Die Bahn ist voll.
So voll, dass die Gesichter an den Scheiben kleben. Der Schweiß der anderen sticht in der Nase. Mitten drin: ich. Im Alptraum der BVG angekommen. An solchen Tagen fallen mir Kuriositäten auf, die eigentlich schon zum Inventar der BVG gehören. In meinem Waggon ist eine Gruppe von lauthals kreischenden Jugendlichen und ein junger Mann rappt zu Beats, begleitet von einem selbstgebastelten Instrument, das ich trotz Kopfhörern noch deutlich wahrnehme. Menschen, die meinen, jeder sei an ihren Telefongesprächen interessiert, und quengelnde Kinder fügen sich perfekt in die Geräuschkulisse ein. All das scheint auf den ersten Blick nur den Zweck zu erfüllen, mich zu nerven.
Augenscheinlich kennt man eine Stadt erst, wenn man mit ihren öffentlichen Verkehrsmitteln vertraut ist. Ob Mensch, Möbel, Haustier oder Fahrrad: Alles fährt Bahn! Meist klappt das ganz harmonisch, aber heute wird es zur Katastrophe. Die Freude der Erkenntnis, dass ich später einen halbwegs freien Waggon finde, verfliegt schnell, als ich feststelle, dass gelbe Flüssigkeit den Boden benetzt. Ob es sich dabei um Bier oder etwas anderes handelt, möchte ich gar nicht wissen.
Ich habe genug vom penetranten BVG-Gelb und bin froh, dass ich in die S-Bahn umsteigen muss. An der Station hört ein Mann Girls Just Want To Have Fun und singt lautstark mit. Unterbrochen wird die Performance nur von seinen Zwischenrufen wie ,,Juter Song, oder?“ und ,,Dit is‘ doch Entertainment hier!“ Das erste mal seit langer Zeit muss ich schmunzeln und nehme mir die Kopfhörer aus den Ohren.
Und ganz unerwartet merke ich, wie ich mich auf den Mikrokosmos der BVG sogar etwas einlassen kann. Die Öffis sind und bleiben der ehrlichste Spiegel unserer Gesellschaft und wer Tag ein Tag aus versucht, das auszublenden, hat ein Stück Berliner Lebensgefühl verpasst.