostüm ist nun der britische Schauspieler Robert Pattinson geschlüpft. Zwar wird dieser wohl auf ewig mit seiner Rolle des Edward Cullen aus den Twilight-Filmen in Verbindung gebracht und zuweilen auch belächelt werden. Dass er aber tatsächlich schauspielern kann, hat Pattinson in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, wie beispielsweise in Die versunkene Stadt Z (2016) oder Der Leuchtturm (2019). Dennoch wohnt der Tatsache eine gewisse Ironie inne, dass er einst einen Vampir gespielt hat und nun den Fledermausmann verkörpert.
Leider bekommt er hier nicht allzu viel zu tun. Seine Version des Batman ist relativ wortkarg und wenn er mal eine emotionale Regung zeigt, dann handelt es sich entweder um Trauer oder um Wut. Wirklich viel mehr ist da nicht. Nur wenn es um den Körpereinsatz geht, etwa in Kampf- oder Actionsequenzen, bringt Robert Pattinson durchaus die nötige Präsenz mit und weiß zu überzeugen.
Jede Menge Erzählstoff
Neben dem titelgebenden Helden gibt es aber noch zahlreiche weitere Figuren, die vorzustellen sind. Da wäre einmal der Riddler als rätselhafter Psychokiller und hauptsächlicher Antagonist, wunderbar-alptraumhaft dargestellt von Paul Dano. Zusätzlich gibt es neben dem Pinguin, der von einem unter der Maske und dem Fatsuit kaum wiederzuerkennenden Colin Farrell dargestellt wird, sowie dem Gangsterboss Carmine Falcone, gespielt von John Turturro, noch zwei weitere Gegenspieler. Des Weiteren wären Andy Serkis als Batmans Butler und Ziehvater Alfred Pennyworth und Jeffrey Wright als Lieutenant James Gordon zu nennen, sowie die von Zoë Kravitz gespielte Catwoman.
Bei dieser Aufzählung handelt es sich aber lediglich um die wichtigsten Nebenfiguren. Natürlich bekommen aufgrund der Größe des Ensembles leider nicht alle die nötige Screentime, wodurch es einigen von ihnen etwas an Tiefgang fehlt. Das beste Beispiel hierfür ist Catwoman. Denn diese hilft Batman zwar, verfolgt aber auch ihre eigenen Pläne. Leider wird ihre eigentlich interessante Storyline nicht konsequent genug auserzählt, weshalb das Potential dieser Figur verschenkt wird und Catwoman am Ende dann doch kaum mehr als Batmans Love Interest ist. Insgesamt gibt es viel – vielleicht zu viel – zu erzählen in The Batman. Und dafür nimmt sich Matt Reeves auch gehörig Zeit. Knapp 175 Minuten geht sein Superhelden-Epos. Damit handelt es sich um den bisher längsten Batman-Film. Vom Publikum wird also eine Menge Sitzfleisch abverlangt.
Kein reines Popcorn-Kino
Doch der Film ist nicht nur lang, er zeichnet sich zudem auch durch ein ruhiges Erzähltempo aus. Allerdings ist es gerade diese entschleunigte Erzählweise, welche, untermalt vom passend schleppenden und dröhnenden Soundtrack, The Batman die nötige Schwere verleiht. Die Geschichte wirkt dadurch geerdeter, ja, realistischer.
Das bedeutet jedoch nicht, dass der Film frei von Action wäre. Action gibt es durchaus, wenngleich eher punktuell eingesetzt. Aber die wenigen vorhandenen Actionszenen sind eine wahre Wucht. Die Verwendung von CGI ist kaum zu sehen, alles wirkt wie handgemacht. Während den meisten großen Produktionen der Einsatz von Green Screen und digitalen Effekten anzusehen ist, sind im Gegensatz dazu die Actionszenen hier eine regelrechte Wohltat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass The Batman kein reines Popcorn-Kino geworden ist. Das war aber auch gar nicht die Intention von Regisseur Matt Reeves. Viel eher hat er Action- und Erzählkino miteinander verwoben, wodurch am Ende ein sehenswerter Blockbuster entstanden ist, der mehr ist als einfach „nur“ ein weiterer Superheld*innenfilm von der Stange.
USA 2022 · 2 h 56 min · FSK 12
Regie: Matt Reeves
Drehbuch: Matte Reeves, Peter Craig
Darsteller*innen: Robert Pattinson, Zoë Kravitz, Jeffrey Wright, Colin Farrell, Paul Dano, John Turturro, Andy Serkis u.a.
Foto: Jack Barton