In unserer Rubrik “Was macht eigentlich…” stellen wir regelmäßig eine studentische Initiative der Humboldt Universität vor. In dieser Folge berichten Pascal und Vero von ihrer Arbeit beim Nachhaltigkeitsbüro der HU.

UnAuf: An welchem Punkt hat sich das Nachhaltigkeitsbüro formatiert?

Pascal: Das Nachhaltigkeitsbüro an der HU ist eine studentische Initiative des Studierendenparlaments, uns gibt es seit 2014. Das Anthropozän wirft Fragen auf bezüglich Ressourcenabnutzung und dem CO2-Ausstoß, dieser liegt momentan bei 416 bpm, also doppelt so hoch wie der CO2-Ausstoß vor dem industriellen Zeitalter. Und es ist auch klar, dass diese Transformation fortbestehen wird, doch wie und auf welche Weise? Das sind alles Fragen, die zeigen, wie wichtig es ist, den Nachhaltigkeitsdiskurs und den Diskurs um Ressourcenabnutzung auch an die Uni zu bringen.

UnAuf: Wie sieht eure Nachhaltigkeitsstrategie aus?

Vero: Wir wollen mit unserer Initiative eine nachhaltige ganzheitliche Transformation unserer Universität anstoßen. Das heißt, natürlich wollen wir wach bleiben und erkennen, wo oder was an der Uni verändert werden kann, um nachhaltiger zu werden, aber auch, um zu erkennen, wo die Nachfrage ist. Also Barrieren auflösen, Bildung für nachhaltigeres Denken in der Lehre anstoßen, aber auch das Leben an der Universität als Bewegungs- und Begegnungsraum nachhaltig gestalten. Wir arbeiten zweigleisig, auf der einen Seite nach der Bottom-up-Bewegung, wir versuchen also aus der Studierendenperspektive nach oben zu argumentieren, und gleichzeitig versuchen wir auch von oben herab zu argumentieren. Dafür haben wir eine Kommission gegründet, die “Nachhaltige Universität”.

Pascal: Implementierung ist eines unserer Lieblingsworte, das ganz gut unsere Strategie beschreibt. Es freut uns wahnsinnig, wenn wir sehen, dass Ziele umgesetzt werden. Aus dem Forderungskatalog aus dem Jahr 2016 sind echt viele Punkte schon umgesetzt. Das ist eine tolle Entwicklung, zum Beispiel haben wir jetzt einen Energiemanager, durch dessen Arbeit wir eine grobe Treibhausgasbilanz der Uni haben. Wir stellten auch Forderung einen Klimamanager anzustellen.

Wir sehen zwar, dass Veränderungen stattfinden und dass der Klimaschutz- oder auch der Nachhaltigkeitsaspekt in den universitären Entscheidungen berücksichtigt wird, haben aber auch immer mit der „Humboldtianischen Zeitrechnung“ zu kämpfen. Das heißt, die Uni ist ein gigantischer Apparat, Entscheidungswege sind deshalb lang und langsam. Drei Jahre ist ein Studi grob geschätzt an der Uni, aber drei Jahre sind oft zu kurz für universitäre Entscheidungen, deshalb war es uns auch wichtig, die Kommission “Nachhaltige Universität” paritätisch zu besetzen. Wir wollen den Studis die Möglichkeit geben, so nah an den akademischen Senat Forderungen und Ideen heranzubringen, wie es nur möglich ist.

Wir haben auch ein Format, das sich Visionstreffen nennt. Hier besprechen wir ganz frei unsere Ansichten und suchen nach einem Gleichgewicht zwischen gesellschaftlichen Ansätzen und Maßnahmen, aber auch nach einem multiplikatorischen Ansatz, z.B. Kleidertausch. Die zwei Methoden müssen die Waage halten. Reine Gremienarbeit ist oft undurchschaubar und deshalb wollen wir immer wieder auch Räume für ganz praktisches Arbeiten schaffen.

UnAuf: Was ist das Studium Oecologicum?

Vero: Im Rahmen des Studium Oecologicum findet eine studentisch organisierte Ringvorlesung statt, die dieses Semester unter dem Titel “Zwischen Individuum und System – Wie können wir sozial-ökologischen Wandel in Post Corona möglich machen?” steht. Für die Teilnahme an der Reihe können fünf Leistungspunkte erlangt werden. Während Corona hat sich die Teilnehmer*innenzahl verdoppelt, das freut uns.

Wir wollen auch die methodische Entwicklung fördern, das heißt, wir fragen uns, ob die Lehrformate und Prüfungsformate überhaupt noch zeitgemäß und zukunftsorientiert sind oder ob es Modelle gibt, die uns ein länger anhaltendes und nachhaltigeres Wissen vermitteln können und unsere eigene Kompetenzen stärken. Ich habe das Gefühl, dass an unserer Uni momentan eine Nachhaltigkeitsinitiative unterschätzt wird. An anderen Universitäten, global gesehen, gibt es eine bunte Auswahl an verschiedenen Nachhaltigkeitsinitiativen, man kann sich viel besser austauschen und Wissen zirkuliert viel schneller in einem diversen Diskurs.

Pascal: Wir wollen Menschen für die Nachhaltigkeitsidee und den Diskurs begeistern und als Multiplikator interagieren. Eine unserer neuesten Kampagnen ist #unserBerlHG, wir wollen in politische Interaktion treten und konkret das Berliner Hochschulgesetz umgestalten. Also die Nachhaltigkeitsstrategie hineinbringen. Wir werden von politischen Sprecher*innen gehört und ernst genommen und das ist ein wirklich großer Schritt für uns.

Die andere Kampagne ist die „Mensa-Revolution“, hier hat sich das Studierendenwerk an Fridays for Future gewandt und gefragt, wie sie nachhaltiger werden können, woraus ein toller Austausch entstanden ist. Wir können jetzt konkret den Speiseplan mitgestalten. Wie viel CO2-Ausstoß wird bei der Herstellung der einzelnen Lebensmittel verbraucht, wo werden die Lebensmittel eingekauft, wie sieht es mit der Innen- und Außengestaltung solcher Gebäude aus? Sind sie EMAS-zertifiziert? Jedoch dürfen wir nicht vergessen, dass die Mensa Produkte günstig anbieten muss für Studis, das ist ein Grundanspruch, aber wir können ankurbeln, dass nachhaltiges Essen diskutiert wird oder auch Getränkebrunnen, mehr vegane und vegetarische Lebensmittel.


Dieser Text ist in der UnAufgefordert #257 zum Thema Träume und Zukunft erschienen. Weitere Beiträge aus dem Heft lest ihr hier.

Foto: Heike Zappe | Referat Öffentlichkeitsarbeit HU Berlin.