Geschrieben von Annika Koch
Berlin, 20. Januar 2012
„Bildung durch Wissenschaft: Persönlichkeit – Offenheit – Orientierung“ ist der Titel des Zukunftskonzeptes, mit dem sich die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) für die aktuelle Runde der Exzellenzinitiative beworben hat. Am 13. und 14. Dezember wurde das Konzept und die HU von einem internationalen Expertengremium begutachtet. Diese Evaluation bildet die Grundlage, auf der eine gemeinsame Kommission des Wissenschaftsrates (WR) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) am 15. Juni entscheiden wird, welchen Universitäten ab dem 1. November 2012 eine Förderung zukommen wird.
Die Exzellenzinitiative war bereits 2005 von Bund und Ländern ins Leben gerufen worden. Laut der DFG wird mit ihr das Ziel verfolgt, die deutsche Spitzenforschung im internationalen Wettbewerb nachhaltig zu stärken. Dafür werden an deutschen Hochschulen Gelder in drei Förderlinien vergeben: Graduiertenschulen sollen Promovierende als wissenschaftlichen Nachwuchs fördern, Exzellenzcluster das Forschungspotential verschiedener universitärer Einrichtungen zu einem Themenkomplex bündeln und auch außeruniversitäre Partner einbeziehen. Mit dem sogenannten Zukunftskonzept entwickeln die teilnehmenden Universitäten langfristige Strategien für Spitzenforschung und Nachwuchsförderung, wie der WR zusammenfasst. Die Unterstützung erfolgt für jeweils fünf Jahre.
Bereits in dem ersten Förderzeitraum von 2006 bis 2011 wurden der HU sowohl Exzellenzcluster als auch Graduiertenschulen bewilligt. Das dazugehörige Zukunftskonzept scheiterte allerdings. Dies könnte sich im nächsten Zeitraum von 2012 bis 2017 ändern: Mit dem neuen, 76 Seiten umfassenden Zukunftskonzept soll die Kommission überzeugt werden. Geplant sind unter anderem die Einrichtung weiterer interdisziplinärer Projekte, Entscheidungen sollen öfter auf Fakultätsebene getroffen und internationaler Austausch intensiviert werden. Jan-Hendrik Olbertz, Präsident der HU, würde ein Forum zur Seite gestellt werden, bestehend aus Professoren der HU. Aufgabe des Forums wäre es, Zukunftsprognosen und ein Idealbild der HU zu entwickeln.
„Wir haben ein konsistentes Zukunftskonzept erarbeitet und vor allem den übergreifenden Anspruch der einzelnen Förderlinien deutlich gemacht“, erklärt Olbertz. Dem Thema Nachhaltigkeit komme besondere Aufmerksamkeit zu: „Wir können uns nur dann eine Forschungsuniversität nennen, wenn die Bemühungen um die Förderung der Spitzenforschung auch nachhaltig sind“, so Olbertz weiter. Damit der wissenschaftliche Nachwuchs früh mit der Forschung vertraut wird, sollten schon ab dem dritten Fachsemester forschungsorientierte Angebote entstehen: „Sonst wäre Spitzenforschung allenfalls Phänomen einer einzelnen Generation von exzellenten Wissenschaftlerinnnen und Wissenschaftlern“.
Sollte sich die HU im Exzellenzwettbewerb durchsetzen, hofft man in der Zukunft auch auf Mehreinnahmen aus privaten Quellen. So steht im eingereichten Zukunftskonzept: „Schließlich hat die Beobachtung der Entwicklung des universitären Fundraising in den letzten Jahren gezeigt, dass Erfolg in der Exzellenzinitiative die Einwerbung privater Spenden für Einzelprojekte erleichtert.“
Von Seiten der verfassten Studierendenschaft wurde die Exzellenzinitiative kritisiert. Das StudentInnenparlament (StuPa) beschloss am 12. Dezember, die Teilnahme an der Exzellenzinitiative zu missbilligen. Stattdessen fordert es „eine langfristige Finanzierung von Forschung und Lehre“, wie es in einem angenommenen Antragstext heißt. Tatjana Gossen, Mitglied des StuPa, erklärt mit Blick auf die Exzelleninitiative, dass dadurch die Qualität in der Breite zugunsten einer sogenannten Elite aufgegeben werde. Langfristig befürchtet sie sowohl eine zunehmende Hierarchisierung der Hochschulen als auch eine Vernachlässigung der Lehre. Die Exellenzinitiative fördere die Entstehung eines Zweiklassensystems in der deutschen Hochschullandschaft, mit einer Unterteilung in Ausbildungshochschulen auf der einen und herausragender Elite auf der anderen Seite. „So wird eine Hierarchie konstruiert, die total problematisch ist“, kritisiert Gossen.
Das Vorgehen des Präsidiums in Bezug auf die Exzellenzinitiative stößt ebenfalls auf Widerstand. In einer Pressemitteilung des Referent_innen Rats (RefRat) aus dem Dezemeber 2011 erklärt Gerrit Aust vom Referat für Hochschulpolitik: „Die Exzellenzinitiative wurde seit ihrer Einführung intransparent vorbereitet und Informationen kamen entweder kurzfristig oder nicht offiziell ans Tageslicht.“ Aust bemängelt weiter, dass zur Begehung der HU durch das internationale Expertengremium nur ausgewählte Studierende eingeladen worden seien. Diesen sei bereits vor der Veranstaltung eine Liste möglicher Fragen und vorgefertigter Antworten zugeschickt worden. „Wenn man das Zukunftskonzept universitätsöffentlich diskutiert hätte, müssten Studierende nicht kurzfristig informiert werden“, erklärt Aust.
Dieser Kritik wollten laut derselben Pressemitteilung einige Studierende bei der Exzellenzbegehung Ausdruck verleihen. In Anzug und Krawatte hätten sie den Präsidenten und das Expertengremium am Morgen des 13. Dezember mit Jubel, Sekt, Sprechchören und einem Transparent begrüßt: „Wer Nüsse mag, liebt Exzellenz-Cluster – Peanuts für die Massenunis“.
Auch am Nachmittag zeigten Gegner der Exzellenzinitiative Präsenz. Um 15.30 Uhr waren ausgewählte Studierende eingeladen worden, um in der Kaffeepause mit den Gutachtern zu diskutieren. Die Demonstranten verteilten Flugblätter und hatten die vorgefertigten Antworten mitgebracht, welche ihnen nach eigener Aussage am Vortag zugesandt worden waren. Mit ironischem Unterton trugen sie diese dem Gremium vor. Darauf folgte eine Diskussion. „Einige der Gutachtenden haben sich sogar bei uns für die kritischen Stimmen bedankt“, so Gossen. Sie ist zufrieden mit der Aktion: „Wir haben so gezeigt, dass nicht alle Studierenden mit der Exzellenzinitiative einverstanden sind.“
Jan-Hendrik Olbertz bezeichnete die Kritik als „absolut ungerechtfertigt,“ die Studierenden seien sowohl informiert, als auch einbezogen worden.