Am 18. September findet die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus statt. Gemeinsam mit der FURIOS fragen wir in einer Interviewserie die Spitzenkandidaten und -kandidatinnen der Parteien, was sie eigentlich für uns Studierende auf der Agenda haben.
An dieser Stelle erzählt der Spitzenkandidat der LINKEN, Klaus Lederer, u.a. von den Plänen seiner Partei für Berlin und seine Menschen. 

UnAufgefordert: „Exzellenz“ ist derzeit ein sehr präsentes Stichwort an Berliner Hochschulen. Wie steht DIE LINKE zur Exzellenzinitiative und dem Ziel Berlin als Spitzenstandort für Wissenschaft zu gestalten?

Klaus Lederer: DIE LINKE hat die Exzellenzinitiative als einzige Partei im Bundestag abgelehnt. Wir halten die Förderung von „Leuchttürmen“ in einer Wüste der Unterfinanzierung für den falschen Weg. Auch vor der jüngsten Verlängerung der Exzellenzinitiative haben wir Vorschläge für Alternativen gemacht. Die Förderung interdisziplinärer Cluster und die Graduiertenförderung könnte zum Beispiel in modernisierte DFG-Programme (Anm. d. Red.: Deutsche Forschungsgesellschaft) übergehen. Die dritte Säule des Wettbewerbs, die eigentlichen „Exzellenzunis“ wollen wir ganz abschaffen und das Geld stattdessen in einen dauerhaften Hochschulpakt und damit in Studienplätze und Overhead-Pauschalen in der Forschung investieren. Stattdessen haben Bund und Länder einen Wettbewerb ohne Wettbewerb beschlossen. Absurd, aber damit muss die Hochschullandschaft leider nun leben. Die Stadt Berlin ist allein wegen der Dichte der Wissenschaftseinrichtungen ein Spitzenstandort. Wir LINKE wollen, dass die Hochschulen noch stärker mit der Stadtgesellschaft interagieren. Sie können so viele Beiträge zur sozialen, ökologischen und ökonomischen Entwicklung der Stadt leisten. Da gibt es tolle Ansätze und die wollen wir besonders fördern.

UnAuf: Für Geflüchtete ist es aufgrund bürokratischer Hürden und Finanzierungsproblemen oftmals unmöglich zu studieren. Wie gedenken Sie, geflüchteten Menschen den Hochschulzugang zu erleichtern?

Lederer: Wir haben uns bereits bisher dafür eingesetzt, geflüchteten Menschen einen möglichst unkomplizierten Zugang zu Hochschulen zu ermöglichen. Vieles haben die Hochschulen bereits in Eigenverantwortung auf den Weg gebracht und wurden auch von Land und Bund dabei unterstützt. Wir brauchen zukünftig eine Abschaffung des bürokratischen uni-assist-Zugangs, einen früheren Zugang zu BAföG-Leistungen auch für noch nicht anerkannte Geflüchtete sowie die schnellere Anerkennung bisheriger Bildungsabschlüsse. Zudem müssen mehr Sprachkurse, an denen es für alle Studierenden mangelt, finanziert werden. Das größte Problem besteht jedoch in den zu lange andauernden Asylverfahren, die endlich beschleunigt werden müssen, damit die Menschen sich auf ihren Bildungsweg statt auf ihre Aufenthaltserlaubnis konzentrieren können.

UnAuf: „Mieten“ ist ein sehr zentrales Thema ihrer Partei. Sie wollen den Bestand an Wohnraum in öffentlicher Hand in fünf Jahren um 25% steigern. Wie wollen Sie das erreichen? Werden die vielen Studierenden, die oft unter den hohen Mietpreisen und dem hart umkämpften Wohnungsmarkt zu leiden haben, davon profitieren können?

Lederer: Ja, wir brauchen eine radikale Veränderung in der Wohnungs- und Mietenpolitik. Nicht die schiere Anzahl neu gebauter Wohnungen ist ein Erfolg. Wir müssen vielmehr fragen, in welchem Preissegment diese entstehen. Teure Wohnungen gibt es in Berlin genug. Wir wollen Wohnungen, die sich auch Studierende und andere Geringverdiener leisten können, also unter sechs Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Und da kommen nur die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften in Betracht, weil das Land Berlin hier direkt Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen kann. Für Studierende drängt das Problem besonders. Die privaten Investoren bauen auf Geheiß des Senats jetzt Wohnungen für Studierende, in denen 16 Quadratmeter für 350 Euro und mehr angeboten werden. Das geht schon in Richtung Wucher. Wir wollen das Studierendenwerk besser ausstatten und den Neubau von günstigem Wohnraum ermöglichen – ebenso bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften.

UnAuf: Sie haben außerdem auf Ihrer Agenda stehen, die Radwege und den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auszubauen. Ein öffentlich diskutierter Vorschlag ist es, allen Berlinern und Berlinerinnen einen kostenlosen Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ermöglichen. Halten Sie das für einen realistischen Zustand in naher Zukunft und welche anderen Möglichkeiten gibt es, die immer steigenden Preise zu stoppen?

Lederer: Wir meinen, dass die Verkehrspolitik in der Stadt vor allem auf sozial verträgliche und ökologische Verkehrsmittel setzen muss: ÖPNV, Rad und auch den Fußweg. Wir diskutieren darüber, wie durch eine „Öffi-Flatrate“ die Nutzung des ÖPNV für alle zu einer attraktiven und kostengünstigen Möglichkeit werden kann. Da ist das Semesterticket der Studierenden ein wichtiges Vorbild. So umstritten es zu Beginn war, so akzeptiert ist es heute. Das Ziel ist ja vor allem, Menschen zum Umstieg zu bewegen und zugleich Mobilität für alle erschwinglich zu machen.
Vordringlich ist für uns aber, die Preisspirale zu stoppen. Wir sind mit dem jetzigen Preisniveau an der Grenze des sozial und ökologisch Vertretbaren angekommen. Das Sozialticket sollte von derzeit 36 auf die 25 Euro gesenkt werden, die für ALG II-Empfangende für Mobilität zur Verfügung stehen. Wenn die Stadt sozial so auseinanderdriftet, brauchen wir Teilhabe für alle.

UnAuf: Wieso sollte ich als Student oder Studentin Sie unterstützen und DIE LINKE wählen?

Lederer: Weil wir die einzige richtig linke Partei sind (lacht…) Im Ernst: in dieser Stadt geht es politisch um die Frage, ob auch Menschen mit wenig Geld in Zukunft hier leben können. Bisher war Berlin so spannend, weil sich nicht alles um Geld drehte, weil Freiräume da waren und jeder so leben konnte, wie er das wollte. Grundlage dieses Lebensgefühls waren preiswerte Wohnungen und eine libertäre Stadtpolitik. Doch seit zehn Jahren schlagen die Investoren zu, werden Mondpreise für Häuser und Grundstücke bezahlt. Da wird Kapital investiert, das in kurzer Zeit Geld abwerfen soll. Mieten werden aggressiv gesteigert, Clubs und Kneipen rausgeklagt, alternative Projekte geräumt. Es ist nicht einfach, gegen die Logik einer kapitalistischen Metropolenentwicklung anzukämpfen, aber wir versuchen es gemeinsam mit den Mieterinitiativen, mit den Willkommensinitiativen für Geflüchtete, mit der Zivilgesellschaft der Stadt. Wir wollen mit den Berlinern und Berlinerinnen die Stadt für die Menschen hier zurückholen. Vielleicht machen Sie ja mit?

Das Interview führte Sophia Sorge.

Haltet euch auf dem Laufenden und lest nächste Woche, was die Grünen Spitzenkandidatin Ramona Pop der FURIOS verrät. Immer auf:
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