ChatGPT kann dabei behilflich sein, Hausarbeiten zu schreiben und zu programmieren. Es unterstützt uns beim Studium und konfrontiert die Gesellschaft gleichzeitig mit der Frage: Lohnt es sich noch, fertig zu studieren, oder kann die KI bis dahin vollends die Arbeit der Studierenden übernehmen?

Der ChatGPT, ein von OpenAI entwickeltes Sprachmodell, stellt eine neue Art der künstlichen Intelligenz dar, die in der Lage ist, menschenähnliche Gespräche zu führen und Aufgaben zu übernehmen. In der Bildungswelt könnte der ChatGPT in Zukunft das Studieren revolutionieren und zu tiefgreifenden Veränderungen führen.

Einer der größten Vorteile des ChatGPT ist seine Fähigkeit, individuell auf die Bedürfnisse und Fragen der Nutzer*in einzugehen. Im Studium bedeutet dies, dass der ChatGPT als persönlicher Tutor fungieren und Studierenden bei ihren Hausaufgaben, Prüfungsvorbereitungen und sogar beim Verfassen von Seminararbeiten unterstützen kann. Durch seine Fähigkeit, schnell auf Anfragen zu reagieren und komplexe Informationen zu verarbeiten, könnte der ChatGPT auch dazu beitragen, den Leistungsdruck für Studierende zu verringern und ihnen mehr Zeit für andere Aktivitäten zu geben.

Menschenähnliche Antworten auf nahezu alle Fragen

Das klingt zunächst relativ vielversprechend, allerdings muss bedacht werden, dass ChatGPT diesen Text selber geschrieben hat und der menschliche Autor erst jetzt wieder die Feder beziehungsweise die Tastatur übernimmt. Für alle, die sich immer noch fragen, ob ChatGPT einfach nur das nächste Siri oder Alexa ist: Nein, er ist eher mit der Erfindung des Computers vergleichbar. Er könnte für viele Studierende die erste große Erfindung sein, die sie bewusst miterleben und von der sie später erzählen können „Ich war dabei.“. 

Denn die meisten KIs besaßen bislang genauso wenig Intelligenz, wie eine smarte Glühbirne smart war, sondern ähnelten eher komplexen Taschenrechnern. Stattdessen schafft ChatGPT bisher Unmögliches. Flexible, menschenähnliche Antworten auf nahezu alle Anfragen – mit Fehlertoleranz versteht sich – aber,  ehrlich gesagt, haben Menschen die auch.

Egal ob IT oder Sozialwissenschaften, alles wird leichter, aber irgendwie auch überflüssig.

Dabei wird der Chatbot das Leben der Studierenden schon jetzt in zweierlei Hinsicht massiv beeinflussen. Einmal als hilfreicher Unterstützer, so können beispielsweise IT-Studierende ihren Code nach Fehlern überprüfen oder den Code direkt vom Chatbot erstellen lassen. Falls dieser nicht funktioniert, reicht es häufig, ihn darauf hinzuweisen, und er behebt den Fehler. Doch auch Sozialwissenschaftler*innen können Zitate und Quellen für Thesen erfragen oder ganze Aufsätze schreiben lassen. 

Allerdings können wir bis jetzt nur erahnen, wie sehr sich der Chatbot in den nächsten zehn Jahren weiterentwickeln wird und ob er den Großteil unserer Arbeit bis dahin nicht sogar ersetzen kann. Also drastisch zusammengefasst: Unterstützt er uns beim Studium oder macht er unser Studium überflüssig?

Professor*innen erkennen nicht, ob deine Hausarbeit von einer KI geschrieben wurde

Das mag alles vielleicht zunächst nach übertriebener Panikmache und Technikhype klingen, aber Prof. Dr. Robert Lepenies, Hochschulpräsident der Karlshochschule, schreibt auf Twitter: „GPT-3 macht viele Prüfungsformen ab heute undenkbar, da maschinelles Lernen mit GPT-3 Texte erzeugt, die qualitativ in den Sozialwissenschaften nicht unterscheidbar sind von der Arbeit von Studierenden. Gerade für euch getestet – unsere Profs erkennen den Unterschied nicht.“ Selbst politische Reden wurden von GPT schon geschrieben, doch in einem Gebiet bleibt der Mensch bislang ungeschlagen, denn mit Witzen hat der Chatbot noch so seine Probleme. Also wird unsere Generation vielleicht die erste, die ihren Kindern sagt: „Mach etwas Sicheres mit Perspektive, werde Comedian.“ 

Die schlechte Nachricht ist, der Chatbot wird vieles überflüssig machen, doch gerade darin steckt auch eine gute Nachricht: so könnte das Ziel in der Zukunft nicht mehr darin bestehen, möglichst nüchtern, trocken und wissenschaftlich zu schreiben, sondern so, dass es nicht auch eine KI hätte sein können. Und diese Texte würde ich mir ohnehin lieber durchlesen.

Wir sollten sie nicht unterschätzen!

Es gibt wenige Themen, die so viele Fehlprognosen über die Zukunft provoziert haben, wie die technische Entwicklung, insbesondere künstliche Intelligenz. Beim ersten Schachcomputer, der einen Menschen schlagen konnte, dachte die Welt kurz, dass jetzt der Durchbruch geschafft sei, nur um dann von der Realität enttäuscht zu werden. Denn es handelte sich wieder nur um einen sehr komplexen, aber eben auch sehr einseitigen Algorithmus. 

Doch diese Erfahrung sollte uns nicht dazu verleiten, jede neue Entwicklung gleich zu relativieren, denn dabei begehen wir einen schwerwiegenden, wenn auch menschlichen, Denkfehler. Nämlich, dass wir kurzfristige Veränderung überschätzen, während wir langfristige Entwicklung massiv unterschätzen. Ich möchte hier nicht prophezeien, ob die KI am Ende für unser Studium und unsere berufliche Perspektive mehr Positives oder Negatives entfalten wird, sondern ganz einfach, dass sie einen großen Einfluss haben wird, dem wir uns nicht entziehen werden können. Damit erledigt sich die Frage, ob wir die KI positiv werten und deshalb wollen, denn sie ist schon da und jetzt bleibt nur noch die Frage, wie wir mit ihr umgehen. Dafür müssen wir zunächst eines tun: die Veränderung ernst nehmen, die uns bevorsteht!


Foto: Leonard Stephan