Philippe Falardeau’s „My Salinger Year” ist eine Hommage an die Literaturszene und das alte New York. Mit dem Eröffnungsfilm der 70. Berlinale ging niemand ein Wagnis ein. 

1995. Joanna (Margaret Qualley) lässt ihren Freund und ihr Studium in Berkeley hinter sich und zieht kurzerhand nach New York. In dem kleinen Apartment einer Freundin träumt sich davon als Schriftstellerin erfolgreich zu werden. Sie beginnt einen Job als Assistentin der Literaturagentin Margaret (Sigourney Weaver). Zu den Klienten des Verlags gehören literarische Größen wie Scott Fitzgerald, Dylan Thomas, Agatha Christie und J.D. Salinger.

Der Verlag gibt alles, um den eigenwilligen Autor Salinger von der Außenwelt verborgen zu halten. Täglich stapelt sich die Fanpost. Im Film durchbrechen die Leser die vierte Wand und erzählen dem Zuschauer ihre Geschichten. Joannas Aufgabe ist es die Leserbriefe zu beantworten, streng beäugt von ihrer Chefin. Die Beziehung zwischen Joanna und ihrer Mentorin Margaret erinnert zeitweise an Der Teufel trägt Prada. Wenn auch Sigourney Weavers Performance bei weitem nicht Meryl Streep das Wasser reichen kann.

„Welcome on the dark side of the industry” 

Während Joanna immer mehr in ihren Job und die Leserbriefe eintaucht, entfernt sie sich von ihrem neuen Freund Don (Douglas Booth). Dieser ist vollends mit sich selbst und seinem eigenen Roman beschäftigt. Joannas Traum von dem Leben als Schriftstellerin scheint weiter entfernt denn je. Doch ist es ausgerechnet Salinger, der ihr Zuspruch gibt. Wie ein Phantom wandelt er durch den Film, denn zu sehen bekommt der Zuschauer ihn nie.

Joanna in My Salinger Year
Margaret Qualley als Joanna Rakoff in My Salinger Year. © micro_scope

Die Coming-of-Age-Geschichte spielt in einer Zeit, in der die ersten Computer in Haushalte einzogen und bedeutende Veränderungen in der Literaturwelt in Gang setzen. Doch noch durchdringt das Büro das Klackern der Schreibmaschinen. Der neue Computer steht verlassen auf einem Beistelltisch.

„Quiet emotional”

Der Film basiert auf dem Leben von Joanna Rakoff, die 2014 das gleichnamige Buch veröffentlichte. Jedoch fehlt dem Film das gewisse Etwas, das scheint auch der Regisseur zu wissen. „Sie sagen, dass das Buch immer besser ist als der Film. In diesem Fall stimmt das”, sagt Philippe Falardeau in der Pressekonferenz. Schade eigentlich, so schien er darum bemüht sich in seinen Hauptcharakter hineinzuversetzen und ein authentisches Bild einer jungen Frau in New York erzählen zu wollen.

Es ist die Nostalgie, die den Film liebenswert macht. Plötzlich auftretende Traumsequenzen und die oftmals zu neumodischen Kostüme, lassen ihn jedoch unauthentisch wirken. My Salinger Year ist ein unproblematischer, wenn auch vorhersehbarer, Film, der auch das Potenzial hat die breite Masse anzusprechen. Als Eröffnungsfilm der Berlinale hat man sich jedoch größeres gewünscht.

My Salinger Year

Regie/Drehbuch: Philippe Falardeau

Nach der Buchverlage von Joanna Smith Rakoff

Filmlänge: 101min

Produktionsländer: Kanada, Irland

 

 

(Fotos: © micro_scope)