Kann das Patriarchat ohne Gewalt beendet werden? Nicht bei „The Truth about Helga”. Regisseurin Ivana Sajević inszeniert an der Schaubude Berlin eine Adaption von „Die Leiden des Fürsten Sternenhoch” und wirft mit Helga im Titel den ersten Stein.

Die Bühnenadaption ist inspiriert von Ladislav Klímas Roman „Die Leiden des Fürsten Sternenhoch”. Menschen und Puppen agieren hier so miteinander, dass ein surrealer Eindruck entsteht. Es scheint, als ob die Realität des Menschen sich mit jener der leblosen Objekte mischt.

Totenmaske in der Hand

Alles beginnt mit einer Ballszene. Fürst Sternenhoch ist in eine Frau namens Helga verliebt, um deren Hand er anhält. Doch Helga ist vollkommen unglücklich mit Kind und Ehe. Sie verschwindet eine Weile, aber nach ihrer Rückkehr findet der Fürst heraus, dass sie einen Liebhaber hat. Vor Wut würgt er Helga und hält sie für tot, sie trickst ihren Gatten jedoch anhand geisterhaften Erscheinungen so aus, dass er letztendlich den versuchten Mord gesteht. Das Stück endet mit dem schuldig gesprochenen Fürst Sternenhoch, der eine Totenmaske trägt. All dies setzt die Regisseurin Ivana Sajević in einem gekonnten Zusammenspiel von echten Darsteller*innen und Puppen um.

Zwischen Licht und Schatten

Allerdings begann das Stück, verglichen mit dem weiteren Verlauf, in einer eher monotonen Art und Weise. Die Darsteller*innen klangen gelangweilt und brachten wenig Begeisterung in ihrer Gestik zum Ausdruck. Dies verbesserte sich aber, nachdem die Puppe Helga mit ins Spiel kam, wodurch das Theaterstück auch mehr Dynamik erhielt. Die Darsteller*innen wirkten wie ausgewechselt, sprachen selbstbewusster und eindringlicher. Ebenso bemühten sie sich mehr um körperlichen Ausdruck, welcher auch die Bewegung der Puppen inkludierte. Hervorzuheben ist hier die schauspielerische Leistung von Emilia Giertler, die mit besonderer Vielseitigkeit das Spiel belebte und das ganze Stück mit Humor verzierte. Durch die im Verlauf des Stückes gewonnene Dynamik wurden letztendlich auch die Zuschauer*innengut unterhalten, was sich auch dem Charakter des Stückes zuschreiben lässt. Am besten gelang den Darsteller*innen jedoch das Ende der Aufführung. Geisterhafte Versionen der Helga begannen, sie in einem Monolog zu duplizieren. Bläulicher Lichtschimmer tauchte die Bühne ins Mystische, sodass die ganze Darstellung nachhaltig zum Denken anregte. Als Zuschauer*in werden die Vorgänge, die Helga dazu bewegen, so zu handeln, wie sie es tat, hinterfragt. Die Machtspiele der Männer, die sich immer auf Helga beziehen, werden deutlicher und es sticht hervor, was die Inszenierung damit ausdrücken will. Letztendlich hat Helga es geschafft, das männliche Geschlecht zu besiegen, welches sie fortwährend nur für ihren Körper zu benutzen schien.

In Erinnerung bleibt somit die Aussage des Stückes, dass die Welt nur dann Sonnenlicht erblicken würde, wenn das männliche Geschlecht vollkommen unter der Frau stünde. Vielleicht ist es radikal, doch patriarchale Strukturen zu überdenken ist nie verkehrt. Wer eine Anregung für dieses Gedankenspiel sucht, findet dies definitiv bei The Truth about Helga.


Foto: Elisabeth Holager-Lund