Ich schreibe gerade meine Bachelorarbeit, hab eigentlich zu spät angefangen und keine Ahnung, wie genau das funktioniert. Damit es euch nicht irgendwann genauso geht, teile ich in dieser Kolumne meine Erfahrungen.

Spoiler: Ich bin viel zu verkopft an die Literaturrecherche herangegangen, was mich wertvolle Zeit gekostet und mir einiges an Frust beschert hat. Was genau mein Fehler war und wie ihr euch diesen Ärger ersparen könnt, erzähle ich euch in dieser Folge.

Nach weit über tausend gelesenen Seiten hatte ich eine genaue Idee im Kopf, welche Art Literatur ich für meine Bachelorarbeit suchen wollte. Voller Enthusiasmus warf ich meinen Computer an, rief Google Scholar auf – das Google für wissenschaftliche Quellen. Ich hackte mit meiner üblichen Zärtlichkeit die Begriffe “Fake News”, “Censoring” und “Philosophy” in die Tasten meines gebeutelten Laptops und begann damit, die Abstracts der jeweiligen Paper durchzusehen.

Fake News sind ein riesiges Thema in der Philosophie und von Zensur höre ich in meiner Bubble auch immer wieder. Wie schwer konnte es also sein, Paper zu finden, die sich mit dem Zusammenhang dieser beiden Themen beschäftigen? Vorsorglich hatte ich mir ein Word-Dokument geöffnet, um die Links der Paper raus zu kopieren, die mir für meine Arbeit relevant erschienen.

Als ich mich auf die zweite Seite klickte, war ich noch zuversichtlich, bald etwas brauchbares zu finden. Auf der vierten Seite angekommen war mein Word-Dokument immer noch leer und mich beschlichen die ersten Zweifel. Auf Seite zehn verließ mich so langsam der Mut…

Google Scholar hatte mich im Stich gelassen. Unter den Schlagwörtern “Fake News”, “Censoring” und “Philosophy” hatte ich praktisch nichts gefunden. Überall ging es um Fake News Detection oder Überlegungen, welche Tugenden einen vor Fake News schützen könnten. Ansonsten nahmen die Argumentierenden es durchweg als gegeben hin, dass Fake News nicht zensiert werden sollten, da das die Meinungs- und Pressefreiheit gefährden würde. Nirgendwo konnte ich eine handfeste Debatte zu dem Thema finden. Zwei, drei Texte wären tatsächlich interessant gewesen, aber zu denen hatte ich über die HU keinen Zugriff.

Draußen war bereits die Sonne untergegangen, als ich frustriert meinen Laptop zu klappte. Ich hatte den ganzen Tag damit verbracht, die Zusammenfassungen von über hundert Papern zu lesen und war keinen Schritt weiter gekommen. Ich beschloss, es erstmal gut sein zu lassen, und verdrängte meine Bachelorarbeit für die nächsten paar Tage. Mit der Zeit rückte allerdings der nächste Termin mit meiner Dozentin näher und bis dahin brauchte ich ein klar formuliertes Thema und zumindest einen Teil der entsprechenden Literatur.

Über den Tellerrand hinaus blicken

Da ich nach einem Tag voller Recherche noch mit komplett leeren Händen da stand, musste ein neuer Ansatz her. Ich begann damit, die Online-Funktion der Uni-Bibliothek in meine Recherche einzubinden und verschiedene Suchbegriffe auszuprobieren: “Fake News Regulation”, “Censorship”, “Free Speech”…

Relativ schnell merkte ich, dass mein neuer Ansatz funktionierte. Zwar beschäftigten sich die wenigsten Arbeiten, die ich fand, direkt mit der Zensur von Fake News, aber die meisten Paper über Zensur und Meinungsfreiheit beinhalteten Aspekte, die ich auf Fake News übertragen konnte. In weniger als vier Stunden hatte ich über fünfzig Paper beisammen.

An diesem Abend schaltete ich meinen Laptop zufrieden aus. Wenn ich an meinen ersten Recherche-Tag dachte, konnte ich nur über mich selbst lachen. Wieso hatte ich so verkrampft versucht, Paper zu finden, die sich direkt mit Fake News und Zensur befassen? Und wieso hatte ich stundenlang stur auf dieselbe Art weiter gesucht, obwohl meine Suche so fruchtlos verlaufen war?

In den nächsten Tagen sichtete ich das von mir zusammengetragene Material und kopierte die Teile heraus, die mir nützlich und interessant erschienen. Als ich damit fertig war, hatte ich genug Argumente und Zitate beisammen, um meine Arbeit schreiben zu können.

Heute werde ich meiner Dozentin meine konkrete Fragestellung und die entsprechende Literatur präsentieren. Wenn es gut läuft, unterschreibt sie meinen Antrag und ich kann meine Arbeit endlich anmelden. Drückt mir die Daumen.

Mein vierter Tipp: Wenn ihr feststellt, dass ihr nicht vorankommt, hinterfragt euren Ansatz.

PS: Als ich diese Kolumne geschrieben habe, hatte ich eine bestimmte Idee, wie ich die Ergebnisse der letzten Wochen erzählen wollte. Die gefiel mir so gut, dass ich gar nicht erkannt habe, dass Außenstehende die Geschichte so nur schwer nachvollziehen konnten. Ella aus der Chefredaktion wies mich dann darauf hin und ich durfte die Folge nochmal komplett auf links drehen, weil ich mich wieder in einer Idee verrannt hatte. Manch einer lernt wohl nie…

Bonustipp: Umgebt euch mit Menschen, die euch ehrlich kritisieren.


Illustration: Klara Heller