Für viele gilt: Reisen ist der Inbegriff von Freiheit und Glück. Nie zuvor stand uns die Welt so offen wie heute und doch fällt es zunehmend schwerer, uns zu entscheiden, was wir von ihr sehen wollen – oder sogar müssen. In seinem Buch „Vom Glück zu reisen“ berichtet Philipp Laage von der Suche nach dem Paradies, Selbstfindungstrips und der lauernden Gefahr der Einsamkeit

Für mich als Studenten gehört das Reisen zum Leben wie die Sojamilch zum veganen Chai-Latte. Vorlesungsfreie Zeiten, Praktika – jede Gelegenheit wird von mir genutzt, um in die weite Welt zu ziehen. Ich suche das Abenteuer, meide touristische Ziele und versuche möglichst viel vom wahren Leben zu erfahren. Und auch mir stellen sich die Fragen: Wohin als nächstes? Welches Ziel ist besonders einzigartig? Und wie reise ich am Authentischsten? Ich widme mich also dem Buch „Vom Glück zu reisen“ und hoffe, neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Um sich der Antwort all dieser Fragen zu nähern, analysiert der Reisejournalist und Autor des Buches Philipp Laage die Entwicklung des Tourismus sowie die in uns liegende Sehnsucht, dem Alltag entfliehen zu wollen. Seine Ausführungen werden begleitet von wissenschaftlichen Studien, Verweisen auf literarische Werke und faszinierenden Anekdoten. Dennoch beansprucht Laage mit seinem Buch nicht die Wahrheit über das Reisen für sich, sondern warnt bereits zu Beginn, dass es sich hier um die Erfahrungen und Einsichten eines „wohlhabenden Mitteleuropäers“ handelt.

Seine Reisen führten ihn nach eigenen Angaben in über 70 Länder. Er war auf allen Kontinenten außer der Antarktis und reiste unter Armen wie Reichen. Sowohl im schrottreifen Bus in Senegal, als auch auf einem Kreuzfahrtschiff in der Südsee. Dabei reise er allein mit Freunden oder als Teil von Gruppen. All diese Erfahrungen fließen ein in die fesselnden Geschichten, die seine branchenkritischen  Beschreibungen begleiten.

Mit seinen Beobachtungen zeichnet er ein Bild vom Reisenden. So detailliert, dass es mir schon in den ersten Kapiteln den Boden unter den Füßen wegreißt. Immer wieder fühle ich mich beim Lesen ertappt, als würde man mir einen Spiegel vors Gesicht halten. „Das bist du. Du bist nicht einzigartig und genauso wenig machen dich deine Reisen zu etwas besonderem.“ Anfangs noch etwas bedrückt, fühle ich mich zum Ende des Buches doch befreit und dankbar. Ebenso wie Laage es mit seinen Erlebnisberichten tut, beginne ich meine eigene Haltung zu reflektieren.

Der Schreibstil ist hervorragend. Es ist lange her, dass mich ein Buch durch seine Sprachgewalt derart in den Bann gezogen hat. Was mich dann allerdings stellenweise aus dem Lesefluss riss, war das inkonsequente Übersetzen englischer Zitate. Wann ein englisches Zitat noch einmal auf Deutsch wiederholt wird und wann es für sich stehen kann, scheint fast der schieren Willkür überlassen zu sein. Das mindert die insgesamt positive Leseerfahrung jedoch kaum.

Der Kern des Buches wird schnell klar: Glück liegt nicht in fernen Ländern und auch nicht in intensiven Erlebnissen. Was Laage zu dieser Erkenntnis bewegt, möchte ich dem Buch nicht vorwegnehmen. Reisebegeisterte und solche, die es werden wollen, werden sicherlich Gefallen an diesen Buch finden.

 

Foto: Jakob Owens

Informationen zum Buch:

 

 

Titel: Vom Glück zu reisen
Autor: Philipp Laage
Verlag: Reisedepeschen
Erscheinung: März 2019, Berlin
ISBN: 978-3-96348-004-1
Preis: 19,50€