Ein Drittel der Studierenden bricht den Bachelor ab. Hohe Leistungsanforderungen, Langeweile und die Sehnsucht nach praktischer Arbeit sind die Hauptursachen. Wie fühlt es sich an, der Uni den Rücken zu kehren?
Nach fünf Semestern hatte Melanie genug. Ihr Studium der Regionalstudien Asien/Afrika wurde einfach zu teuer – das BAföG war ausgelaufen. Um über die Runden zu kommen, hatte sie schon während des Studiums in der Gastronomie gearbeitet. „Ich wusste, dass ich müde werde“, sagt sie rückblickend. Hilfe holte sie sich bei einer Beratungsstelle an der HU. Hier fühlte sie sich verstanden: „Die haben mir dort ein gutes Gefühl vermittelt, mir Möglichkeiten aufgezeigt und waren auch eine emotionale Hilfe.“ Stephan Schneider arbeitet für das Berufsinformationszentrum (BIZ) der Arbeitsagentur Mitte. Sein Job ist es, Studienabbrecher*innen zu beraten. Einmal im Monat bietet er gemeinsam mit einem Vertreter der HU eine Infoveranstaltung im BIZ an. Am rundem Tisch hört er genau zu, beantwortet noch die zehnte Frage geduldig und zeigt individuelle Lösungsvorschläge auf.
„Es war zu theoretisch!“
Bei Marcels Studienabbruch ging es weniger um Geld als um Langeweile. Rückblickend waren die Fächer Informatik und Pädagogik einfach nicht das richtige für ihn. Weder in Zwickau noch in Chemnitz wurde er mit dem Stoff warm. „Es war zu theoretisch“, sagt er heute. Vier Semester hielt Marcel durch, dann reichte es. Ganz ohne Beratung schmiss er sein Studentenleben hin. Ob es eine Beratungsstelle an seiner Uni gegeben habe, wisse er nicht. Die Professor*innen hätten allerdings immer wieder ihre Hilfe angeboten, wenn es Probleme mit den Anforderungen gab. Das war Marcel aber egal. Aus seinem früheren Nebenjob ergab sich eine Ausbildungsstelle. „Das war ein sinnvoller Übergang“, sagt er. Marcel hat seine Entscheidung nie bereut, er arbeitet heute als Kaufmann im Einzelhandel. Ähnlich klingt das bei Melanie: „Das Studienfach war meine Leidenschaft, aber was ich jetzt mache, ist mein Traum.“ Melanie absolviert eine Ausbildung zur Synchronsprecherin. Nebenbei arbeitet sie aber immer noch in der Gastronomie.
„Wer sich nicht wohlfühlt, soll aufhören!“
„Wenn die Leute unglücklich sind, sollen sie die Ursachen dafür finden“, findet Melanie. Sie rät Studierenden, „die eigenen Grenzen anzuerkennen.“ In ihrem sozialen Umfeld hat sich nichts wesentliches verändert, zu den Freunden von der Uni habe sie nach wie vor Kontakt. Sie rät, sich nicht von den Erwartungen der anderen emotional erpressen zu lassen. Bei Marcel hat sich der Kontakt zu den Kommilitonen verlaufen. „Meine eigene Wahrnehmung auf das frühere Umfeld hat sich verändert“, sagt er.
Dass der Studienabbruch eine persönliche Krise gewesen wäre, verneinen beide. „Wer sich nicht wohlfühlt, soll aufhören!“, rät Marcel. Für ihren weiteren Weg schließen beide nicht aus, dass es sie nochmal an eine Hochschule verschlägt. Wenn es keine finanziellen Schwierigkeiten geben würde, sagt Melanie, könnte sie es sich nochmal vorstellen. Das gleiche gilt für Marcel, allerdings sollte das Studium diesmal berufsbezogen sein. Eine Welt ist für beide nicht untergegangen. Im Gegenteil: Sie haben es geschafft, erneut Fuß zu fassen.