Geschrieben von Nina Breher
Berlin, 01. Februar 2013
Journalistische Medien müssen sich derzeit intensiv mit den Veränderungen auseinandersetzen, die das digitale Zeitalter mit sich bringt. Dabei muss Journalismus schneller denn je funktionieren, aber trotzdem ansprechend und sorgfältig sein. Unweigerlich verändert sich auch das Berufsbild des Journalisten. Deshalb lud die UnAufgefordert am 11. Januar 2013 zu einer Podiumsdiskussion zum Thema “Journalist 2020 – Ein digitaler Einzelkämpfer?”.
Etwa einhundert Studierende und Interessierte kamen mit Journalisten und Medienschaffenden zusammen, um zu diskutieren, welchen Herausforderungen sich Zeitungsverlage und angehende Journalisten heute stellen müssen. Durch den Abend führte Wolf-Christian Ulrich, Moderator der ZDFinfo-Show “log in”.
Die Veranstaltung begann mit einer Einführung von Wolfgang Mühl-Benninghaus, dem Direktor des Institutes für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, über die Auflagenentwicklung von Tages- und Wochenzeitungen in den letzten Jahren. Auflagen wie Einnahmen gingen Statistiken der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) zufolge zurück. Insbesondere Menschen zwischen 20 und 30 Jahren würden immer weniger Zeitung lesen. Von den etablierten Medien sei nur der Hörfunk von diesem Abwärtstrend nicht betroffen, so Mühl-Benninghaus. Der meistbenutzte Sektor seien mittlerweile die Onlineauftritte der Zeitungen.
Im Anschluss diskutierten Experten und Medienschaffende diese Entwicklungen. Bernd Ulrich, stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, merkte gleich zu Beginn an, er bedauere, dass der Onlineauftritt der Zeitung zwei bis drei Millionen Euro jährlich Verlust mache, obwohl die Online-Redaktion kontinuierlich wachse. Falk Steiner (geb. Lüke), freier Journalist für Print und Online sowie Mitgründer des Vereins Digitale Gesellschaft e.V., antwortete mit einer Spitze: „Ach nur noch? Das ist ja besser geworden.“ Steiner bewertete diese Verlustmarge als gering und somit als einen Erfolg. Bernd Ulrich betonte, auch Zeit Online müsse irgendwann ein Bezahlmodell einführen. Als Vorreiter kann hier der Online-Auftritt der Zeitung Die Welt betrachtet werden, die vor kurzem eine Bezahlwand für ihre Website eingeführt hat: Ab einer bestimmten Anzahl von gelesenen Beiträgen im Monat muss der Leser ein Abonnement abschließen, um auf weitere Artikel auf der Seite zugreifen zu können.
Romanus Otte, General Manager von Welt Online, stellte diesbezüglich klar: „Bei uns steht die Tageszeitung nicht mehr im Mittelpunkt unserer Strategie.“ Sie sei kein Alltagsprodukt mehr, sondern ein Luxusobjekt, so Otte. Derzeit wachse eine Generation auf, für die das Lesen der Zeitung im Printformat nicht mehr selbstverständlich sei. „Den großen Umbruch werden wir noch erleben“, prognostizierte er deshalb.
Ein Beispiel für diesen Wandel ist das Produktionsstudio 2470media, dessen Geschäftsführer Daniel Nauck an der Diskussion teilnahm. Das Unternehmen konzentriert sich ausschließlich auf Multimedia-Reportagen. Unter anderem produziert 2470media gemeinsam mit der tageszeitung (taz) die Audioslideshow-Serie “berlinfolgen”.
Markus Hesselmann, Leiter der Online-Redaktion des Tagesspiegels, sieht das Onlineformat als Bereicherung für die Tageszeitung. Die Internetpräsenz mache die Berliner Regionalzeitung über ihren Publikationsraum hinaus bekannt, denn die Nutzer des Onlineformats seien überwiegend überregionale Leser, erklärte Hesselmann.
Auch Sonja Schünemann, Redakteurin bei heute.de (ZDF), war der Ansicht, die Bedeutung von Onlinemedien wachse. Sie berichtete, es habe einige Zeit gedauert, bis die Fernsehredaktion des ZDF dies anerkannt habe, nun aber sei das Portal ein wichtiger Bestandteil des Angebots.
Auch über den Unterschied zwischen Online- und Printjournalisten wurde diskutiert. Bernd Ulrich war der Ansicht, dass dies zwei unterschiedliche Berufe seien: Als Printjournalist müsse man sich einen Filter antrainieren, nach dem man wichtige Details und Informationen in seiner Umgebung aufnimmt – als Onlinejournalist sei ein anderer Blick nötig. Steiner hingegen vertrat den Standpunkt, man könne mit verschiedenen Filtern an ein Thema herantreten, um aus verschiedenen Perspektiven und in verschiedenen Medien zunächst schnell und später tiefgründig zu berichten.
Am Ende der Podiumsdiskussion war der Tenor für angehende Journalisten ein positiver: Auch wenn einige Zeitungen wie zuletzt die Frankfurter Rundschau oder die Financial Times Deutschland Insolvenz anmelden mussten, bedeute dies nicht, dass das Berufsbild des Journalisten bedroht sei. „Wenn du es wirklich willst, mach’ es“, wandte sich Hesselmann an das junge Publikum.
Fotos: Jean-Paul Pastor Guzmán