Unverträglichkeiten, Allergien, religiöse Speisegesetze und vegetarisches oder veganes Mensaessen – geht das? Die UnAuf hat die Mensalandschaft der HU, FU und TU zwei Wochen lang beobachtet und die Ergebnisse grafisch aufgearbeitet.

Seit einiger Zeit gibt es Forderungen einer „Mensareform“ für die Berliner Mensen, um vegetarische und vegane Speisen zu fördern. Wer bei dieser Reform oft vergessen wird, sind Menschen, welche aufgrund (chronisch) entzündlicher Magen-Darm Erkrankungen wie Zöliakie, Morbus Crohn oder Reizdarm-Syndrom, Unverträglichkeiten oder Allergien bei der Wahl ihres Essens stark eingeschränkt sind. Die Beschränkung der Mensen auf rein vegetarische sowie vegane Gerichte würde diesen Zustand verstärken, da Gluten und Soja oft essenzielle Alternativen zu tierischen Produkten darstellen. Auch Menschen, die sich aus religiösen Gründen an klare Regeln in ihrer Ernährung halten, stehen vor Herausforderungen. Wie es in diesen Aspekten um die Berliner Hochschulmensen steht, hat die UnAuf zwei Wochen lang beobachtet.

Bei den Allergenen begrenzte sich die UnAuf auf Gluten und Soja, die natürlicherweise in einem Großteil von (vegetarischen und veganen) Speisen enthalten sind und zwei der gängigsten Lebensmittelallergien darstellen. Im Besonderen ist bei der Erkrankung Zöliakie eine ausschließlich glutenfreie Ernährung notwendig.

HU – Mensen

Die Humboldt-Universität betreibt vier Mensen: Mensa Nord, Süd, Adlershof und Spandauer Straße. In den zwei Wochen wurden an diesen Mensen insgesamt 247 Hauptgerichte angeboten. 238 erfüllten die Kriterien, um als halal klassifiziert werden zu können.

Von diesen waren 154 sojafrei und 151 vegan – jeweils fast zwei Drittel der Speisen. Wichtig ist, dass nicht vegane Gerichte nicht automatisch Fleisch oder Fisch enthalten. Insgesamt waren nur 89 Gerichte glutenfrei. Das entspricht etwas mehr als einem Drittel. Bei den Gerichten, welche gleichzeitig soja- oder glutenfrei und vegan waren, verringerte sich die Anzahl erheblich.

In der Mensa Nord werden unter anderem auch wenige nicht-vegetarische Speisen angeboten, weswegen 4 Speisen nicht halal waren. Hier gibt es insgesamt mehr vegane als soja- oder glutenfreie Gerichte.

An der Mensa Süd werden ausschließlich vegetarische Gerichte angeboten. Auch hier sind die veganen Gerichte gegenüber den gluten- oder sojafreien in der Überzahl. Von diesen waren etwas weniger als die Hälfte sojafrei und knapp ein Drittel glutenfrei.

Die Mensa in Adlershof hat das größte Angebot der HU. Auch hier werden nicht-vegetarische Gerichte angeboten. Insgesamt gab es mehr sojafreie als vegane Gerichte, diese kamen hier nur auf etwas mehr als die Hälfte. Auch findet sich hier die meiste Anzahl an glutenfreien Speisen. Der Vergleich zwischen gluten- und sojafreien im Zusammenhang mit veganen Gerichten fällt hier besonders auf: Etwas weniger als die Hälfte der veganen Gerichte sind sojafrei, nur gut ein Viertel glutenfrei.

Die Mensa Spandauer Straße hat das geringste Angebot der HU Mensen. Auch hier gab es ausschließlich vegetarische und vegane Speisen. In dieser Mensa gab es mehr sojafreie und glutenfreie Gerichte als vegane, diese kommen hier nur auf etwas mehr als ein Drittel der Auswahlmöglichkeiten, anders als bei den anderen Mensen der HU.

An der Freien Universität gibt es sechs Mensen, welche in den zwei Wochen insgesamt 279 Hauptgerichte angeboten haben. Davon waren 182 vegan, 159 sojafrei und 104 glutenfrei. Etwas mehr als die Hälfte von den jeweils soja- oder glutenfreien Gerichten waren ebenfalls vegan.

 

An der Mensa „Veggie No.1“, mit vergleichsweise geringem Angebot an der FU, fällt auf, dass besonders wenige Gerichte sojafrei und knapp die Hälfte glutenfrei sind. Diese Mensa hat sich auf asiatisches Essen spezialisiert, in welchem häufig Sojasauce (auf Soja- und Weizen-Basis) verwendet wird.

An der Technischen Universität gibt es fünf Mensen, welche ebenfalls von der Universität der Künste genutzt werden. In den zwei Wochen gab es an der TU insgesamt 201 Hauptgerichte. Hier waren 140 Gerichte vegan, 120 Gerichte sojafrei und nur 52 Gerichte glutenfrei, etwas mehr als ein Viertel.

Die „Veggie 2.0 – die tiefgrüne Mensa“ der TU ist die einzige Mensa, an der es ausschließlich veganes Essen gibt. Dies schlägt allerdings besonders auf Soja- und Gluten-Allergene: Etwas weniger als die Hälfte der Gerichte waren auch sojafrei und nur ungefähr ein Zehntel glutenfrei.

Vergleich

Die Freie Universität hat in den zwei Wochen die meisten und die Technische Universität die wenigsten Hauptgerichte angeboten.

Die HU liegt in der Mitte und bietet ein breites Angebot an Speisen an. Im Vergleich zu der TU und FU umfasst das jedoch die wenigsten veganen Gerichte. Der Anteil an sojafreien Gerichten ist bei allen Uni-Mensen ungefähr gleich groß. Die meisten glutenfreien Speisen gab es an der FU, die wenigsten an der TU. Auf Soja- und/oder Gluten zu verzichten und sich vegan zu ernähren, ist bei allen Mensen herausfordernd.

Beachtenswert ist außerdem, dass diese „Durchschnittsblicke“ nicht darstellen, dass es in verschiedenen Mensen an einigen Tagen, manchmal sogar an mehreren in Folge, überhaupt keine gluten- oder sojafreien Hauptgerichte gab. Besonders bei Mensen, die sich auf ein veganes Angebot spezialisieren, war dies auffällig. Für Menschen mit Unverträglichkeiten kann das bedeuten, gelegentlich nur Beilagen oder gar nicht essen zu können. Jedoch kann es ebenso sein, dass es an anderen Tagen eine breite Auswahl an gluten- oder sojafreien Alternativen gibt.

Ein Vergleich der HU aus einer Beobachtungswoche veranschaulicht das: An einem Tag gab es eine Auswahl an diversen veganen, glutenfreien und sojafreien Gerichten. An einem anderen Tag gab es kein einziges glutenfreies Hauptgericht.

Kontamination & andere Besonderheiten

Da bei (chronisch) entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes oder Allergien nicht nur von Bedeutung ist, welche Produkte für die Herstellung des Essens benutzt wurden, sondern auch, ob zum Beispiel eine Kontamination mit unverträglichen Produkten stattgefunden hat oder welche Gewürze in den Gerichten verwendet wurden, ist dies in die Betrachtung des Mensaessens mit eingeflossen.

Auf der Internetseite des studierendenWERKs findet sich der Hinweis darauf, dass Kontaminationen mit zum Beispiel Gluten nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. In den Mensen vor Ort kann dies an einem kleinen Aufsteller nachgelesen werden.

Generell wäre eine auffälligere beziehungsweise präsentere Kennzeichnung wünschenswert, damit diese Informationen noch zugänglicher sind.

Auf Anfrage erklärte das studierendenWERK, dass durch ein effizientes HACCP-System das Geringhalten des Restrisikos für allergene Kreuzkontamination ermöglicht wird, wobei ein Restrisiko immer bestehen bleiben kann. HACCP-Systeme sind ein Werkzeug in der Lebensmittelverarbeitung, die durch verschiedene Kontrollpunkte zum Beispiel Kontaminationen vermeiden. 

Ebenfalls ist die (fehlende) Kennzeichnung der Würzung ein Problem, mit dem Gäste der Mensen konfrontiert sind. Aus der Darstellung des studierendenWERKs geht hervor, dass für die Würzung der Speisen jodiertes Speisesalz benutzt wird. Bei Gerichten mit besonderer Würzung sind die Gewürznamen oft im Speisenamen genannt, beispielsweise bei Gerichten wie „Gemüsecurry“. Das studierendenWERK erklärt, dass das Lebensmittelrecht bei Kräutern und Gewürzen eine Sammelbezeichnung erlaubt, solange diese nicht mehr als 2% des Endgewichtes ausmachen. Deshalb werden nicht alle Gewürze einzeln dargestellt. Dies ist oft problematisch, da viele Gerichte mehrere Gewürze enthalten, die über Speisesalz und besondere Würzung hinausgehen und bei Unverträglichkeiten oder Allergien zu Beschwerden führen können.

Insgesamt reagierte das studierendenWERK positiv auf die Anmerkungen und gab an, diese Bedenken und Anregungen zu besprechen und nach Möglichkeiten einer besseren Darstellung und Erklärung hin zu prüfen.

(fehlende) Kennzeichnung halal & koscher 

Wenn sich Student*innen nach religiösen Speisevorschriften ernähren möchten, kann dies unter Umständen ebenfalls zu Problemen führen. Exemplarisch wurden die Gerichte nach den islamischen sowie jüdischen Speisegesetzen untersucht. Ob die Gerichte der Mensen halal sind, lässt sich vergleichsweise leicht nachvollziehen. Zwar sind die Fleischgerichte nicht halal-zertifiziert, jedoch finden sich in der Auflistung der Allergene und Zusätze diejenigen Bestandteile, die ein Essen im islamischen Kontext „unrein“ machen, wie zum Beispiel Bestandteile des Schweins. Insgesamt sind die Gerichte der Mensen fast immer halal, abgesehen von den Fleischgerichten. Daher bieten die vegetarischen und veganen Alternativen eine gute Basis, um sich in den Mensen nach den islamischen Speisegesetzen zu ernähren.

Nachzuvollziehen, ob das Mensaessen koscher ist, ist weitaus schwieriger. Je nach Tradition sind die Speisegesetze strenger oder lockerer. Jedoch umfasst koscheres Essen mehr als das Verbot gewisser Lebensmittel, sondern auch die Zubereitung, Kombination, Art der Beschaffung und vieles mehr. Das studierendenWERK erklärt, dass es den Mensen aufgrund dieser komplexen Regeln und der hohen Anzahl an zuzubereitenden Speisen nicht möglich ist, den besonderen Aufwand zu leisten. 

Schlusswort

Generell fällt auf, dass bei einem großen Angebot an Gerichten die Varietät in vegan sowie soja- und glutenfrei steigt. Bei kleineren Mensen ist dies eingeschränkter.
Während sich die Berliner Mensen vor allem auf vegetarische und vegane Gerichte ausrichten, stehen die Gerichte ohne Allergene eher weniger im Fokus.
Für einige Einschränkungen wie halal oder koscher oder besonders gewürztes Essen werden überhaupt keine Angaben gemacht.
Diese Zustände sind etwas, das bei der Forderung der „Mensareform“ sicherlich ebenfalls betrachtet werden sollten.
Positiv ist jedoch die Reaktion des studierendenWERKs, die Anregungen und Bedenken in den internen Diskurs aufzunehmen – das Ergebnis bleibt abzuwarten.

Die Daten beziehen sich auf den Zeitraum des 12. Juni 2023 bis zum 23. Juni 2023 und wurden von Kierán Meinhardt bereitgestellt. Die Auswertung dieser wurde mit der Website „infogram“ visuell dargestellt.


Foto: Pixabay; Hans