Wir quälen uns in volle Hörsäle und lernen in der Prüfungsphase zwei Wochen auswendig. Nur, um am Ende alles wieder zu vergessen. Eine kleine Berliner Hochschule denkt weiter
Pascal sitzt vor seinem MacBook. Der 20-jährige Berliner hat den Kopf leicht vorgebeugt. Neben ihm sitzt ein Kommilitone. Pascal dreht den Laptop in seine Richtung. Sie diskutieren kurz miteinander, bevor Pascal etwas eintippt. Ein „Listen up, guys“ ertönt. Die neun Jungs im Raum schauen nach vorne, wo ein Dozent neben einem
Flachbildfernseher steht und die Folie einer Power-Point-Präsentation erklärt.
Was auf den ersten Blick nach einem stinknormalen englischsprachigen Informatik-Seminar klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Teil einer neu gedachten Hochschule. Die CODE University ist eine 2017 gegründete private Fachhochschule, die ein Studium anbieten will, das der Zukunft gerecht wird. Ihre Heimat hat die CODE in einem historischen Bürokomplex in Alt-Treptow gefunden. Das sanierte Backsteingebäude am Görlitzer Park teilt man sich mit StartUps, etablierten Unternehmen wie Google und der Unternehmensberatung McKinsey. Wer die Räumlichkeiten der CODE im vierten Stock betritt, dem wird schnell klar: Hier ist Studieren etwas anderes als an der HU. Vorlesungssäle sucht man hier vergebens. Stattdessen findet man eine große Gemeinschaftsküche mit Tischkicker und Leseecken, ein angrenzendes Bällebad und kleine Seminarräume.
In einem solchen bietet auch Ulrich von Zadow seine Workshops zur Software-Entwicklung an. Der Dozent hat selbst in Berlin, Karlsruhe und Dresden Informatik studiert, war aber nie vom Lehransatz staatlicher Universitäten überzeugt. „Ich selbst war als Student eher selten in den Vorlesungen“, sagt er. „Vierhundert Leute in einem Raum und einer erzählt was vorne. Wir wissen seit langem, dass eine solch passive Informationsaufnahme sehr ineffektiv ist. Dazu kommt, dass gute Lehre an staatlichen Universitäten weit weniger belohnt wird als gute Forschung. Der klassische Professor wird hauptsächlich eingestellt, um zu forschen. Die Lehre fällt hinten über.“
Die CODE verfolgt als Fachhochschule einen anderen Ansatz. Kern der drei angebotenen Studiengänge Software Engineering, Interaction Design und Product Management ist die Projektarbeit. In teils semesterübergreifenden Projekten lernen die 250 Studierenden aus über 40 Nationen praxisorientiert. Dozenten wie Ulrich von Zadow bieten mit Workshops nur Hilfestellung. „Die Dinge verändern sich viel zu schnell, als dass der Lehrbetrieb den Fokus darauf legen sollte, Fakten zu pauken. Wichtiger sind das Verständnis von Konzepten und die Fähigkeit, diese in die Praxis umzusetzen. Wir müssen Studierenden, die heutzutage alles Wissen im Internet finden, nur noch beibringen, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen.“
Genau deshalb studiert auch Pascal hier. In einer kurzen Pause erzählt er: „Schon der stumpfe Frontalunterricht in der Schule hat mich immer genervt. Die fabrikmäßige Abfertigung geht an den staatlichen Universitäten ja nahtlos weiter. Hier ist das anders.“ Die Feedbackrunde, mit der von Zadow seinen Workshop beendet, bestätigt das Bild: Die Studierenden zeigen sich begeistert. Und so hinterlässt ein Nachmittag an der CODE bleibenden Eindruck: Obwohl sie eine Massenuni ist, würde es der HU gut tun, sich zumindest eine Scheibe CODE abzuschneiden.