Geschrieben von Susanna Ott

Berlin, 16. Februar 2013

Jon Martello ist ein Aufreißer. Wenn er in einen Club geht, begrüßen seine Freunde ihn mit „Don“, für Frauen hat er eine Bewertungsskala von eins bis zehn. Regelmäßig nimmt er eine Acht oder Neun mit nach Hause – nur eine Zehn ist ihm noch nicht begegnet.

Ansonsten vertreibt sich Jon, selbstironisch von Regisseur und Drehbuchautor Joseph Gordon-Levitt selbst gespielt, die Zeit im Fitnessstudio. Dort stemmt er Gewichte und betet seine zehn Ave Marias und Rosenkränze herunter, zu denen er bei seinen sonntäglichen Kirchgängen vom Pfarrer verdonnert wird.

In der Kirche beichtet Jon nicht nur seinen regelmäßigen außerehelichen Geschlechtsverkehr, sondern auch, wie oft er zu Pornofilmen masturbiert. Jon ist nämlich süchtig nach ihnen. Pornos und Selbstbefriedigung am Laptop findet er besser als Sex.

Doch dann begegnet er seiner Zehn: der lasziven Barbara Sugarman, verkörpert und herrlich arrogant gespielt von Scarlett Johansson, die ihn prompt abserviert. Ihrer Ansicht nach soll der Macho ihr erst beweisen, dass er seine Avancen ernst meint. Systematisch formt Barbara den schönen Jon auf diese Weise nach ihrem Geschmack, den sie aus ihrer Vorliebe für kitschige Hollywood-Romanzen heraus entwickelt hat. Als sie von seinen Porno-Orgien erfährt, verlässt sie ihn.

Im Streit entfährt Jon: „Every man watches porn”. Damit versucht er zwar, seine Sucht zu rechtfertigen, skizziert aber gleichzeitig das Bild einer Gesellschaft, die ihre Befriedigung zunehmend in medialen Produkten sucht. Denn nicht nur Jon hat mit einer Sucht zu kämpfen. Seine Schwester (Brie Larson) scheint mit ihrem Handy verwachsen zu sein, der Vater (Tony Danza) hat nur Augen für den Fernseher, und seine Klassenkameradin aus der Abendschule (Juliane Moore) kifft.

Die überspitzten Charaktere des Films – Überblondine, Muskelprotz mit Gelfrisur, lebenserfahrene Kifferin – erleichtern dem Zuschauer den Umgang mit einem an sich schwierigen Thema: der Objektivierung des Menschen, ob nun durch Hollywood-Romanzen oder durch von Gefühlen entleerte Pornos.

Gordon-Levitt, als Schauspieler aus Independentfilmen wie „500 Days of Summer“ und Blockbustern wie „The Dark Knight Rises“ bekannt, liefert mit seinem Regie- und Drehbuchdebüt eine bitterböse und hochkomische Satire. Freudig wird mit schnellen Schnitten, eingespielten Porno-Clips und Voice-Overs experimentiert.

„Don Jon’s Addiction“ ist ein gelungenes Debüt, das den Zuschauer auf komödiantische Weise dazu bringt, seine Konzepte von Sex und Liebe gründlich zu überdenken. Der Film fügt sich zudem scheinbar in einen Trend der diesjährigen Berlinale ein, denn auch Filme wie „Lovelace“ und das indonesische Drama „Something In The Way“ erzählen von Pornographie.

 

USA 2013, 90 Minuten
Sektion: Panorama
Sprache: Englisch
Regie: Joseph Gordon-Levitt
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Scarlett Johansson, Julianne Moore und andere
Kinostart: 10. Oktober 2013

 

Foto: Wikimedia Commons, Jessica Weiller; Lizenz: CC0, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bear_unsplash.jpg#/media/File:Bear_unsplash.jpg