Foto: Hamburgs Lautsprecher

Poetry-Slams haben längst ihren festen Platz in der Kulturszene. Getragen wird sie von Slammern wie Yusuf Rieger. Der 20-Jährige HU-Student steht jedoch noch am Anfang seiner Slam-Karriere.

Wie ich zum Poetry-Slam gekommen bin?“ Yusuf denkt kurz nach und fängt an zu grinsen, „Ich habe für eine Stralsunder Lokalzeitung über die Poetry-Slam-Szene geschrieben.“ Als er zu Recherchezwecken zum ersten Mal im Publikum eines Slams saß, habe es ihn gepackt. „Ich war von der Atmosphäre begeistert, gleichzeitig wünschte ich mir in diesem Moment auf der Bühne zu stehen, anstatt darüber zu schreiben.“

Seit einem halben Jahr studiert er Deutsche Literatur und Kulturwissenschaft und ist in der Berliner Slam-Szene unterwegs. Yusufs Texte kommen beim Publikum gut an: In gerade mal sechs Monaten hat er acht Dichterwettstreite gewonnen, darunter beispielsweise den „Tempel Slam“. Einmal vom Slam-Fieber gepackt, verschlug es ihn in eine der größten Poetry-Slam-Szenen Deutschlands, nach Berlin. Und so verließ er seine Heimatstadt, um sein Talent auszubauen und um zu studieren.

Yusuf schreibt seitdem täglich, wobei er intensiv daran arbeite, eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Anfangs habe er vor allem für die Lacher produziert, aber mit der Zeit und mit der Regelmäßigkeit des Schreibens seinen eigenen Stil gefunden. „Ich merkte, dass ich mehr Tiefe und persönlichere Themen in die Texte einbringen wollte. Quasi Unterhaltung und inneren Ausdruck, im besten Fall sogar einen Appell, zusammenbringen. Natürlich arbeite ich weiterhin mit Lachern, auch um die Stimmung bei ernsteren Themen aufzulockern.“

Inspirieren lässt sich Yusuf von anderen Slammern, wie beispielsweise Nick Pötter und Noah Klaus, die ebenfalls an der HU studieren. Thematisch bezieht er seine Texte aber vor allem aus Alltagsbeobachtungen und Themen, die ihn persönlich beschäftigen. Dabei sei es ihm wichtig, dass der Text nicht in eine Selbstdarstellung ausartet, sondern dass sich sein Publikum mit der Thematik identifizieren kann. Am persönlichen Feedback und dem Applaus des Publikums merkt er, ob das zutrifft. Dass der Erfolg eines Textes am Applaus gemessen wird, empfindet Yusuf deswegen als großen Vorteil.

Bei aller Harmonie und Freundschaft, wie Yusuf es für die Slam-Szene beschreibt; ein Poetry-Slam unterscheidet sich von Open Mics oder Lesebühnen doch dadurch, dass die Teilnehmer gegeneinander antreten. Konkurrenzdenken dürfte den Slammern also ein Begriff sein. Yusuf beharrt jedoch auf Harmonie: „Natürlich hat jeder den Anspruch einen sehr guten Text zu schreiben, aber ich finde, dass der Respekt füreinander viel mehr im Vordergrund steht, als Konkurrenzdenken. Zumindest bei kleineren Slams.“ Bei kommerzielleren, größeren Slams, auf denen die Slampoeten gegen Gage auftreten, sei der Konkurrenzdruck wahrscheinlich höher.

Für die Zukunft kann der HU-Student sich vorstellen, hauptberuflich zu slammen. Dafür würde er eine geringe Bezahlung und häufiges Pendeln zwischen Städten in Kauf nehmen. Vorerst aber hat Yusuf noch einige Projekte neben seinem Studium am Laufen: Mit finanzieller Unterstützung der Zeitschrift Tattva Viveka, erfüllt er sich einen Traum und organisiert selbst einen Poetry-Slam.