New wavex ist ein neues Format der UnAuf, das sich ganz den Künsten und der Subkultur widmet und highlightet. Unsere Autorin Natalia stellt euch vibrierende, inspirierende und talentierte junge Künstler*innen, Kollektive und andere freie und unabhängige Kunstschaffende vor — die new wave. In dieser Ausgabe spricht sie mit Julius, Lis und Pauline vom Vakuum Magazin.

Das Vakuum Magazin vereint Fragen zu Technik und Spiritualität, aufgeworfen aus diversen Perspektiven und aus unterschiedlichsten Blickwinkeln. Wie gestaltet sich der Alltag eines Cyborgs? Hat Digital Fashion eine Zukunft? Warum gibt es überwiegend weibliche Sexroboter und warum lohnt es sich seine eigene spirituelle und techniknahe Einstellung zu hinterfragen? Antworten and Anstöße finden sich in dem Doppelheft, das am 08.12.21 gelauncht wurde. Julius, Lis und Pauline vom Vakuum Mag Team sprechen hier über ihre Arbeit.

Warum seid ihr auf den Titel Vakuum — ein materieloser Raum — gekommen?

Julius: Als wir unsere Arbeit an dem Magazin Revue passieren ließen, ist uns aufgefallen, dass dieses Projekt mitten in der Corona–Krise entstanden ist und Lis hatte die Beobachtung gemacht, dass sich jeder in einer durch die Pandemie bedingten Isolation befunden hat, einer Art Vakuum.

Lis: In einem Vakuum gefangen zu sein, heißt auch Zeit zu haben, aus sich selbst heraus Ideen zu schöpfen, zu kreieren, diesen zu Raum füllen mit Inspirationen, die dem eigenen Geist entspringen, um so die Beschränkungen von außen zu kompensieren. Kompensieren passt wirklich gut zu der Zeit, in der Inspiration von außen einfach fehlt, und man auf seine eigene Kreativität angewiesen ist.

Wie waren eure Anfänge? Wie seid ihr zusammengekommen?

Julius: Wir kennen uns aus dem Kurs „Modejournalismus und Medienkommunikation“ an der AMD. Der Kurs hat uns zwar zusammengebracht, aber es ist nicht selbstverständlich, dass man mit seinem Uni-Kurs so ein Projekt auf die Beine stellt und als Gruppe intensiv zusammenarbeiten kann. Die meiste Arbeit an dem Heft war Eigeninitiative und ist in unserer Freizeit entstanden.

Welche Arbeit steckt tatsächlich hinter einem solchen DIY-Projekt?

Lis: Wir befinden uns alle in einer journalistischen Ausbildung, d.h. wir alle wissen mittlerweile wie man Texte schreibt und der Prozess beginnt meistens mit einem Research, dann findet man vielleicht Experten, die sich noch besser mit einem Thema auskennen und es kommt zu einem Interview. Ein Heft muss divers aufgebaut sein und es müssen Interviews als auch beispielsweise Streitgespräche stattfinden. Eines wirft beispielsweise die Frage auf, ob christliche Feiertage noch zeitgemäß sind und ein anderes hinterfragt, ob weibliche Sexroboter verboten werden sollen. Eines befasst sich mit Spiritualität und das Andere ist ganz techniknah. Außerdem hat jeder aus der Redaktion einen redaktionellen Beitrag zum Heft geleistet. Es ist ein handwerklicher Mix!

Technik und Spiritualität — Ist es ein Fokus für das erste Heft oder eine Frage die ihr in jeder Ausgabe neu diskutieren wollt?

Julius: Wir haben noch keine konkrete Vorstellung von der nächsten Ausgabe, aber wir haben uns schon darauf geeinigt, dass wir bei dem Konzept eines Wendemagazins bleiben wollen und zwei Themen gegenüberstellen, die gegensätzlich sein können, aber nicht sein müssen. Es sind quasi zwei Hefte in einem, die sich in der Mitte treffen. Diese Dualität gibt es bisher kaum in der Magazinlandschaft und wir fanden das unique und als ein Alleinstellungsmerkmal, das Zukunft hat. Aber auch der künstlerische Aspekt spielt eine große Rolle, Modestrecken zu integrieren, die nicht der klassischen Mode entsprechen und alle behandelten Themen entsprechend zu visualisieren. Diese Seiten wollen wir zusammen führen in einem Heft.

Titelblatt Vakuum_Mag Technik
Cover des vakuum mag zum Thema Technik. Foto: Oskar Ott

Lis: Das Heft kommt mit zwei Covern, eins zu Technik und eins zu Spiritualität. Es lässt sich von beiden Seiten blättern und lesen. Wir haben uns lange mit der Frage beschäftigt, was nun die Mitte dieser beiden Themen sein wird und sind auf den Tod gekommen, und zwar auf eine ganz bestimmte Frage, wie man Menschen nach dem Tod kompostieren kann. Das ist auf der einen Seite ein ganz technischer Prozess, nämlich das Kompostieren des Leichnams, und auf der anderen Seite sehr spirituell. Der Natur wird etwas ehemals Lebendiges zurückgegeben und durch das Kompostieren entsteht wieder etwas Neues.

Julius: Was wir aus unseren Brainstormings gezogen haben, ist, dass spirituelle Awareness und technologischer Fortschritt beides nebeneinander koexistiert, aber in einem Zusammenhang kaum diskutiert wird. Deshalb war schon zu Beginn klar, dass wir beide Themen in unserem Magazin haben wollen und es eine Art Doppelheft werden muss.

Wie wurde über Spiritualität in den Interviews, die ihr geführt habt, gesprochen?

Julius: Oft war die erste Antwort „Nein, ich bin nicht spirituell“ und interessanterweise wurde mehrmals im Laufe des Interviews festgestellt, dass Spiritualität im Alltag doch stattfindet.

Lis: Ich habe auch die Beobachtung gemacht, dass Personen mit einem akademischen oder wissenschaftlichen Background Spiritualität als etwas auffassen, dass sie sich rational nicht erklären können. Wie Musik – es ist ein Medium, das diesen einen Zustand auslösen kann, der zwar etwas spirituelles hat, aber nicht in Worte fassbar ist. Wir haben dazu drei DJs im Heft – Patrick Mason, Dj Gigola und Nene H – , die jeweils den Prozess und die Wirkungsmacht von Musik als eine Form der Spiritualität diskutieren.

Pauline: Patrick Mason hat beispielsweise über den genauen Moment gesprochen, wann sein spirituelles Erwachen stattgefunden hat. Das passierte, als jemand aus seiner Familie verstorben ist. Ab diesem Zeitpunkt hat er angefangen Dinge und das Leben bewusster wahrzunehmen und bewusster zu gestalten. Es war sehr intim und interessant zu sehen, wie unterschiedlich unsere Sprecher:innen Spiritualität für sich definieren.

Cover vakuum mag
Das zweite Cover der ersten Ausgabe vom vakuum mag zum Thema Spiritualität. Foto: Pauline Schey

Julius: Diese drei Dj’s hatten dazu alle einen anderen Zugang. Für Patrick Mason war es ganz klar, dass er spirituell ist, während Nene H erst gesagt hat, dass sie es nicht ist und erst im Verlauf des Interviews herausgefunden hat, dass sie es doch ist. Dj Gigola hatte dagegen eine ganz neutrale Einstellung zu dem Thema.

Warum habt ihr euch dazu entschlossen DJs zu befragen und wie beschreiben sie den spirituellen oder auch technischen Moment in der Musik?

Lis: In der Musik fallen beide Themen ineinander, denn der Prozess des Musikmachens ist ein technischer, aber die Musik an die Menschen zu bringen und die Wirkung zu erfahren — das hat etwas Rituelles und Energetisches.

Julius: Der Austausch mit den DJs oder Musikproduzenten zeigt, dass Musik energetische Schwingungen auslöst, die den Raum füllen und Energien auf ein anderes Level bringen. Das ist der spirituelle Prozess dahinter, beim Clubbing in eine Art Ekstase zu geraten. Wir haben uns Künstler:innen aus der Musikbranche bedacht ausgewählt, weil Clubbing, Subkultur und explizit elektronische Musik zu Berlin gehört und nicht wegzudenken ist.

Wie habt ihr das Thema Technik im Heft abgedeckt?

Julius: Unter anderem haben wir ein Erfahrungsbericht zu dem Thema Cyborg im Heft, in dem unser Redakteur Leon darüber berichtet, wie es ist sich einen Chip einpflanzen zu lassen. Er hat sich mit dem Dasein des Cyborgs auseinandergesetzt, und der Bericht zeigt, wie sich der Alltag verändert.

Lis: Das Streitgespräch über Sexroboter finde ich auch sehr spannend bzw. die Frage, wie Erotik und die Sexbranche technologisch umgesetzt werden können und warum es fast nur weibliche Sexroboter gibt. Dann haben wir ein Interview mit einer digitalen Künstlerin Johanna Jaskowska, im Heft; wir haben kritische Texte zum Überwachungskapitalismus, in denen Medienethiker über die Zukunft der Überwachungsmechanismen reden. Da wird es auch dystopisch. Es werden immer diese zwei Fragen aufgeworfen: Was kann Technik errichten und was kann sie zerstören?

Digital Fashion wird aktuell immer intensiver thematisiert. Ihr habt dazu auch einen Beitrag, richtig?

Lis: Unsere Autorin Antonia hat sich im Selbstexperiment probiert, Digital Fashion bestellt und unter anderem hinterfragt, was es über unsere Gesellschaft aussagt, wenn wir zweidimensionale Mode kaufen, um uns auf Social Media damit zu präsentieren — wer ist überhaupt der Konsument:innenkreis und welche Zukunft hat dieses Modell?

Pauline: Momentan ist der Konsument:innenrahmen noch sehr elitär, aber wir beobachten auch in Social Media Veränderungen. Facebook ist beispielsweise momentan in dem Umwandlungsprozess zu Meta, was ein Raum werden soll, in dem man sich in Zukunft begegnen kann, sich quasi virtuell besuchen kann. Hier ist es wieder spannend zu sehen, ob und wie man Digital Fashion benutzen kann, um seinen Avatar beispielsweise anzuziehen. Das eröffnet wiederum auch einen ganz neuen Markt für Digital Fashion.

Warum habt ihr euch für ein Magazin in Printform entschieden?

Pauline: Wir haben das Gefühl gehabt, dass wir uns an digitalen Informationsquellen übersättigt haben, und uns wurde während der Arbeit deutlich, dass der Besuch eines Magazingeschäftes ein wahrer Luxus ist. Die Hefte gedruckt in den Händen zu halten und sich die visuelle Arbeit genauer anzuschauen, durchzublättern und durchzulesen — was ja auch irgendwo spirituell ist.

Julius: Für uns war es auch eine Challenge gegen den populär gewordenen Ruf „Print ist tot“ anzugehen, und zu zeigen, dass Print weiterhin stattfinden muss! Es ist einfach ein anderes Erlebnis, ein Magazin zu lesen. Der Content hat einen anderen Wert, wenn ein geducktes haptisches Produkt vor dir liegt, und nicht eine digitale Cloud, oder eine andere abstrakte Form — die Wertschätzung ist eine andere. Das waren alles Gründe, warum wir uns letztendlich für Print entschieden haben.

Pauline: Ich glaube das liegt auch daran, dass das Printmedium als solches mehr Sinne anspricht. Im Internet schaut man ein Interface an und scrollt sich durch, während im Print das Fühlen, vielleicht sogar das Riechen eine Rolle spielt, die Geräusche beim Blättern der Seiten — all das ist ein anderes, viel bewussteres Wahrnehmen.

Lis: Gleichzeitig ist es ein Produkt aus der Natur – es ist ein toter Baum. In Zukunft wird es immer schwieriger ein Printmedium herzustellen. Es hat kaum noch Papiermühlen und Papier als Ressource wird immer knapper. Ich hoffe es werden sich hier noch nachhaltigere Konzepte finden.

Wann kommt die erste Ausgabe raus?

Julius: Am 08.12. ist das Launchevent, worauf wir uns sehr freuen! Das Programm wird von vielen tollen Künstler:innen begleitet, unter anderem von Timo Schichtel, der eine Licht-Sound-Installation zum Thema Spiritualität und Technik zeigen wird. Das Label NIA Records ist auch Teil des Programms. Sie werden an dem Abend spielen, deren experimentelle Ambient Sounds passen hervorragend zu unseren Thematiken im Heft auf einer akustischen Ebene.

Pauline: Wir möchten uns nochmals ausdrücklich bei zwei Personen bedanken, die uns bei diesem Projekt tatkräftig zur Seite gestanden haben – das ist einmal Bianca Ruessel, die für alle Fragen rund um PR und Vertrieb für uns da war, und uns tatkräftig unterstützt hat ,und Enver Hadzijaj, der uns beim Layout und der Ideenfindung sehr geholfen hat!


Aufgrund der aktuell pandemischen Lage muss das Release-Event erstmal ausfallen, dennoch: Das Heft ist seit dem 08.12.21 in vielen Magazin-Stores in Berlin erhältlich. Wie es mit dem Projekt weitergehen wird, könnt ihr auf Instagram sehen. Wir gratulieren zur Premiere des ersten Heftes! <3

#newwavex

Foto: FLY:D