Zentrale Einrichtungen des Hochschulsports (ZEH) bieten für Studierende kostengünstige Kursangebote für verschiedenste Aktivitäten an. In diesen Kursen kann es mitunter zu Unwohlsein und Konflikten kommen. Im Vergleich mit der Zentralen Einrichtung des Hochschulsports der FU Berlin und der TU Berlin hinkt die HU in Bezug auf Beratungsangebote und Präventionsarbeit hinterher. 

„Jetzt lauft mal alle wie Türken. Wie Türsteher-Türken!“ Diese Anweisung gab der Kursleiter eines Theaterkurses an der ZEH der Humboldt-Universität zu Berlin seinen Teilnehmenden, berichtete Laura, die an dem Kurs teilnahm.* Der Kursleiter demonstrierte den Teilnehmer*innen, wie dies seiner Ansicht nach aussehen solle: Mit aufgesetztem Dialekt, verschränkten Armen und zurückgelehntem Oberkörper ging er durch den Raum. Ein Teilnehmer wurde im Gegensatz zum Rest des Kurses mehrfach dazu aufgefordert, diese “Gangart” vorzumachen. Trotz mehrfacher Verneinung tat der Kursleiter dies wiederholte Male. Im weiteren Verlauf der Kursstunde habe es ein kleines Theater gegeben, für das der Kursleiter die Rollen verteilt habe. Erneut stellte der Kursleiter den Teilnehmer bloß, indem er zu ihm sagte, dass er nicht wisse, welche Rolle er ihm geben solle, weil er sich ohnehin weigern würde, mitzuspielen. Daraufhin verließ dieser die Stunde und schlussendlich den Kurs. Auch Laura besuchte den Kurs nicht weiter: “In dem Moment fand ich es furchtbar. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich habe selbst einen Migrationshintergrund und habe genau verstanden, wie er sich in dem Moment gefühlt haben muss.”

Meldung des diskriminierenden Vorfalls gestaltet sich schwierig

Der diskriminierende Vorfall im Theaterkurs ist ein greifbares Beispiel für eine grenzüberschreitende Situation. Bei wem kann man sich melden, wenn einem so etwas passiert oder man es mitbekommt?

Auch Laura stellte sich diese Frage. Auf der Webseite des Hochschulsports der HU sei es für sie schwer ersichtlich gewesen, wo und ob man sich überhaupt melden kann. Es gebe keine Anlauf- oder Beratungsstelle. Wenn man genauer suche, finde man zwar die Information, dass es zwei dezentrale Frauenbeauftragte gebe, diese haben jedoch keine eigens eingerichtete Mailadresse, an die man sich vertrauensvoll wenden könnte. Laura meldete den Vorfall daher mit der Bitte um Kostenrückerstattung an die allgemeine Emailadresse des HU-Hochschulsports, über die sie den Kurs auch gebucht hatte. Zu diesem Zeitpunkt war der Kurs schon so weit fortgeschritten, dass nur noch zwei weitere Stunden anstanden. Laura bekam ihr Geld daher nicht zurückerstattet. Stattdessen wurde sie dazu aufgefordert, nächstes Mal bitte gleich zu stornieren und nicht drei Monate später. Kein Kommentar zu dem durchaus ernstzunehmenden diskriminierenden Vorfall. Laura zeigt sich enttäuscht: “Mir ging es weniger um das Kursgeld, aber man hätte das schon anerkennen können.”
Auf Nachfrage erklärte der HU-Hochschulsport, dass der Vorfall bekannt sei, der betroffene Teilnehmer das Kursgeld zurückerstattet bekommen habe und der Kursleiter verwarnt worden sei. Der HU-Hochschulsport habe ein hohes Mailaufkommen, daher hätten die Mitarbeiter*innen sich an der Bitte um Rückerstattung orientiert. Nach der Meldung hatte Laura kein gutes Gefühl: “Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht mit solchen Meldungen und danach dachte ich mir: Toll, da sind wir wieder.” Hätte der Betroffene den Fall nicht selbst gemeldet, wäre er ohne Laura möglicherweise einfach untergegangen. 

Wie gehen Einrichtungen des Hochschulsports im Allgemeinen mit solchen Fällen um und was tun sie präventiv gegen Diskriminierung und sexuelle Übergriffe? Der HU-Hochschulsport und die Pressestelle der HU verwiesen auf die allgemeine Beschwerdestelle der HU, die gesetzlich verpflichtend ist. Dort könnten sich Betroffene melden. Im Berliner Hochschulgesetz (§59a) wird dazu angehalten, auch in zentrale Einrichtungen der Hochschule Ansprechpersonen zu bestellen. Dem komme auch die Zentraleinrichtung des Hochschulsports der HU nach, indem sie zwei Frauenbeauftragte zur Verfügung stellten, zurzeit seien die Frauenbeauftragten jedoch nur über die allgemeine Mailadresse zu erreichen. Dort werden die Beschwerden jedoch zunächst von Dritten gelesen und dann weitergeleitet. Damit ist die Integrität von Betroffenen weniger geschützt. Der HU-Hochschulsport stellt allerdings klar, dass sie eine direkte Mailadresse für Beschwerden in Zukunft einrichten wollen.

In Bezug auf den Umgang mit Konfliktfällen verweist die Pressestelle der HU auf die “Dienstvereinbarung und Richtlinie für ein respektvolles Miteinander der HU”, die Prävention, Rechte der Betroffenen, sowie Maßnahmen und Verfahren in Konfliktfällen regeln sollen. Der HU-Hochschulsport entgegnete, dass freie Mitarbeiter*innen wie die Kursleiter*innen dieser Vereinbarung nicht unterliegen. Sie arbeiteten an einem Vertrauenscodex für diese, der eine klare und transparente Form des Umgangs mit solchen Grenzüberschreitungen regeln solle. Außerdem arbeite der HU-Hochschulsport an einer transparenten Anlaufstelle, die auf einer Unterseite ihrer Website zu finden sein werde. 

Besserer Umgang an anderen Berliner Universitäten

Eine solche Unterseite ist sowohl auf der Webseite der ZEH der Freien Universität Berlin als auch der Technischen Universität Berlin bereits zu finden. Bei FU und TU gelangt man so neben allgemeinen Informationen zu Ansprechpersonen, an die man sich vertrauensvoll wenden kann. Die FU stellt zudem ein anonymes Formular zur Verfügung, durch das eine Beschwerde abgegeben werden kann. Auf die Frage, aus welchen Gründen das Konzept gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung an der ZEH der FU initiiert worden ist, schildert Janine Krüger, die dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sowie Vertrauensperson der FU: “Unsere Erfahrung in den letzten Jahren ist, dass unsere Zielgruppe beim Hochschulsport vielfältiger und diverser wird und wir da in manchen Sportarten noch in sehr alten Strukturen drin sind, wo man eben Personen hat, die mit so einer Vielfalt manchmal überfordert sind.” Außerdem suchen Betroffene häufiger den Kontakt. Damit habe festgestanden, dass es einen Bedarf an Präventionsarbeit gebe. 

Janine Krüger berichtete weiter, dass es tendenziell häufiger Meldungen über das Thema Sprache und Sprachbarriere gebe. Diese Beobachtung schildert auch Mandy Kühne, die dezentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte der TU, in Bezug auf eine unpassende Ausdrucksweise in der Ansprache von Gruppen. Janine Krüger und Mandy Kühne betonten beide, dass jede Art von Unwohlsein, auch durch Blicke ausgelöst, an sie herangetragen werden könne. Beide betonen aber auch, dass sie sich primär in einer beratenden Funktion sehen, in der sie Konflikte klären, Hilfesuchenden zur Seite stehen und wenn nötig an Fachexpert*innen weiterleiten. Durch die Sichtbarkeit von Anlaufstellen erleichtert sich der Zugang zum Melden von Vorfällen und der Schutz von betroffenen Personen wird im Zuge einer solchen Meldung gewährleistet. Verschwiegenheit wird seitens der FU und TU daher garantiert. Die FU verspricht zusätzlich nach Kontaktaufnahme eine Rückmeldung binnen zwei Tagen.

Die häufigste Konsequenz einer Meldung sei das Gespräch mit Kursleiter*innen, sofern die betroffene Person dazu ihr Einverständnis gebe, berichten Janine Krüger und Mandy Kühne zudem ebenso einstimmig. Häufig habe eine Spiegelung des Verhaltens eine positive Reflektion seitens der Kursleitung zur Folge, denen oft gar nicht bewusst sei, dass sie eine Person verletzt haben. Manchmal könne auch die Anpassung einiger Trainingsmethoden einen positiven Effekt haben. Die FU verpflichtet zudem Kursleiter*innen zur Unterzeichnung eines Verhaltenskodex. In diesem finden sich auch Anlaufstellen für Kursleiter*innen. Einen solchen Verhaltenskodex gibt es an der TU bisher noch nicht, daran werde aber gerade gearbeitet. 

Laura resümierte am Ende unseres Gespräches: “Vielleicht wäre es gut, wenn man im Vorhinein wüsste, dass es solche Anlaufstellen gibt. In Situationen, wo so etwas passiert, kann man ja nicht immer eingreifen. Hätte ich gewusst, dass es eine Anlaufstelle gibt, hätte ich in dem Moment gedacht: Okay, da werde ich gehört. Stattdessen wusste ich nicht wohin damit. Das fand ich schade.”


Illustration: Katarina Jezidžić

*Der Name wurde von der Redaktion geändert