Der russische Angriffskrieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie, die weltweit steigende Inflation, der Klimawandel – die momentane Nachrichtenlage ist belastend. Unter anderem als Reaktion darauf fokussieren sich manche Redaktionen und Formate auf positive Berichterstattung. Doch funktioniert das wirklich im Kampf gegen reißerische Negativschlagzeilen oder ist das nur eine Form von Realitätsflucht?

Der Digital News Report 2022 attestiert vor allem jungen Menschen weltweit eine selektive Vermeidung von Nachrichten, da diese ihre Laune negativ beeinflussen. In Deutschland beläuft sich die Zahl derer, die aus diesem Grund aktiv Nachrichten meiden, auf 39 Prozent der Befragten. Angesichts der Vielzahl an Problemen und Krisen, über die in den Nachrichten berichtet wird, ist das nicht verwunderlich. Können Good News diesbezüglich Abhilfe schaffen?

Bianca Kriel, Redaktionsleiterin bei Good News, einer Plattform für „gute Nachrichten“, die auch in den sozialen Medien vertreten ist, und einen Podcast veröffentlicht, betont, dass hinter ihrem Format mehr als einfach nur „feel good news“ stecken: „Unter anderem geht es darum, eine ausgewogene Mischung an Nachrichten bringen zu wollen. Und innerhalb dieser Ausgewogenheit suchen wir Nachrichten, von denen wir begründen können, warum das längerfristig eine positive Entwicklung haben könnte.“ Damit legt das Konzept den Fokus nicht nur auf positive Berichterstattung, sondern auch auf Inhalt, der den Rezipient*innen einen Mehrwert bietet.

Letztendlich sind jedoch fast alle Journalist*innen auf Klicks angewiesen, um ihre Arbeit finanzieren zu können, ganz unabhängig vom Inhalt. Dass reißerische Überschriften zu katastrophalen Themen tendenziell mehr Klicks generieren als eine gemäßigte Berichterstattung, erzählt auch Bianca Kriel. Ein bewusster Fokus auf positive Themen kann zum einen ein Zeichen gegen oberflächlichen Journalismus ohne Mehrwert, zum anderen aber auch ein finanzielles Risiko sein.

Das betont auch Bianca Kriel: „Wir finanzieren uns zum größten Teil über freiwillige Beiträge unserer Leser*innen, der Rest kommt aus Anzeigen die wir schalten. Die wiederum kommen nur von Unternehmen und Produkten, von denen wir finden, dass sie einen Mehrwert schaffen und das trägt uns gerade so.“ Damit tritt Kriel der immer wieder aufkommenden Kritik an positiver Berichterstattung entgegen, dass sie nur eine heile Welt schaffen und Klicks im Kampf um die Aufmerksamkeit der Leser*innenschaft generieren wolle. Das Finanzierungsmodell von Good News zeigt jedoch auch, dass der Aufbau eines treuen Netzwerks neue Möglichkeiten für das finanzielle Überleben bietet.

Publikationen mit Fokus auf positive Berichterstattung sehen sich jedoch häufig mit der Kritik konfrontiert, eine Blase der heilen Welt zu kreieren, fernab der Realität. Dass diese Anschuldigung jedoch kaum ferner der Wahrheit sein könnte, belegt der sogenannte „negativity bias“. Dieser besagt, dass der unverhältnismäßig hohe Anteil an Negativschlagzeilen eine Wahrnehmungsverzerrung bei den Konsument*innen auslöst. Diese führt dazu, dass sie ein unrealistisch schlechtes Bild der Welt entwickeln. Ein Erdbeben erregt mehr Aufsehen als das Überleben einer gefährdeten Vogelart. Hinzu kommt, dass positive Ereignisse meist das Resultat eines langen und mühsamen Prozesses sind, während tragische oder bestürzende Vorkommnisse oft plötzlich über uns hereinbrechen.

Positive Berichterstattung kann demnach einen entscheidenden Anteil dazu beitragen, dass Konsument*innen die Welt so sehen, wie sie ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine schlechten Nachrichten gibt oder diese ignoriert werden sollten. Bianca Kriel beschreibt ihr Verständnis des Auftrags von Good News folgendermaßen: „Wir negieren die negativen Dinge nicht, aber arbeiten für ein realistischeres Weltbild. Ich persönlich fände es schöner, wenn man sich auch ermutigt fühlt, aktiv zu werden.“ Die Überzeugung, in der Welt passierten nur furchtbare Dinge, könnten demotivieren und lähmen. Geschichten von positiven Ereignissen und Fortschritten dagegen, hätten das Potenzial, zu motivieren, so Kriel.

Angesichts der bedrückenden politischen Lage in Europa (und an vielen anderen Orten weltweit), erscheinen gute Nachrichten als eine Möglichkeit, um neben all den besorgniserregenden Entwicklungen auch die positiven Ereignisse zu beleuchten. Die beiden Pole decken natürlich nicht alle Nachrichten ab, denn nicht immer lassen sich Ereignisse klar in ‚gut‘ und ‚schlecht‘ einteilen, wie auch Bianca Kriel betont. Es handele sich diesbezüglich vielmehr um eine wechselseitige Beziehung, denn: “Es gäbe keine good news ohne bad news.”


Illustration: Klara Heller

Dieser Text ist in der UnAufgefordert #261 zum Thema „www.journalistische-verantwortung.de“ im August 2022 erschienen.