Die Musikindustrie ist seit der Covid-Pause im Einnahme-Boom! Sei es Taylor Swift, Blink-182 oder Bruce Springsteen – die Superstars glänzen nicht nur auf der Bühne, sondern auch mit gigantisch hohen Ticketpreisen. Wie kommt es zu diesen immensen Einnahmen und wer steckt hinter dem „Dynamic Pricing“-Verkaufsmodell?

 Nach knapp zwei Jahren endete Taylor Swift am 8. Dezember 2024 ihre „Eras-Welttournee“, mit ihrem Auftritt im ausverkauften Stadion in Vancouver. Taylor Swift schrieb Geschichte, indem sie mehr als zwei Milliarden Dollar mit ihrer Tournee einspielte und diese so zur umsatzstärksten  der Musikgeschichte wurde. Ihre Fans füllten auf ihren europäischen Konzerten im Schnitt für je 200 Euro die Stadien, um den Superstar sehen zu können. Eine Summe, die vor ein paar Jahren so noch nicht denkbar gewesen wäre, da der Ticketpreis für Arena-Konzerte im Schnitt bei 80 Euro lag. In ganz weite Ferne rücken dabei die Erinnerungen an ein acht Euro Beatles-Ticket. Der Fokus lag damals auf der Musik, dem Event und dem dadurch entstandenen emotionsgeladenen Klangraum. Heute scheint der Fokus der Musikindustrie viel mehr auf dem Profit der Ticketeinnahmen zu liegen und Konzerttickets verwandeln sich allmählich zum Luxusartikel. Durch die Preiserhöhungen erlangte die Musikindustrie ein weiteres Mal dieses Jahr einen Höhepunkt der Einnahmen. Diese neue Verlagerung der Musikindustrie stieg seit der Covid-Pause drastisch, wobei der Fokus immer gezielter auf die Marketingstrategien gelegt wurde. Das Resultat dieser Veränderung: gigantisch hohe Preise für die Tour-Tickets der Superstars.

 Wer steckt hinter dem Verkaufskonzept?

 Verantwortlich dafür sind Veranstaltungs- und Medienunternehmen, wie Live Nation Entertainment und das von ihnen konzipierte „Dynamic Pricing“-Verkaufsmodell. Live Nation Entertainment ist ein milliardenschweres US-Medienunternehmen, gegründet vom Medienunternehmer und CEO Michael Rapino und Greg Maffei, das sich besonders auf das Marketing von Live-Veranstaltungen spezialisiert. Die beiden Gründer kamen ursprünglich aus dem Wirtschaftszweig und sahen die Kulturbranche als neue Marktlücke für ihr Wirtschaftsmodell. Die Firma arbeitet heute mit den Großkonzernen Ticketmaster Entertainment, CTS Eventim und AEG zusammen. Sie dominieren das Konzertgeschehen mit ihrem Erfolgskonzept der „Dynamischen Preisgestaltung“.

 “This is a business where we can change a bit more” Rapino

Die Dynamic-Pricing-Methode ist in der Musikindustrie noch ein junges Geschäftsmodell. Laut Ticketmaster wird die nachfrageorientierte Preisgestaltung in der Kultur- und Musikszene in Deutschland erst seit 2018 eingesetzt. Das Konzept ist simpel und komplett automatisiert: Solange die Nachfrage steigt, steigt auch der Ticketpreis. Dabei spielt das Prinzip des limitierten Kartenkontingents ebenfalls eine wichtige Rolle. Die sogenannten „Platin-Tickets“ werden von der Verkaufsplattform vorerst zurückgehalten und bei einem scheinbaren Ausverkauf exklusiv wirkend freigeschaltet. Der Platin-Ticketpreis steigt dabei durch angepasste Algorithmen, ohne dass das Ticket einen besonderen Mehrwert für die Fans, verglichen zu Standard-Tickets, bieten. Da die Dynamic-Pricing-Methode legal ist, können nur die Musiker*innen, die dem Verkaufsprinzip vertraglich zugestimmt haben, einen Preisdeckel anfordern.

„You dont´t have to underprice yourself – low to middle income [people] will make their way to that arena for that special night – Rapino

Mittlerweile steht Dynamic Pricing unter starker Kritik – und dies nicht nur von Musik- und Kulturbegeisterten, sondern auch von Musik-Newcomer*innen und Kleinkünstler*innen. Der Fokus der Maximierung des Gewinns wird scharf verurteilt und damit auch das verbundene Imperiengeschäft. Musik und Kultur verwandeln sich allmählich zu einem Profitbusiness. Die Kritik besteht darin, dass Musik als Kulturgut für jede*n zur Verfügung stehen und als Raum der Kreativität und Emotion nicht mit Marketingstrukturen korrelieren sollte. Der Fokus „Kunst“ gehe dadurch verloren und es entstehe zwangsmäßig eine Polarisierung hin zu einem Elitepublikum. Diese Selektion des Publikums habe nichts mehr mit dem ursprünglichen, liberalen Konzertkonzept zu tun.

 Dabei stehen auch die Superstars in der Kritik, die keinen Preisdeckel anfordern. Zwar scheint die Deckelanforderung mit Hürden verbunden zu sein, jedoch wünschen sie sich viele Fans. Trotz der schwierigen Voraussetzungen gilt: Wer als Musikstar vertraglich an das Dynamic-Pricing-Modell gebunden ist und nicht gegen das Verkaufsmodell ankämpft, steuert aktiv auf Preiserhöhungen zu. 

Besonders für Newcomer*innen und Kleinkünstler*innen in der Musikbranche hat die Kombination aus Covid-Pause, Inflationsanstieg und Dynamic Pricing dazu geführt, dass sie in große finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Ein Teufelskreis, welcher wegen der steigenden Produktionskosten den Künstler*innen oft keine Tour ermöglicht, die sich rentiert. Das Tour-Absagen erhöht die Frustration der Fans, minimiert die Plattform der Künstler*innen und leert die Konzertsäle für die großen Superstars, die durch Dynamic Pricing den größten Profit einschlagen.

Das Geschäftsmodell wird sich vermutlich aufgrund der hohen Profite nicht so schnell verändern. Solange die Nachfrage besteht, wird es zu immer höheren Preisen kommen und es ist erwartbar, dass die angekündigten Tourneen der Weltstars für 2025 immer tiefer in die Spalte der Luxus-Events gleiten werden und Taylor Swifts „Eras-Tour” kein Einzelfall mehr in den gigantisch hohen Umsätzen bleiben wird.