Inflation? Nicht für die Semestertickets der Studierenden Berlins. Stattdessen könnte es ein vergünstigtes Angebot für das Sommersemester 2023 geben – die weitere Zukunft ist allerdings noch ungeklärt. Und auch die Vergangenheit des Semestertickets ist kompliziert. 

Das 9 Euro-Ticket war zwar preiswert, stellte die Universität aber vor eine gewisse Herausforderung. Die Frage: Wie wird das überschüssige, bereits gezahlte Geld an die Studierenden zurücküberwiesen? Seit dem 22. November 2022 können nun Studierende an der Humboldt Universität über das Online-Tool AGNES die Rückerstattung des Semestertickets beantragen. Im Vergleich dazu: an der Technischen Universität in Berlin war die Rückerstattung bereits ab dem 27. September 2022 möglich

Auf die Frage der UnAu hin, aus welchen Gründen sich der Prozess an der HU verzögerte, antwortete die stellvertretende Pressesprecherin der HU, Laura Groschopp: Einerseits hätte der VBB(Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg) die verfasste Studierendenschaft spät informiert. Andererseits sei der Erstattungsvorgang organisatorisch “anspruchsvoll” und der Arbeitsaufwand immens gewesen. Das Referat für Ökologie und Umweltschutz gab darüber hinaus der UnAuf gegenüber an, dass insbesondere die Koordination zwischen den beteiligten Stellen herausfordernd gewesen sei. 

An der HU stellten trotz mehrmaliger Rundmails des Referats für Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld nur 35 Prozent der Studierenden einen Antrag (Stand 05.12.2022). Auf AGNES erscheint die Rückerstattungsfunktion unter dem Reiter ‘Verwaltung’ sogar auf der Startseite. Damit ist jedoch die Situation für das Semesterticket noch nicht geklärt. 

Die spätere Rückerstattung

Aktuell beträgt der Preis für das Semesterticket an der Humboldt-Universität im ABC- Tarifbereich 193,80 Euro. Jedoch besitzen von 38 Hochschulen 12 keinen laufenden Vertrag für die kommenden zwei Semester. Die HU gehörte zu den 26 Hochschulen, die bereits für das kommende Sommersemester und Wintersemester einen Vertrag abgeschlossen hatten. 

Mit der Einführung der Berlin-Tickets für 29 Euro wäre das Studierendenticket weniger attraktiv. Auf ein Semester hochgerechnet beliefe sich der Preis lediglich auf 174 Euro. Das Manko? Das 29 Euro Ticket umfasst den Tarifbereich AB und würde Student*innen, die außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings leben, benachteiligen. Dennoch erachteten die Asten der Berliner Studierenden die neue Möglichkeit als sinnvoll. 

Dadurch wurde eine Debatte angestoßen, das Studierendenticket aufzugeben. Eine Möglichkeit wäre gewesen, Studierenden die Wahl ihres Tarifs freizustellen. 

Universitäten wie der FU oder TU, die keine laufenden Verträge für das Semesterticket zum nächsten Semester hatten, stand dieser Weg offen. Im Sinne eines gemeinsamen Vorgehens der Berliner Hochschulen überlegte daher die Referentin für Ökologie und Umweltschutz bei der letzten StuPa-Sitzung, gemeinsam mit den anderen Hochschulen vorzugehen. 

Eine Alternative?

Am 29. November, in der letzten Sitzung des Studierendenparlamentes der HU, liefen die Verhandlungen noch. Gegenüber der UnAuf erklärte der VBB, die Preise für das Semesterticket würden nach wie vor als “attraktiv angesehen”. Ohne eine genauere Angabe darüber, von welchen Akteur*innen der Zuspruch kommt. Zusätzlich war zu dem Zeitpunkt die Rede davon, dass das Land Berlin die Tickets mit 16,50 Euro bezuschusst (Stand 2. Dezember 2022). 

Am selben Tag informierte die Landesastenkonferenz, das heißt der Zusammenschluss und die zentrale Koordinationsstelle der Berliner Studierendenschaften, in einer Pressemitteilung, die Verhandlungen mit dem Berliner Verkehrsverbund seien gescheitert. Darin wurde außerdem erklärt, es herrsche “Bestürzung” über das “Aus des Semestertickets”. 

Auch am 6. Dezember schrieb das zuständige Referat für Ökologie der UnAuf, dass bislang noch keine “fundierte Aussage über die Weiterführung des Semestertickets” getätigt werden könne. Danach verwies das Referat auf die für den folgenden Abend angesetzte Sitzung der Landesastenkonferenz, bei der auch die Staatssekretärin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung anwesend sein sollte. 

75 mal 37.000

Bei dieser Sitzung scheint es dann zu einem Ergebnis gekommen zu sein. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz teilte am 7. Dezember mit, dass es zu einer “Einigung” in der Frage des Tickets gekommen sei. So werde das Land Berlin das Semesterticket “einmalig” für das kommende Semester mit 75 Euro bezuschussen. Allerdings müsse dies noch durch den Berliner Senat abgesegnet werden. Überdies wird der Vorschlag noch dem RefRat der HU vorgelegt. 

Damit würde der monatliche Preis des Semestertickets auf lediglich 19,80 Euro fallen. Bislang lag der monatliche Preis bei 32,30 Euro. Hochgerechnet auf ein Semester werden Studierende nach diesem Vorschlag für das Sommersemester 2023 118,80 Euro bezahlen müssen. Das kommt gegenüber dem Vorsemester einer Verringerung von ungefähr 39 Prozent gleich. 

Die Senatsverwaltung gab in ihrer Mitteilung darüber hinaus bekannt, dass für das Wintersemester 2023/2024 momentan kein Zuschuss eingeplant wurde. Es werde jedoch eine Lösung im Kontext des geplanten Deutschlandtickets angestrebt.  Die Zukunft des Semestertickets bleibt damit ungeklärt, die Lösung kurzfristig und entscheidende Fragen weiterhin offen. 


Foto: Rubén Vique/flickr