„What’s My Age Again?“
-Blink 182
Im Song heißt es „no one likes you when you’re twenty-three“. Die Zeile hat mich früher, während ich dazu Luftgitarre spielend in meinem Zimmer herumsprang, verwundert. Was war so schlimm am dreiundzwanzig sein? Ich war damals sechzehn.
Als ich Jahre später abermals an der erwähnten Zeile hängen blieb, war ich vierundzwanzig. Einfach so war ich plötzlich ein Jahr älter, als Blink 182 in ihrem Song. Rückblickend kann ich sagen, dass sie falsch liegen, zumindest aus meiner damaligen Sicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dreiundzwanzig ein richtig gutes Lebensjahr für mich war. Ich hatte bereits erste Hürden genommen und entscheidende Lebensfragen für mich beantwortet.
Blink 182 mochte niemand, wenn man den Lyrics glauben schenken darf und das tue ich ohne jeden Zweifel, weil sie jedem mit ihrem kindischen Verhalten auf die Nerven gingen. Bei mir war es das genaue Gegenteil: Ich fühlte mich mit dreiundzwanzig so richtig erwachsen. Beides definitiv Gründe, warum man jemanden nicht leiden könnte.
Mein Gefühl hielt nicht allzu lange an: Ich fand mich wieder in einer ausgewachsenen Quaterlife-Crisis. Ich stellte alles in Frage. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl mich möglichst schnell für einen Weg entscheiden zu müssen, weil mir die Zeit wegrannte. Plötzlich waren um mich herum alle jünger und hatten trotzdem schon mehr geleistet. Ich hatte getrödelt. Die Ziellosigkeit, die mir jahrelang gefallen hatte, drohte mir plötzlich auf die Füße zu fallen.
Neulich während des Mittagessens fragte mich mein zehnjähriger Bruder, ob ich auch manchmal Angst hätte, wenn ich beim Bäcker etwas bestellen müsste. Ich verneinte. Aber natürlich kenne ich dieses Gefühl. Die Sache ist doch die: Es mag sein, dass ich all das heute machen kann, ohne mich zu fürchten. Aber dafür sind an die Stelle der Telefonate und Bestellungen andere Dinge getreten. Dinge von augenscheinlich größerer Bedeutung oder Dringlichkeit. Lebensfragen, die es wert sind, sich Sorgen zu machen. Was heißt denn schon erwachsen sein?
Unsicherheiten und Alltagsängste sind normal und jeder*r hat sie, immer. Da bin ich mir ganz sicher. Ich glaube nicht daran, dass man ein bestimmtes Alter erreicht und plötzlich weiß wie der Hase läuft. Ich hoffe natürlich schon, dass ich irgendwann ein bisschen klüger sein werde als jetzt.
Vielleicht aber mehr durch Erfahrungswerte und nicht, weil ich eines morgens aufwache und alles perfekt ist. Die Vorstellung, dass das Leben nicht immer wieder neue Herausforderungen bereithalten könnte, die einen in Ratlosigkeit oder Aufregung versetzen, halte ich für sehr naiv.
Wenn dem so wäre, würde das nicht auch vollkommene Stagnation bedeuten, weil man sich niemals in neuen oder ungewohnten Situationen wiederfindet? Wahrscheinlich wäre alles nur halb so wild, wenn man gewisse Selbstzweifel und Ängste einfach akzeptiert und lernt mit ihnen umzugehen. Dazu gehört meines Erachtens nach, einfach darüber zu reden. Dann fällt nämlich schnell auf, dass es allen so geht. Mal mehr, mal weniger, egal wie alt.
Man sollte sich mit Mitte Zwanzig auf jeden Fall noch nicht über das Alter Sorgen machen. Nichtsdestotrotz hatte die Sinnkrise auch ihr Gutes. In meinem Fall habe ich viel gelernt. Ich bin wissbegieriger, klarer in dem was ich will und weiß mich besser abzugrenzen. Allerdings weiß ich dieses Mal, dass sich das alles auch immer wieder ändern kann.
Wie heißt es so schön: Nicht alt zu werden, bedeutet jung zu sterben. Das erscheint mir keine gute Alternative zu sein. Da fürchte ich mich lieber hin und wieder ein bisschen.
What’s my age again?
26.
Illustration: Jens Jeworutzki (Anm. d. Red.)