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In Berlin-Mitte sind die Mieten hoch und die Wohnungen knapp. Die HU besitzt in der Innenstadt eine Reihe von Gebäuden. Viele davon sind aber so marode, dass die Uni andere Objekte anmieten muss. Ein Investitionspakt des Landes soll das Problem lösen.

1,2 Milliarden Euro. So viel Geld investiert das Land Berlin ab 2017 für die folgenden zehn Jahre in den Hochschulbau. Das Ziel des im vergangenen Juli beschlossenen Investitionspakts: Die maroden Gebäude der Berliner Hochschulen sollen auf den neuesten Stand gebracht, der immense Sanierungsstau endlich abgebaut werden. Für den Präsidenten der Humboldt-Universität (HU), Jan-Hendrik Olbertz, war die Maßnahme ein „tolles Programm“. Doch der Schein trügt.

„Wenn man genau hinschaut, was in den bisherigen Jahren in den Hochschulbau investiert wurde, bedeuten die jährlichen Mittel des Investitionspakts eine Absenkung der Förderung“, sagt Ewald-Joachim Schwalgin. Der Leiter der Technischen Abteilung der HU ist skeptisch. Das Maßnahmenpaket verschaffe zwar Planungssicherheit. Um den Sanierungsstau abzubauen, reiche es aber bei weitem nicht aus.

Der Sanierungsstau bezeichnet die Kosten, die es bräuchte, um alle sanierungsbedürftigen Gebäude neu herzurichten. 2010 bezifferte ein Gutachten den Sanierungsstau allein an der HU auf knapp 450 Millionen Euro. Ein neues Gutachten wird gerade erstellt. Wegen der vielen maroden Häuser muss die HU entsprechend andere Immobilien anmieten. Dafür gibt sie jährlich gut 10 Millionen Euro aus – Geld, das an anderer Stelle dringend gebraucht würde. Die Mietpreisentwicklung in Berlin Mitte, wo zwei Drittel der HU-Gebäude stehen, tut ihr Übriges. Zu den angemieteten Gebäuden zählen beispielsweise das Sprachenzentrum in der Dorotheenstraße 65 oder das Geschichtsinstitut in der Friedrichstraße 191.

Die Mietobjekte aufzugeben ist daher seit Jahren erklärtes Ziel der HU. Allein: Die Erfüllung dieses Ziels liegt nicht in ihrer Macht, zumindest nicht vollständig. Denn die Humboldt-Uni darf nur bis zu Kosten von etwa vier Millionen Euro selber sanieren oder bauen. Alles, was mehr kostet, übernimmt das Land Berlin. Dafür muss die Uni ihre Vorhaben anmelden. Diese stehen dann auf einer Warteliste in Konkurrenz mit allen anderen Wünschen öffentlicher Einrichtungen, wie der neuen Kita oder dem undichten Dach der Polizei.

Von der Feststellung eines Mangels bis zu dessen Behebung durch das Land könne es sieben bis 15 Jahre dauern, sagt Abteilungsleiter Schwalgin. Und bis zum Jahr 2019 seien schon alle möglichen Baumaßnahmen verteilt, nur wenige davon an die HU. Erst danach habe die Uni die Chance, ihren Sanierungsstau effektiv abzubauen.

Für den Leiter der Technischen Abteilung ist die heutige Situation sogar noch dramatischer als in den Jahren zuvor. Damalige Reserven seien jetzt aufgebraucht. Besserung erhofft sich Schwalgin von der neuen Präsidentin Sabine Kunst. Als Ministerin wisse sie, auf wen sie zugehen müsse, um ihre Ziele zu erreichen.

Ein Beispiel für den Gebäudeverfall ist das Institutsgebäude der Agrar- und Gartenwissenschaften in der Invalidenstraße 42. Schwalgin: „Wenn ich da hingehe, kriege ich schlechte Laune.“ Seit der Wende habe sich dort so gut wie nichts getan. In den Bau könne man mindestens 30 Millionen investieren. Warum es bei dem Zustand trotzdem genutzt werde? „Unsere Professoren und Studierenden haben sich daran gewöhnt.“

Immerhin: Ein paar Maßnahmen hat die Berliner Verwaltung bereits bewilligt. So wird die Bausubstanz, also Dinge wie die Fassade, das Dach oder die Außenanlagen, des Hauptgebäudes Unter den Linden 6 für etwa 43 Millionen Euro weiter saniert. Ab 2019 beginnen für mehr als 50 Millionen Euro außerdem die Bauarbeiten in der Invalidenstraße 110, das momentan circa zur Hälfte wegen Brandschutzgefährdung gesperrt ist. Und auf dem Campus Adlershof wird für rund 43 Millionen Euro ein Forschungsbau errichtet.

Schon in diesem Frühjahr weiht die Uni zudem das Rhoda-Erdmann-Haus ein. Das Forschungszentrum steht auf dem Campus Nord. Dadurch können die Biologen aus der angemieteten Chausseestraße 117 ausziehen. Kostenersparnis: Jährlich gut anderthalb Millionen Euro.

Es tut sich also etwas, wenn auch nicht so viel, wie die HU es gerne hätte. Denn so ambitioniert die Investitionspakete der Berliner Verwaltung auch klingen mögen, eine bemerkbare Verbesserung der Studienbedingungen liegt Stand heute noch in weiter Ferne.