Für Momente feinsten Kulturgenusses muss es nicht immer die dramatische Oper sein. Gerade im Sommer, wenn die großen Häuser in die wohlverdiente Theaterpause gehen, schlägt das Stündlein der abseitigen und unbekannten Kulturorte der Stadt. An prominenter Stelle, gleich vis-a-vis zum Bode-Museum, hat der Verein ZweiDrittel das hölzerne Monbijou-Theater aufgerichtet.

Als ich vor fünf Jahren das erste Mal nach Berlin kam, nahm mein Vater mich fast jeden Abend mit ins Monbijou-Theater. Wir sahen Goethes ,,Faust‘‘, Schillers ,,Die Räuber‘‘ und unzählige Improvisationstheater-Galas des ,,Ensembles Theatersport‘‘. Unvergessen bleibt der Reichtum an Kostümen, der Witz, mit dem die Stoffe bearbeitet und inszeniert wurden, die Kreativität und die Liebe zum Detail, mit der sie dieses Theater gepflegt und betrieben haben. An diesem Ort, unter dem Sommerhimmel von Berlin, auf den harten Sitzbänken dieses Holztheaters, ist mir damals klar geworden, dass Berlin die Stadt ist, in der ich eines Tages leben wollte.

Doch als ich im Herbst 2019 endlich nach Berlin kam, war die Sommerspielzeit des geliebten Monbijou-Theaters schon passé. Bis zum vergangenen Spätsommer blieb es sehr ruhig rund um diese magische Ecke des gleichnamigen Parks. Wie oft bin ich hier vorbei flaniert und sah mich mit dem schnöden Asphaltplatz konfrontiert, der so überhaupt nicht an die zauberhaften Abende von einst erinnerte. Einen Gerichtsprozess entschied damals, der angestammte Platz sollte geräumt werden. Beschwerde über Lärmbelästigung und fehlende vertragliche Grundlagen für die anliegende Strandbar (die zum Theater zählt) sorgten für beträchtlichen Ärger. Die BZ titelte: ,,Bühne in Berlin-Mitte. Riesentheater um das Monbijou-Theater!‘‘ Kurzzeitig sah es so aus, als würde sich das Monbijou-Theater in die Reihe der untergegangenen und zur Legende verklärten Kulturstätten der Stadt einreihen müssen.

Nun ist es mit vereinte Kräften gelungen, diesen Ort – ,,gegen großen Widerstand‘‘, wie es heißt – zu erhalten und die Situation zu stabilisieren. Es ist der theater-erfahrene Verein ZweiDrittel, mit seinem ,,Ensemble Theatersport‘‘, der hier nun die Reanimationsversuche einer einstigen Legende wagt. Erklärter Feind – der Baustadtrat Gothe, der im letzten Jahr quasi ,,überlistet‘‘ wurde. Politisch gehetzt von CDU und Linken, sowie vom ehemaligen Monbijou-Theaterdirektor Schulz (der die Holzteile des Theaters öffentlichkeitswirksam im Monbijou-Park präsentierte) und im Wahljahr per se unter Druck, musste Gothe am Ende nachgeben und den Wiederaufbau genehmigen. Umso größer und fast diebisch ist die Freude der Theatermacher*innen, die nun in ihrem geliebten Theater wieder aufspielen.

Und macht sich bemerkbar. Ich besuche einen der vielen Improvisationsabende des Ensembles und während ich die obligatorische Pizza genieße, die zu einem Besuch im Monbijou-Theater einfach dazu gehört, bin ich immer wieder aufs Neue entflammt von Ort und Art des Theaterspiels. Da ist ein Ensemble aus vier Herren, die ganz ohne Musiker, ganz ohne Bühnenbild, aber mit einem Enthusiasmus sondergleichen das nahezu gefüllte Amphitheater zum Brodeln bringen. Auf Zurufe aus dem Publikum bieten sie Situationen dar, die an Komik desmeist nicht zu übertreffen und dabei allesamt (!) frei erfunden, improvisiert sind. ,,Und jetzt als Sci-Fi!‘‘ – ,,Und jetzt als Komödie!‘ – rasante Wechsel zwischen Stilrichtungen und Epochen werden genauso selbstverständlich dargeboten, wie komplizierte Konstellationen. Zwei Zweierteams bilden sich, ein ,,Impro-Battle‘‘ wird ausgerufen. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch und selbst die angereisten Schulklassen, die eingangs eher unmotiviert bei der Sache sind, sind von Szene zu Szene motivierter, begeisterter, angeregter.

Am Ende jauchzt, jubiliert, applaudiert das Publikum und ich erinnere mich wieder daran, warum Schaulustige in Bezug auf das Monbijou-Theater auch immer wieder vom ,,Hexenkessel‘‘ sprachen. Ein Segen für diese Stadt, dass es Kulturorte wie dieses Theater gibt. Also, wie sooft an dieser Stelle: uneingeschränkte Besuchsempfehlung! Am besten ist ein Theaterbesuch im Monbijou-Theater mit einem Spontan-Tanzkurs oder einem Kaltgetränk an der ,,Strandbar Mitte‘‘, die auf der Höhe des Theaters am Spreeufer liegt, zu kombinieren. Außerdem lohnt es sich sehr, den Spielplan zu verfolgen, denn neben den Improvisations-Abenden bieten sie auch noch andere, allesamt spannende Stücke an.


Tickets sind im Netz sowie an der Abendkasse zu erlangen. Das Monbijou-Theater spielt den ganzen Sommer lang.

Foto: cc Lizens