Rund 150 Studierende haben am Mittwoch gegen die Unterfinanzierung von Bildung und Lehre demonstriert.

Zunächst sieht es nach einem eher kleinen Grüppchen Studierender aus, das sich an diesem sonnigen 20. Mai im Innenhof der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) versammelt hat. Sie stehen da mit transparenten und Schildern, auf denen Slogans geschrieben stehen wie „Für Solidarität und freie Bildung“ oder „exzellent unterfinanziert seit 1998!“. Auch ein kleiner Lautsprecherwagen, beklebt mit dem Logo des Bildungsstreiks 2014, ist dabei. Die Veranstaltung, die hier ihren Anfang nimmt, ist Teil eines bundesweiten Aktionstages des Bündnisses Bildungsstreik.

Im Zuge der Diskussionen rund um die Fakultätsreform und die prekäre finanzielle Situation an der HU hat sich auch an der HU ein solches Bündnis „für Aktionen gegen Kürzungen in der Lehre, Prekarisierung im Mittelbau und für studentische Mitbestimmung an der HU Berlin“, wie es in ihrer Selbstbeschreibung heißt, gebildet.
Die Gruppe aus Studierenden und an der Universität Beschäftigten hat zu einem „Wake-up Call“ geladen, einem – so bezeichnet es die Gruppe – kreativen Rundgang durch die Uni. An verschiedenen Stellen in der Universität wollen die Studierenden auf die Missstände aufmerksam machen, die es aus ihrer Sicht an der HU und darüber hinaus auch an anderen Universitäten in Deutschland gibt. „Wir wollen mit dieser Aktion auf die Missstände an der Universität hinweisen, vor allem auf die Unterfinanzierung und die daraus resultierenden Mängel in der Lehre“, erklärt auch Zora Neumann vom Bündnis Bildungsstreik an der HU, Mitorganisatorin des Rundgangs.
Als sich die Gruppe in Bewegung setzt, haben sich doch noch einige Studierende angeschlossen. Knapp 150 sind es, die mit Trillerpfeifen und Klatschpappen den Protestzug durch die Universität beginnen. Gemessen an über 30.000 Studierenden sind das zwar nicht viele, trotzdem machen sie mit beachtlicher Lautstärke auf sich aufmerksam.

Bildungsstreik an der HU
Zum Beispiel im Studierenden-Service-Center. Als der Demonstrationszug dort Station macht, berichtet Johanna, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HU, von ihrer Situation und der ihrer Kollegen. Viele der Stellen als Wissenschaftliche Mitarbeiter seien befristet und eigentlich nur als Teilzeitstellen ausgeschrieben. De facto aber arbeiteten viele trotzdem Vollzeit und müssten nebenbei auch noch promovieren. Und dann gebe es ja auch noch die Menschen mit einem Lehrauftrag, fährt sie fort. Diese seien sogar noch schlechter dran, denn sie bekämen für einen ein Semester dauernden Lehrauftrag lediglich zwischen 200 und 600 Euro. „Fragt eure Dozentinnen und Dozentinnen mal danach, was sie verdienen“, schließt Johanna ihren Redebeitrag, „schon alleine um eure Solidarität zu zeigen.“

Die Studierenden ziehen weiter pfeifend, rufend und klatschend durch die Universität. Einige Studierende betrachten den Zug interessiert, manche schließen sich an, andere verlassen im Laufe des Rundgangs die Gruppe. Als der Zug vor dem Senatssaal ankommt, ist das so etwas wie ein Höhepunkt des ganzen Veranstaltung. Die Studierenden wollen wissen, was aus den studentischen Forderungen der Vollversammlung geworden ist. Lauthals rufen sie die bekannte Parole: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut!“
Nach kurzer Zeit kommt HU-Päsident Jan-Hendrik Olbertz heraus und hört sich die Redebeiträge an, die inzwischen schärfer geworden sind. So beklagt Dóra Sagí in ihrem Redebeitrag, dass die Macht innerhalb der Universität nur bei den Professoren liege, nicht aber bei den Studierenden. Zudem sei die Universität nicht gleichermaßen offen für Bewerber aus allen Ländern, das umstrittene Bewerbungsverfahren UniAssist müsse abgeschafft werden. Immer wieder brandet Beifall auf, auch Olbertz klatscht an manchen Stellen mit.
Antonio Leonhardt, ebenfalls im Bündnis Bildungsstreik an der HU aktiv, wendet sich unmittelbar an den HU Präsidenten: „Es ist sicher der Senat, der zu wenig zahlt“, fährt aber fort: „aber egal ob Sie das verursachen oder verwalten, wir sind es leid. Wir sind das Duckmäusertum leid!“ Auch Olbertz will zu Wort kommen, das allerdings lassen die Studierenden nicht zu. „Wir haben bereits diverse Male das Gespräch gesucht. Heute war jedoch die falsche Zeit dafür, da Olbertz durch weitschweifige Antworten nur wieder abgewiegelt hätte. Das heißt aber nicht, dass wir nicht mehr mit ihm reden möchten“, erklärt Mitorganisatorin Neumann nach der Veranstaltung.

Dass sich der HU-Präsident nicht zu der Kritik äußern darf, kommt jedoch nicht bei allen Teilnehmern gut an, sodass es noch während der Aktion eine Erklärung seitens der Organisatoren gibt. Man wolle grundsätzlich gemeinsam mit Olbertz gegen die Missstände kämpfen, ist da etwa zu hören. Auch wolle man das Gespräch auch weiterhin suchen, man könne sich beispielsweise eine Podiumsdiskussion zum Thema gut vorstellen.
Am Abend wendet sich Olbertz dann doch noch an die Studierenden – per Mail über den Universitätsverteiler. Er hätte an diesem Tag gerne zu den Studierenden gesprochen, so wie sie zu ihm, das sei jedoch leider nicht möglich gewesen. Und er fährt fort: „Was ich Ihnen gesagt hätte? – Dass ich in weiten Teilen Ihren Forderungen zustimme und sie mittrage.“ Dies gelte insbesondere für die Sicherung der Grundfinanzierung und die Beteiligung des Bundes daran. Auch er warne vor der Ökonomisierung der Universitäten. “In diesem Sinne solidarisiere ich mich mit Ihnen und tue das nun auf diesem Wege“, heißt es abschließend in Olbertz’ Schreiben.

Der Zug bewegt sich weiter, unter anderem in die Mensa und zum Grimm-Zentrum, zwei Orte, die für die protestierenden Studierenden sinnbildlich sind für die chronische Überlastung der Universitäten. Am Ende zieht Zora Neumann ein positives Fazit: „Die Gänge waren voll und wir haben ordentlich Krach gemacht. Ein bunter Protest, bei dem noch einmal viele vom Bündnis erfahren haben.“ Ob diesem Demonstrationszug nun ein „heißer Sommer“ – wie es in einem der Redebeiträge hieß – folgen wird, werden die nächsten Wochen zeigen.